Weit und breit kein Auto - so sieht das neue Oberau aus.
Bildrechte: Martin Breitkopf

Weit und breit kein Auto - so sieht das neue Oberau aus.

  • Artikel mit Audio-Inhalten

Tunnel- oder Lichtblick: Loisachtal wird zum Tal der Tunnel

Die Bürger im Loisachtal im bayerischen Oberland sind vom Verkehr gequält. Doch 2022 gab es Grund zur Freude: Am 26. Mai wurde nach jahrelanger Bauzeit der Tunnel Oberau eröffnet. Doch das Verkehrsproblem ist damit nicht gelöst.

Fast schon gespenstisch ruhig ist es unter der Woche in Oberau – weit und breit kein Auto. Die Fußgängerampel - kaum benutzt. Noch im Frühjahr war sie die einzige Chance, sicher über die Straße zu kommen. Tag für Tag ergoss sich eine Blechlawine durch den Ort – bis zur Zeitenwende. Der 26. Mai 2022 ist was für Geschichtsbücher – ab da rollte der Verkehr durch den neuen Umfahrungstunnel.

Zeitenwende mit dem längsten Straßentunnel Bayerns

Christian Allinger und Josef Bobinger von der Bürgerinitiative zur Verkehrsentlastung Oberau ( VEO) haben Jahrzehnte dafür gekämpft. Sie erinnern sich im Gespräch mit BR24 an die ersten Flugblätter, eine Demo-Fahrt nach Berlin und den Protestzug durch den Ort. Dass der Ort jetzt vom Durchgangsverkehr befreit ist und die Bürger wieder frei atmen können, sei wie ein Traum, sagt Allinger. Unmittelbar nach der Verkehrsfreigabe sei der Ort zu neuem Leben erwacht, ergänzt Bobinger. Mit knapp drei Kilometern Länge ist der Tunnel Oberau derzeit der längste Straßentunnel in Bayern. Das gesamte Bauprojekt hat rund 250 Millionen Euro gekostet. Er hat dem Ort die ersehnte Entlastung gebracht. Auf jeden Fall unter der Woche - doch am Wochenende war in diesem Herbst der Stau auf einmal zurück.

Bildrechte: Martin Breitkopf

Verkehrschaos trotz neuem Tunnel

Auf einmal war der Stau wieder da

So wie eh und je staute sich die Blechlawine durch Oberau. Der Grund: Blockabfertigung im Tunnel, und so mancher versuchte dann sein Glück durch den Ort – doch da wird an einer Brücke gebaut – das Verkehrschaos war perfekt. Verzweifelte Bürger kamen ins Rathaus. Doch Bürgermeister Peter Imminger (CSU) konnte nichts anders tun, als wieder mal vertrösten. Solange nicht alle fünf Tunnel im Loisachtal in Betrieb sind, werde es immer wieder zu solchen Stauereignissen kommen. Auch Nadine Heiß vom Staatlichen Bauamt in Weilheim spricht von einer Teillösung mit dem Tunnel Oberau. Für eine Komplettlösung brauche es alle Tunnel im Loisachtal, und das werde dauern.

Wie das Loisachtal zum Tal der Tunnel wird

Nur die Ortsumfahrungstunnel von Farchant und Oberau sind bisher unter Verkehr. Doch für einen optimierten Verkehrsfluss brauche es weitere Tunnel, so Nadine Heiß vom Bauamt. Zum einen den Kramertunnel. Der befindet sich im Bau und sollte eigentlich 2024 fertig sein, realistischer ist aber 2025. In der Röhre mit Gegenverkehr sind Zweidrittel des Innenausbaus geschafft, jedoch würde der Technikeinbau noch viel Zeit in Anspruch nehmen. Der Kramertunnel soll den Ortsteil Garmisch vom Verkehr entlasten. Um auch den Ortsteil Partenkirchen vom Verkehr zu befreien, brauche es den Wanktunnel, so die Bauexpertin. Das ganze Jahr über haben Erkundungsbohrungen stattgefunden und die Planung laufe auf Hochtouren. Doch mit einer Fertigstellung ist frühestens im Jahr 2030 zu rechnen. Etwas früher soll der Verkehr durch den Auerbergtunnel fließen. Hier finden derzeit die Vorarbeiten statt. 2028 soll der Tunnel, der das Autobahnende der A95 mit dem Tunnel Oberau verbindet, fertig sein.

Bildrechte: BR

So sieht es bald im Tal der Tunnel aus.

Naturschützer spricht von Politikversagen im Loisachtal

Rund eine Milliarde Euro werden und wurden für die fünf Tunnel im Loisachtal investiert. Zu viel, sagen Kritiker und sprechen vom Tal der Tunnel. Die Chance, die Attraktivität der Bahn zu steigern, um mehr Menschen dazu zu bewegen, das Auto stehen zu lassen, sei mit der Milliardeninvestition in den Straßen- und Tunnelbau verspielt worden, so die Meinung von Axel Doering vom Bund Naturschutz. Für ihn sei das Loisachtal ein Beispiel von Politikversagen.

Kritiker befürchten noch mehr Verkehr durch die Tunnel

Die Sorge des Umweltschützers ist es, dass durch den Ausbau der Straßeninfrastruktur noch mehr Verkehr ins Tal kommt. Die Strecke könnte eine Umfahrungsroute werden, wenn sich der Verkehr auf der A8 Richtung Salzburg staut, so seine Befürchtung. Auch könnte es noch mehr Tagesausflügler anziehen, da die Fahrzeit von München bis in die Berge durch die bessere Straßeninfrastruktur verkürzt würde. So könnten die Tunnel, die eigentlich für eine Verkehrsentlastung der Anwohner sorgen sollen, noch mehr Lärm, Gestank und Staus mit sich bringen, so seine Befürchtung. Das Verkehrsproblem im Tal werde nicht gelöst, sondern nur aufgeschoben.

Bildrechte: Martin Breitkopf

Oberau hofft auf eine weitere Verkehrsentlastung.

Tunnelbau sei alternativlos im engen Loisachtal

Die beiden Vertreter der Bürgerinitiative für die Verkehrsentlastung Oberau (VEO) kontern, der Verkehr sei da und werde nicht weniger, so Christian Allinger. Alles andere sei illusorisch. Letztlich seien Tunnel die einzige Lösung in einem Tal, das gerade mal eineinhalb Kilometer breit ist, und in dem auch noch eine Bahnlinie und ein Fluss liegen. Bobinger und Allinger hoffen auf eine weitere Entlastung.

Nächste Umfahrung ist bereits geplant

Als Nächstes wollen sie eine Umfahrung der Bundesstraße B23 aus Ettal erreichen. Nach wie vor wird ein Ortsteil in Oberau dadurch belastet. Die VEO fordert einen Anschluss an den Umfahrungstunnel. Und der Erfolg von Tunnelbau beflügelt sie. Wenn nicht jetzt, dann sei es vielleicht zu spät, so die beiden Vertreter der Bürgerinitiative. Sie wollen weiterkämpfen, für ihren Ort, für das Loisachtal – damit es hier lebenswert bleibt.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!