Überall schepperts und dröhnts. Die Kardiermaschine läuft auf Hochtouren. Die gewaschene Schafwolle wird darin gekämmt und zu einem Wollvlies zusammengedrückt oder auch "zusammengedatscht", wie es hier heißt.
Juniorchef Matthias Höfer ist voll konzentriert, mit Aug und Ohr ist er bei der Arbeit. Schon Augenblicke reichen und die Wolle verstopft ein Zahnrad oder blockiert die Riemen, schnell könne so ein großer Schaden entstehen, erklärt Höfer Junior. Die Maschine ist Baujahr 1950. Ein baugleiches Exemplar steht im Deutschen Textilmuseum in Krefeld. Doch im Gegensatz zum Museumsstück läuft das der Höfers wie geschmiert.
Keine Computer, kein Technik-Schnickschnack
Die Kardiermaschine funktioniert ganz ohne Technik. Computer gibt es in der Produktion auch keine. "Zum Glück", sagt Matthias Höfer. So sei er unabhängig und brauche weder störanfällige Software noch Fremdpersonal. Ein großer Vorteil in Zeiten von Lieferkettenproblemen und Facharbeitermangel.
Falls wirklich ein Problem besteht, könne das meist mit Schraubenzieher, Hammer und Zange behoben werden. Dafür braucht die über 70 Jahre alte Maschine aber viel Pflege: hier mal ölen, da mal schmieren und natürlich nach jedem Produktionsgang aufwendig reinigen. Dem Erfindergeist von seinem Urgroßvater ist der Betrieb zu verdanken.
Seniorchef konstruierte seine Maschinen selbst
1947 baute Mathias Höfer Senior eine Wolldatsch, das Konstruktionsprinzip dafür hat er selbst erfunden. Fahrradketten für den Antrieb, kombiniert mit Flach- und Rundriemen, eine Holzlattenkonstruktion als Abdeckung und ein Stahlträgergestell als Basis – so präsentiert sich die Wolldatsch, respektive Kardiermaschine, die Höfer in zweijähriger Tüftlerarbeit ersann.
Heute steht sie als Ausstellungsobjekt in der neuen Lagerhalle und ist das Highlight bei Produktionsführungen. Doch der Enkel hat die Begeisterung für die Maschinen mitbekommen, von klein auf ist er mit ihnen aufgewachsen und kennt jede Schraube und jedes Problem. Das macht unabhängig, gerade in einer Zeit, in der vieles ungewiss ist.
Hand und Fußarbeit - aus Bergschafwolle entstehen Teppiche
Regional, nachhaltig und fair
Und noch eins hat der Junior von damals übernommen. Die Werte des Gründers gelten bei der Schafwollspinnerei Höfer noch immer: regional, beste Qualität bei der Wolle und beim Handwerk, dazu ein faires Miteinander. Für den guten Umgang mit den Schäfern sind die Höfers bekannt. 130 von ihnen beliefern die Spinnerei. Ihre Herdengrößen umfassen fünf bis 1.200 Tiere. Fast alle Schäfer stammen aus Bayern, zehn Prozent aus anderen Teilen Deutschlands. "Wir haben keine Wolle aus dem Ausland", betont Höfer.
Nachfrage aus China eingebrochen
Jetzt im Herbst gibt es verschiedene Wollsammelstellen, dorthin bringen die Schäfer ihre Wolle und bekommen dafür einen Lohn. Gute Wollqualität und saubere Ware honorieren die Höfers mit einem Preisaufschlag. Bis vor ein paar Jahren ist die meiste deutsche Wolle nach Asien, vor allem nach China, verkauft worden. Doch schon vor der Corona-Pandemie war die Nachfrage aus Asien eingebrochen.
Deswegen werden neue Verwertungswege dringend gesucht und das Geschäft mit der Schafwollspinnerei in Litzldorf ist eine gute Möglichkeit, wenigstens die Schurkosten und einen kleinen Gewinn zu refinanzieren. Genau das motiviert sie weiterzumachen und es ist wiederum auch gut für die Natur. Schafe leisten eine wichtige Arbeit im Naturschutz und betreiben eine natürliche Landschaftspflege.
Home-Office schon lange vor Corona
Gut 100 Tonnen Schafwolle werden in der Schafwollspinnerei pro Jahr verarbeitet. Dabei entstehen hochwertige heimische Produkte von Strickwolle bis Bettwaren und Teppiche. 40 Mitarbeiter beschäftigen die Höfers in ihrem Betrieb. Einige an den Webstühlen für Teppiche über der Produktion oder im eigenen Laden: Die meisten Mitarbeiter aber machen Heimarbeit - schon lange bevor Homeoffice ein Thema war, wurde daheim gestrickt und gefilzt.
Zudem ist die ganze Familie mit eingespannt, jetzt schon in der dritten Generation. Das sorgt für Planungssicherheit und gibt Sicherheit in Zeiten von Fachkräftemangel, sagt Seniorchef Hans Höfer. Er ist stolz, dass seine Kinder sich für die Schafwollspinnerei entschieden haben und das Geschäft vorantreiben. Und Regionalität ist gefragter denn je, die Auftragsbücher sind voll.
Schafwolle ist gefragter denn je
Schafwolldecken der Renner in der Energiekrise
Anscheinend hätten viele Angst, dass der Ofen in diesem Winter kalt bleibt, meint Hans Höfer. Nur so kann er sich den reißenden Absatz von Schafwolldecken erklären. So viele Decken wie zurzeit wurden noch nie bestellt. Aber das sei auch sinnvoll, meint Höfer. Letztlich könnten damit wirklich Heizkosten gespart werden. Wolle wirke isolierend und wer sich auf der Couch zudeckt, brauche es in der Wohnung nicht so warm. Zudem sei es einfach kuschlig, so Höfer.
Klar würden dem Betrieb auch die steigenden Energiekosten Sorgen machen, doch die aktuell große Nachfrage nach seinen Produkten beruhigt ihn dann wieder etwas. Zudem hat der Junior schon vor eineinhalb Jahren ein Aggregat organisiert, damit können jetzt Stromverbrauch und Kosten gedrosselt werden. Die Schafwollspinnerei in Litzldorf - ein gutes Beispiel dafür, dass Totgesagte einfach länger leben.
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