Geldscheine und Münzen.
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Geldscheine und Münzen: In München ist die Überschuldung gesunken.

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Überschuldung der Privathaushalte in München weiter gesunken

Im vergangenen Jahr waren in München weniger Verbraucher überschuldet als 2021. Das zeigt der aktuelle Schuldneratlas der Wirtschaftsauskunftei Creditreform, der heute vorgestellt wurde. Warum das trotzdem kein Grund zur Entwarnung ist.

Im vergangenen Jahr waren in München mehr als 92.000 Einwohner überschuldet (92.058). Als überschuldet gelten Verbraucher, wenn sie mit ihren laufenden Einnahmen ihre Ausgaben über einen längeren Zeitraum nicht mehr decken können. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein weiterer starker Rückgang von 6,5 Prozent.

Langjähriger Trend setzt sich fort

Mittlerweile ist die Schuldnerquote in München mit knapp 7,4 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit mehr als 15 Jahren. Bereits 2021 gab es gegenüber dem Vorjahr eine deutliche Abnahme der überschuldeten Haushalte (Minus 9,1 Prozent). Ähnlich sieht die Entwicklung in ganz Bayern aus. Im Freistaat waren 2022 mit 663.519 erwachsenen Verbrauchern weniger überschuldet als im Vorjahr. Damit verringerte sich die Zahl der Überschuldungsfälle abermals deutlich, um knapp sechs Prozent. Schon im Jahresvergleich 2020/2021 war es zu einem spürbaren Rückgang der Überschuldung gekommen - nämlich von fast zehn Prozent. Die Überschuldungsquote im Freistaat liegt damit mit 6,05 Prozent weiter unter dem Bundesdurchschnitt (8,5 Prozent).

Unterschiedliche Verteilung in Bayern

Die niedrigste Schuldnerquote aller Land- und Stadtkreise in Bayern verzeichnete erneut der Landkreis Eichstädt mit rund 3,6 Prozent. Ebenfalls niedrig ist die Überschuldungsquote der privaten Verbraucher im Landkreis Erlangen-Höchstadt mit etwas über vier Prozent. Als Gründe nennt Creditreform die beiden Konzerne Audi und Siemens, die dort große Standorte haben.

Die zehn Regionen mit den höchsten Schuldnerquoten im Freistaat sind kreisfreie Städte. Negativspitzenreiter bleibt die Stadt Hof mit rund 13,4 Prozent der erwachsenen Einwohner. Ebenfalls deutlich über dem bayerischen Durchschnitt liegt die Schuldnerquote in Nürnberg mit knapp zehn Prozent, Fürth folgt mit 9,8 Prozent und Straubing mit 9,6 Prozent. Dabei sind die Schuldnerquoten in diesen Regionen aber immerhin erstmalig unter die Marke von zehn Prozent gefallen.

Corona hinterlässt Spuren

Während der Pandemie hätten die Verbraucher weniger konsumiert und so Überschuldungsprozesse vermieden - und das halte bis heute, so der Geschäftsführer von Creditreform München, Philipp Ganzmüller. Die Leute konnten, wollten aber auch nicht konsumieren, wie er erklärt. Die Betroffenen hätten sich sehr vernünftig verhalten. Doch das könnte sich demnächst wieder ändern.

"Nachzahlungsschock" für private Haushalte im Frühjahr erwartet

Im Jahresverlauf 2022 begann sich der private Konsum wieder zu normalisieren. Es sei zu befürchten, dass damit auch die Konsumüberschuldung wieder ansteige, so Ganzmüller. Zumal sich die hohe Inflation und vor allem die deutlich gestiegenen Energiepreise wohl in den kommenden Monaten auf die Ausgaben der privaten Haushalte auswirken werden.

Deshalb rechnet man bei der Creditreform mit einem „Nachzahlungsschock“ bei privaten Haushalten im Frühjahr. Bereits in diesem Jahr muss deshalb wohl wieder mit einer Steigerung der überschuldeten Haushalte gerechnet werden. Ganzmüller geht davon aus, dass mittelfristig in München dann wieder der Zustand von 2015/2016 erreicht wird, als deutlich mehr als 100.000 erwachsene Einwohner überschuldet waren.

Neue Bevölkerungsgruppen betroffen

Als Gründe für Überschuldung galten früher häufig Schicksalsschläge, wie Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Trennung. Doch nun könnten Verbraucher quasi aus "heiterem Himmel" von einer Überschuldung betroffen sein, aufgrund der Energiepreis-Explosionen, wie Ganzmüller ausführt. Der Leiter der Schuldner- und Insolvenzberatung im Amt für Soziale Sicherung in München, Marc Wichlajew, spricht bereits von einer Zunahme der Beratungsgespräche in seiner Behörde. Die Menschen seien verunsichert. Wichlajew verweist dabei auch auf den angespannten Wohnungsmarkt in München. Die Lage dürfte sich hier noch weiter verschärfen, da mit einem weiteren Zuzug gerechnet wird. Wer ein Problem habe, sollte sich auf jeden Fall möglichst früh Beratung suchen, um nicht in eine Schuldenfalle zu geraten, so der Rat der Experten.

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