Symbolbild: Autos stauen sich in der Innenstadt.
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Deutsche Umwelthilfe zieht Klimaklage gegen Freistaat zurück

Ist das Klimaschutzprogramm der Staatsregierung wirksam? Die Umwelthilfe war anderer Auffassung und zog vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Doch in der Verhandlung hat der Verband seine Klage zurückgezogen: Die Erfolgsaussichten waren gering.

Die Deutsche Umwelthilfe hat ihre Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) gegen die Klimaschutzpolitik der Staatsregierung zurückgezogen. Das teilte der Rechtsanwalt der Umwelthilfe (DUH), Remo Klinger, zum Ende einer mehrstündigen mündlichen Verhandlung in München mit. Die Vorsitzende Richterin Gerda Zimmerer stellte das Verfahren daraufhin ein.

Gericht äußerte Zweifel an Zulässigkeit

Klinger und DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch begründeten ihren Rückzug der Klage mit dem Verhandlungsverlauf und der Rechtsauffassung des Gerichts. Der Verwaltungsgerichtshof hatte zuvor klare Zweifel daran geäußert, dass der Umweltverband überhaupt zu einer Klage berechtigt ist. Die Staatsregierung hatte das von Anfang an bestritten, auch weil das Klimaschutzgesetz eigens einen Artikel "Ausschluss der Klagbarkeit" enthält. Deshalb hatte sich die Umwelthilfe wiederum auf höherrangige Europarecht berufen, aber nach Ansicht des Gerichts verpflichtet EU-Recht in erster Linie den Bund und greife daher nicht für Programme auf Ländereben. Auch alle weiteren Versuchen der Umwelthilfe, juristisch indirekt eine Klageberechtigung gegen das bayerische Klimaprogramm abzuleiten, überzeugten die Richter nicht.

Umwelthilfe "geschockt" – Staatsregierung zufrieden

"Wir waren wirklich ein bisschen geschockt heute", sagte Resch nach der Verhandlung. Man sei mit großer Hoffnung in die Verhandlung gegangen, schließlich habe das Oberverwaltungsgericht in Baden-Württemberg eine vergleichbare Klage für zulässig erklärt. Resch beklagte die in seinen Augen restriktiven Verbandsklagerechte in Deutschland. Er finde es beschämend, dass praktisch in jedem Klimaschutzgesetz stünde, man könne es juristisch nicht überprüfen. Der DUH-Bundesgeschäftsführer fragte: "Was hat es dann für einen Wert, wenn niemand den Staat vor Gericht bringen darf, um zu sagen: Meint ihr es ernst oder nicht?"

Die Bayerische Staatsregierung freute sich über den Klagerückzug. Heute sei ein guter Tag für den Klimaschutz und für ganz Bayern, teilte der Leiter der Staatskanzlei, Florian Herrmann (CSU), gegenüber BR24 mit: "Der Lobby- und Abmahnverein Umwelthilfe musste schmerzhaft einsehen, dass Bayerns ambitioniertes Klimaschutzprogramm den Weg in die Klimaneutralität weist." Wer vorher nachdenke, statt "blindwütig" Klagen einzureichen, müsse sie später nicht kleinlaut zurücknehmen.

Verband vermisst "wirksames" Klimaschutzprogramm

Inhaltlich bleibt die Deutsche Umwelthilfe bei ihrer scharfen Kritik an der bayerischen Klimapolitik. Der Verband hält die Maßnahmen der Staatsregierung für unzureichend und wollte die Staatsregierung deshalb gerichtlich verpflichten, ein "wirksames" Klimaschutzprogramm vorzulegen. Dass Bayern derzeitige Maßnahmen nicht ausreichen, hatte auch eine Landtagsanhörung ergeben. Das Urteil der Mehrzahl der geladenen Sachverständigen lautete, ein klimaneutrales Bayern sei bis 2040 damit nicht zu erreichen.

Die DUH erklärte, Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Kabinett hätten statt eines "wirksamen" Klimaschutzprogramms lediglich "eine wahllose Aufzählung" vorgelegt. Der Freistaat sah das anders: Das bayerische Klimaschutzprogramm sei mit rund 150 Maßnahmen umfassend ausgestaltet und werde künftig regelmäßig aktualisiert. Das Programm enthält in der Tat eine Sammlung großer und kleiner Klimaschutz-Maßnahmen, von Projekten zum Urban Gardening über den Radwegebau bis zur Wiedervernässung von Mooren.

DUH-Anwalt nennt Programm "klimapolitischen Blindflug"

Die Staatsregierung habe jedoch niemals evaluiert, ob die Maßnahmen geeignet sind, um die Klimaschutzziele zu erreichen, sagte der Rechtsanwalt der Umwelthilfe, Remo Klinger, vor Gericht. Erst 2025 werde überprüft, ob man die Ziele erreichen könne. "Bis dahin stellt das Programm einen klimapolitische Blindflug dar", so Klinger. Tatsächlich ist die Wirksamkeit der Maßnahmen nicht durchgerechnet, es gibt auch keine konkreten Sektorziele wie im Klimaschutzprogramm auf Bundesebene.

Die Vertreter des Freistaats argumentierten vor dem Oberverwaltungsgericht, dass es sich bei dem Maßnahmenpaket um ein "dynamisches" Programm handle, das fortlaufend evaluiert und gegebenenfalls verschärft werde – eben jener Prozess werde zeigen, ob mit diesen Maßnahmen die Klimaziele zu erreichen sind. Außerdem verwiesen die Anwälte darauf, dass vor allem der Bund beim Klimaschutz in der Pflicht sei, und auch Privatpersonen zu klimafreundlichem Lebenswandel aufgerufen seien. Der Beitrag des Freistaats Bayern in einem eigenen Klimaschutzprogramm indes sei rein freiwillig.

Umwelthilfe droht mit erneuter Klage in zwei Jahren

Im Juni 2022 hatte die Staatsregierung das Klimaschutzprogramm beschlossen. Ohne die Wirkung der Maßnahmen zu kennen, hätte sich das Gericht schwergetan, das Programm nach einem so kurzen Zeitraum als unzureichend zu bewerten, sagte Richterin Zimmerer - selbst wenn die Klage zugelassen worden wäre. Umwelthilfe-Vertreter Klinger prophezeite, dass Bayern seine Ziele verfehlen werde, "viel zu unkonkret" seien die Maßnahmen. "Wir werden uns 2025 wiedersehen" sagte Klinger zu den Richtern. Zum einen weil das Vorgehen der Staatsregierung bis dahin besser evaluiert sei, zum anderen hofft der Verband, dass die Bundesregierung bis dahin das Verbandsklagerecht gestärkt haben wird – einen entsprechenden Gesetzesentwurf gibt es bereits.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wollte prüfen, ob eine Klage gegen die Klimapolitik der bayerischen Staatsregierung zulässig ist.
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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wollte prüfen, ob eine Klage gegen die Klimapolitik der bayerischen Staatsregierung zulässig ist.

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