Es ist eine traurige Bilanz, die in Rosenheim von November 2020 bis jetzt gezogen wird: Drei tote Fußgängerinnen, ein lebensgefährlich verletztes Mädchen – alle vier Unfälle durch abbiegende LKW verursacht. Im März wurde eine 77-Jährige auf der Kreuzung vor dem Bahnhof von einem nach rechts abbiegenden LKW überfahren, im August starb eine 78-jährige Frau in der Chiemseestraße bei einem ähnlichen Unfall, Anfang Oktober geriet eine 84-jährige Fußgängerin in der Kaiserstraße unter die Räder eines LKW, sie verstarb noch an der Unfallstelle. Und Anfang November wurde ein Mädchen, das mit dem Fahrrad die Innsbruckerstraße entlang fuhr, von einem LKW überrollt. Die 10-Jährige liegt mit schwersten Verletzungen im Krankenhaus.
Kontrollen der Schrittgeschwindigkeit beim Abbiegen
Diese furchtbare Serie hat viele Rosenheimer schwer erschüttert. Auch die Polizei ist tief getroffen von der Häufung schwerer Unfälle im Stadtgebiet. Hauptkommissar Robert Maurer von der Polizeiinspektion Rosenheim sagt, die Beamten wollten alles tun, was möglich ist, um solche Unfälle zu verhindern. Ab nächster Woche wird es an mehreren Kreuzungen im Stadtgebiet Kontrollen geben, ob sich die LKW-Fahrer an die neue Regel halten: beim Rechtsabbiegen nur Schrittgeschwindigkeit. Diese Novelle der Straßenverkehrsordnung gilt ab dieser Woche, sie schreibt 4 bis 7 Stundenkilometer vor für LKW, die nach rechts abbiegen. Bei Überschreitung kann ein Bußgeld von 70 Euro verhängt werden. Es gehe der Polizei bei den Kontrollen, so Hauptkommissar Maurer, aber nicht darum, Bußgelder einzukassieren, sondern die LKW-Fahrer für die besonderen Gefahren an den Kreuzungen zu sensibilisieren. Maurer ist überzeugt, dass die neue Regel helfen wird, Unfälle zu verhindern.
Problem: Gleichzeitig grün für Rechtsabbieger und Fußgänger
Der Rosenheimer Hermann Wiegmann ist da skeptischer. Er hält weitergehende Maßnahmen für notwendig. Vor Monaten schon hatte er sich an das Ordnungsamt der Stadt gewandt und auf die Gefahr an einer bestimmten Kreuzung aufmerksam gemacht. Auf dem Weg zur Arbeit überquert er täglich die Kaiserstraße und hat oft kritische Situationen durch nach rechts abbiegende LKW beobachtet. Und genau an dieser Stelle kam es Anfang Oktober zu einem der tödlichen Unfälle. An der Kreuzung Ellmaier-, Kaiserstraße haben die Rechtsabbieger eine eigene Spur, sie bekommen gleichzeitig mit den Fußgängern, die geradeaus gehen, Grün. Das müsse entkoppelt werden, so die Forderung von Wiegmann: "Wenn die einen grün haben, müssen die anderen eine rote Ampel sehen". Anders lasse sich das nicht entschärfen.
Online-Petition für Maßnahmen der Stadt
Robert Maurer von der PI Rosenheim steht solchen Vorschlägen durchaus aufgeschlossen gegenüber. Er meint, man müsse angesichts der vielen Unfälle für alles offen sein. Maurer plädiert dafür, eine solche neue Ampelschaltung zu testen. Das werde den Verkehrsfluss zwar spürbar bremsen, die Sicherheit der Menschen sei aber natürlich weit höher zu bewerten. Die Stadt Rosenheim will die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen abwarten, bevor sie reagiert. Nicht nur Hermann Wiegmann erwartet, dass die Stadt Maßnahmen ergreift, andere Bürger haben eine Online-Petition gestartet, in der die Entkoppelung von Ampelschaltungen gefordert wird. Sie trägt den Titel: „Leben retten, Abbiegeunfälle in Rosenheim verhindern“.
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