Ein Schild mit der Aufschrift "Baugrundstücke" steht am Rande eines Neubaugebiets
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Ein Schild mit der Aufschrift "Baugrundstücke" steht am Rande eines Neubaugebiets (Symbolbild)

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Trendwende beim Bauboom? Sinkende Nachfrage für Baugrundstücke

Jahrelang waren Baugrundstücke absolute Mangelware – auch im Bayerischen Wald. Jetzt wurden erstmals reservierte Baugrundstücke wieder zurückgegeben. Der Grund: Die steigenden Bankzinsen und explodierenden Baupreise verunsichern.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

In den vergangenen Jahren waren Baugrundstücke absolute Mangelware. Wenn Gemeinden überhaupt neue Baugebiete ausweisen konnten, drängten sich die Bewerber. Im Bayerischen Wald werden derzeit – auch wegen explodierender Preise – reservierte Baugrundstücke jedoch wieder zurückgegeben. Gibt es eine Trendwende beim Bauboom?

Der Abschied vom Eigenheimtraum

Sandra Vogel und ihr Mann hatten ihr Traumgrundstück im neuen Baugebiet "Ahornweg" in Bodenmais im Landkreis Regen gefunden: Südhanglage, mitten im Ort und die Aussicht, bald mit anderen jungen Familien hier ein Häuschen mit Garten errichten zu dürfen. Einen neuen Kinderspielplatz hat die Gemeinde schon gebaut. Der Andrang auf die insgesamt 16 Bauplätze war groß.

Die Gemeinde vergab die Grundstücke nach einem Punktesystem, bevorzugte dabei Familien mit Kindern. Aber jetzt haben acht Familien, also die Hälfte, ihre Grundstücksreservierung überraschend zurückgegeben und die Anzahlung rückabgewickelt – auch Familie Vogel. Sie hatte zwar mit der Baufirma einen Festpreis für den Hausbau vereinbart. Aber inzwischen sind die Zinsen für das Bankdarlehen gestiegen.

"Wir hatten immer mit 1.100 bis 1.200 Euro monatlicher Belastung für die Rückzahlung des Darlehens gerechnet, für mindestens 25 Jahre Laufzeit. Das hätten wir geschafft. Aber das letzte Angebot lag jetzt bei 1.560 Euro im Monat. Das wird uns einfach zu viel. Da hätten wir nur noch fürs Haus arbeiten müssen", erzählt die 32 Jahre alte Sandra Vogel.

Steigende Preise und Lieferprobleme

Dazu kamen die Unsicherheit beim Gas durch den Ukrainekrieg, die Lieferprobleme beim Baumaterial, die den Bau verlängert hätten, und die allgemein steigenden Preise. Nach mehreren schlaflosen Nächten verabschiedete sich Familie Vogel vom Eigenheimtraum. Sie will lieber abwarten, "bis die Zeiten wieder besser werden".

Ihr Glück: Das Ehepaar fand jetzt mit der kleinen Tochter und dem Familienhund eine bezahlbare Mietwohnung in Bodenmais, sogar frisch renoviert und über 100 Quadratmeter groß mit Garten – für nur 550 Euro Kaltmiete. Gerade läuft der Umzug.

Baugrundstücke auch in Frauenau wieder frei

Auch in der Gemeinde Frauenau sind für das neue Baugebiet "Hirschgarten" zuletzt überraschend sechs Bauplätze wieder an die Gemeinde zurückgegeben worden. Dabei war auch hier der Andrang riesig: Rund 50 Bewerber gab es 2021 für die 37 Bauplätze in idyllischer Ortsrandlage. Auch der Preis war fair: Rund 85 Euro kostet im "Hirschgarten" der Quadratmeter, voll erschlossen.

Fritz Schreder, der Bürgermeister von Frauenau, sagt: "Ein paar haben uns gesagt, dass die wirtschaftliche Situation unklar ist, dass die Baupreissteigerungen ein Grund sind und auch der dreijährige Bauzwang, der auf den Grundstücken liegt. Denn es reicht ja nicht, einen Bauplatz zu haben, sondern man muss innerhalb von drei Jahren ein bewohnbares Haus drauf bauen."

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Der Frauenauer Bürgermeister Fritz Schreder im neuen Baugebiet Hirschgartenstraße in Frauenau

Bürgermeister hofft auf "neue" bauwillige Familien

Doch ohne Bauzwang geht es nicht, so der Bürgermeister, sonst mache man die Grundstücke zu Objekten für Geldanlage und Spekulation. Er ist zuversichtlich, die Grundstücke trotzdem bald verkaufen zu können: Es gibt schon wieder neue Bewerber. Schreder hofft auf junge einheimische Familien, denn ihnen möchte er die Möglichkeit geben, im eigenen Ort zu bauen. Das sei auch wichtig, um Schule und Kindergarten in Frauenau zu erhalten.

In Bodenmais läuft für die zurückgegebenen Grundstücke gerade eine ganz neue Ausschreibung. Auch hier hofft man, bis 30. Juni doch wieder einheimische Familien zu finden, die nachrücken.

Chance für Altbauten und Leerstände?

Für die Gemeinden könnte sich die Lage bei den Baugrundstücken jetzt entspannen. Vielleicht besinnen sich manche Leute auch wieder stärker auf Altbauten und Leerstände. "Man wird vielleicht wieder über das froh sein, was man hat", meint Tobias Krenn, der dritte Bürgermeister von Bodenmais - zum Beispiel bei manchen das Elternhaus oder das alte Haus der Großeltern. Einige würden jetzt dafür Geld in die Hand nehmen, um zu sanieren und um- statt neu zu bauen.

Andere Gemeinden haben das Problem mit der Rückgabe von Baugrundstücken gar nicht, weil sie aktuell gar keine Bauplätze anbieten können. So zum Beispiel die Stadt Regen. Bürgermeister Andreas Kroner hofft, dass sich jetzt mehr tut mit brachliegenden Grundstücken und Leerständen: "Ich bin ein Verfechter davon, die Innenstadt nachzuverdichten. Es gibt in der Stadt Regen ungefähr 330 unbebaute Bauparzellen aus den Baugebietsausweisungen der vergangenen 40 Jahre. Damals hatten wir keinen Bauzwang. Die sind für Kinder oder Enkelkinder gekauft worden oder einfach, damit keiner hinbaut."

Renovierungsbedürftig und trotzdem teuer

Er hofft, dass sich hier nun doch etwas bewegt. Allerdings würden viele Grundstücke und renovierungsbedürftige Immobilien momentan total überteuert angeboten, wenn sie überhaupt auf den Markt kämen.

Für Hausbesitzer, die Altbauten herrichten möchten, will die Stadt künftig zumindest "einen kleinen Sanierungszuschuss" anbieten. "Ich hoffe, dass man sich wieder mehr mit dem Altbestand im Stadtinneren beschäftigt und nicht nur jeder raus will auf die grüne Wiese wie in den letzten Jahren", so Kroner.

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