Die Kochkiste ist eine Kiste aus Holz, luftdicht abgeschlossen mit einem Deckel. Die Kiste selbst ist gefüllt mit Holzwolle, notfalls auch mit alten Zeitungen oder Tüchern. Und so funktioniert sie: Das Gericht wird zunächst kurz herkömmlich auf dem Ofen oder Herd erhitzt. Anschließend kommt der Topf, zum Beispiel mit Gulasch, in die Holzkiste. Dort gart das Gericht, dicht verschlossen, weiter. Essen aus der Kochkiste braucht zwar in etwa doppelt so viel Zeit wie auf dem Herd. Weil dabei aber jede Menge Energie eingespart wird, kommt die Kochkiste allmählich wieder in Mode.
Ein runder Holztisch, darauf sechs Schneidebrettchen, sechs Schneidteufel, sechs Gemüseschäler und Schüsseln mit Zwiebeln, Lauch, Petersilienwurzeln, Karotten, Sellerie und Kartoffeln. Und sechs Frauen aus Marktdrewitz, die sich neugierig umschauen. Dazwischen wirbelt Andrea Martens herum, wirft Anweisungen in den Raum, beantwortet Fragen. Sie und ihre Kollegin Jowita Maciejewsk habe sich an diesem Abend im Museum etwas vorgenommen: "Wir werden mal versuchen, Ihnen beizubringen, wie man stromsparend kocht." Zuvor muss allerdings erst einmal geschnippelt werden.
Energiesparend Kochen mit der Kochkiste
Andrea Martens bringt es auf den Punkt. Angesichts der drohenden Energiekrise will sie demonstrieren, wie gegen Ende des 19. Jahrhunderts energiesparend und nachhaltig gekocht wurde. Während die Kursteilnehmerinnen das Gemüse schälen und schneiden, erzählt Andrea Martens weiter: "Auch Kartoffelschalen wurde früher gesammelt und getrocknet. Und dann gemahlen, um Kartoffelstärke zu erhalten."
Während der industriellen Revolution in Deutschland war die Not bei der Arbeiterklasse groß. Brennstoff war rar, Geld sowieso. Die Arbeitstage waren lang. So kamen findige Köpfe auf die Entwicklung einer Kochkiste. Die Idee dahinter: Beim Kochen mit der Kochkiste wird das Essen quasi nur angekocht. Ein weiterer Vorteil: Dabei brennt nichts an. Die Kartoffelsuppe, die aus den Zutaten des Abends entsteht, wird zehn Minuten lang auf dem Herd gekocht gekocht. Gewürzt wird nur mit Majoran und hausgemachtem Salzgemüse. Gut zehn Minuten muss die Suppe so richtig stark kochen. Die Grundhitze ist wichtig für das Fertiggaren in der Kochkiste.
Holzwolle oder Styropor halten das Essen heiß
Diese ist wirklich eine Kiste, die mit Holzwolle ausgeschlagen ist – es geht auch hitzebeständiges Styropor aus dem Baumarkt. Darüber Stoff, um den direkten Kontakt zwischen Topf und Isolation zu vermeiden. Die Kochkiste vereint für Andrea Martens viele Vorteile. Unter anderem auch den, dass das Essen darin bis zu zwölf Stunden heiß bleibt - sie eignet sich also auch sehr gut fürs Vorkochen.
Für die Kursteilnehmerinnen im Egerlandmuseum Marktredwitz steht die Neugierde auf die Kochkiste im Vordergrund. Irene Schiffl treibt auch eine Sorge um: Wenn wirklich im Winter einmal die Energie abgestellt würde, habe man so eine Möglichkeit, trotzdem ein warmes Mittagessen zuzubereiten. Dafür würde Schiffl dann den alten Campingkocher, der seit Jahren im Keller steht, reaktivieren. Heiß machen gehe damit schließlich, stundenlang die Suppe köcheln lassen aber nicht.
Tipps aus alten Kochbüchern
Historische Rezepte sind das Hobby von Andrea Martens. Sie sammelt Kochbücher. Auf dem improvisierten Esstisch im Museums-Raum liegen Rezepthefte, die von der sparsamen Hausfrau, von Notküche und nachhaltigem Kochen erzählen. Die meisten davon sind mehr als 100 Jahre alt. Apropos Zeit: Nach 40 Minuten kommt die Suppe aus der Kiste und schmeckt köstlich. Wer keine Kochkiste sein Eigen nennt, kann übrigens auch im Bett kochen. Ein Badehandtuch um den Topf geschlungen, Wolldecke und Bettzeug drüber. Und beim Zubettgehen den Topf nicht vergessen.
In Kriegs- und Nachkriegszeiten waren Kochkisten beliebt und notwendig. Durch die Energiekrise könnten sie eine Renaissance erleben.
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