Albert Kohl ist ein selbstkritischer Handwerker. "Wir haben das auch nicht besser gemacht", sagt der Heizungsbauer aus dem schwäbischen Bobingen. Was er meint, ist eine Art vorauseilender Gehorsam gegenüber seinen Kunden: "Es gibt halt nichts Blöderes, als eine neue Heizung einzubauen, und am nächsten Tag ruft der Kunde an, dass es ihm zu kalt ist."
"Einen Kunden von 100 hat der Verbrauch wirklich interessiert"
Also hat Kohl wie viele seiner Kollegen die Gasheizung in einer Art "Komfort-Modus" eingestellt. Schön für den Kunden, weil es in den vier Wänden stets sommerlich warm ist. Doch hochproblematisch, wenn es darum geht, so wenig Gas wie möglich zu verbrauchen.
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Kohl und andere Heizungsbauer glauben, dass sehr viele Gasheizungen in Deutschland in diesem Komfort-Modus laufen: "Von 100 Kunden gab es früher vielleicht einen, den der Verbrauch wirklich im Detail interessiert hat. Die meisten haben gesagt: 'Hauptsache, es ist schön warm'." Dabei gehe es nicht ums Frieren. Sondern um die Effizienz.
Was Besitzer einer Gasheizung tun können
Effizienz, die für jeden schnell zu erreichen sei. Dazu muss sich der Besitzer nur ein wenig mit den Einstellungen seiner Gasheizung beschäftigen.
Es geht los mit der Heizkurve. Diese stellt sicher, dass abhängig von der Außentemperatur immer ausreichend Wärme bereit steht. Ist diese Kurve zu hoch eingestellt, wird unnötig geheizt und damit Gas verbraucht.
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Bei jeder Gasheizung lässt sich die Heizkurve über das Display-Menü ansteuern. Viele schrecken dann jedoch zurück: Kryptische Zahlen, unbekannte Parameter. Heizungsbauer Kohl beruhigt: "Man kann da im Prinzip nichts kaputt machen. Auch wenn man die Parameter nicht versteht: Man kann sie einfach mal absenken. Schritt für Schritt. Und dann schauen, ob einem die Temperatur ausreicht."
Ein zweiter Tipp: Die Abschaltung der Anlage. In jedem Menü gebe es einen Punkt, der regelt, ab welchem Temperaturmittel die Heizung abschaltet, erklärt Kohl: "Nehmen wir einen Mittelwert von 20 Grad. Wenn sie einen solchen Mittelwert haben, bedeutet das, dass ihre Heizung auch bei 25 Grad Außentemperatur läuft."
Der Grund: Der Mittelwert ergibt sich in der Regel aus Tag- und Nachttemperatur. Das bedeutet, dass niedrige Nacht-Temperaturen hohe Temperaturen am Tag im Schnitt ausgleichen. Der Gaskessel heizt dann auch am Tag, wenn es draußen sommerlich warm ist: "Während oben im Haus die Heizventile zu sind, wird unten im Kessel das Heizwasser immer wieder erhitzt. Dann kühlt der Kessel ab, Wärme und Energie gehen verloren. Und dann springt der Gas-Brenner wieder aufs Neue an", erklärt Kohl.
"Brutal, was da an Energie verblasen wird"
"Das ist, wie wenn sie am Abend Nudeln kochen wollen, aber schon mal den ganzen Tag über das Wasser am köcheln halten. Es ist brutal, was da an Energie verblasen wird!" Bei sich zu Hause habe Kohl die Abschalt-Temperatur deshalb auf acht Grad gestellt. "Uns reicht das immer noch."
Gerade bei gut gedämmten Neubauten mit großen Fensterfronten könne man oft die Einstellungen der Heizung deutlich absenken, da sich die Räume durch die Sonnenstrahlung sowieso erwärmen und gleichzeitig wenig Wärme verloren geht.
Warmwasser, auf das man warten muss
Dann kommt Kohl zum dritten Punkt: "In vielen Einfamilienhäusern zirkuliert das Warmwasser ständig, damit es sofort bereit steht, wenn man den Wasserhahn aufdreht. Aber weil ich ja nicht die ganze Zeit Warmwasser brauche, geht auch dabei ständig Energie verloren, da das Wasser ja beständig warm gehalten wird." Kohl empfiehlt, diese Zirkulation abzuschalten. "Dann muss ich halt mal fünf Sekunden warten, bis Warmwasser fließt." Das sei auch deutlich umweltfreundlicher.
Auch die Wassertemperatur sei ein Parameter, wo man Gas sparen können. Hier will Kohl jedoch keine Empfehlung geben: "Vorgeschrieben sind 60 Grad, wegen möglicher Legionellen. Ich habe es privat auf 50 Grad abgesenkt, da ein regelmäßiger Durchfluss herrscht und das Wasser nicht ewig in den Leitungen steht. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden." Im Zweifel gehe hier die Sicherheit vor.
Das Problem mit den Wohnanlagen
Doch auch ohne niedrigere Warmwassertemperatur sei das Einsparpotential enorm, sagt Kohl. In einem Haushalt habe er 50 Prozent weniger Gasverbrauch geschafft. "Realistisch würde ich sagen: 20 bis 25 Prozent sind möglich" - und damit noch mehr, als Robert Habeck annimmt. Der Bundeswirtschaftsminister sprach jüngst von einem Einsparpotential von rund 15 Prozent.
Am meisten sei bei großen Wohnanlagen mit Mietwohnungen rauszuholen, glaubt Kohl. "Manchen Eigentümern ist der Verbrauch schlicht egal, da die Kosten sowieso die Mieter tragen", berichtet Kohl. Andererseits gebe es aber auch Mieter, die auf einer Heizung bestehen, die das ganze Jahr durchlaufe: "Da sagt dir dann der Verwalter oder der Eigentümer: 'Ich habe keine Lust auf den Ärger, lass' das Ding einfach laufen.'"
Heizungsbauer sieht enormes Einsparpotenzial
Kohl teilt die Einschätzung des Bundeswirtschaftsministers, dass in der Vergangenheit viel verschlafen worden sei. "Besitzer alter Heizungen sagen immer: Die läuft ja noch super. Und dann bestätigt das auch noch der Kaminkehrer. Aber ich sage es mal so: Auch ein Auto mit einem Verbrauch von 25 Litern auf 100 Kilometer kann noch super laufen, ist aber trotzdem völlig ineffizient."
In vergangenen Tagen, als Energie noch billig war, habe sich niemand wirklich um den Verbrauch gekümmert, sagt Kohl: "Die Ausweise über die Energieeffizienz, die wir bei den Kühlschränken schon lange haben, die sind bei den Heizungen erst in den letzten vier, fünf Jahren relevant geworden", kritisiert Kohl. "Und das rächt sich jetzt."
Viele Kunden würden inzwischen nach einer Alternative zur Gas-Heizung suchen. "Wir hatten seit Kriegsbeginn 700 Anfragen für eine Wärmepumpe oder eine Pellets-Heizung", sagt Kohl. Diese Aufträge abzuarbeiten, würde Jahre dauern.

Gas: Habeck ruft Alarmstufe aus
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