Kein Urteil heute im Rechtsstreit zwischen Tina Turner und der Passauer Konzertagentur "Cofo Entertainment". Am Bundesgerichtshof in Karlsruhe kam es heute noch mal zu einer Anhörung. Wann die Richter das Urteil sprechen wollen, ist noch unklar, sagt Cofo-Geschäftsführer Oliver Forster.
Geschäftsführer bleibt entspannt
Forster gibt sich überrascht über die zusätzliche Anhörung. Er bleibt aber gelassen:
"Wir sind einerseits enttäuscht, dass heute noch nicht das Urteil gesprochen wurde, können aber dem Urteil in ein paar Wochen sehr entspannt entgegensehen." Tourneeveranstalter Oliver Forster
Seinen Schilderungen zufolge hätten die Richter eine Tendenz durchblicken lassen – und zwar, dass sie der Auffassung des Oberlandesgerichts in Köln folgen. Die Richter dort hatten das Recht der Kunstfreiheit über die Interessen Tina Turners gestellt. Was für Forster bedeutet: Er kann seine Tribute-Show wie bisher mit einem Plakat bewerben, auf dem die Turner-Schauspielerin der echten Rocklegende sehr ähnlich sieht.
Vorwurf: Tina Turner hat nichts mit der Show zu tun
"Frau Turner missfällt an der ganzen Sache, dass sie über ihr Selbstbestimmungsrecht gerne Herr sein möchte", erläuterte Anwältin Kerstin Schmitt. "Sie möchte selbst darüber bestimmen, wenn ihr Name und ihr Bildnis verwendet wird zu werblichen Zwecken." Es gehe darum, auf Plakaten deutlich zu machen, "dass es hier eine Doppelgänger-Show ist und Frau Turner selbst nichts mit dieser Show zu tun hat".
Rechtsanwältin Brunhilde Ackermann, die den beklagten Veranstalter Cofo Entertainment vertritt, verwies hingegen darauf, dass das Event rechtmäßig sei: "Wenn die Show als solche unter die Kunstfreiheit fällt, dann muss sie auch entsprechend beworben werden. Und zwar durch die Hauptdarstellerin, die auch in der Show auftritt." Es könne nicht sein, dass etwa eine Blondine auf den Plakaten zur "Tina Turner-Story" zu sehen sein.
Doppelgänger Shows prinzipiell erlaubt
"Das Problem ist: Wenn man das jetzt hier verbieten würde, dann wäre das möglicherweise das Aus für ein Geschäftsmodell, das anerkannt und zulässig ist, nämlich die Tribute-Shows", so Ackermann weiter. Solche gebe es beispielsweise auch für Elvis Presley und die Beatles. Ein Musical über die Pilzköpfe aus Liverpool hat Cofo Entertainment ebenso im Programm wie über Sänger Falco. Sie würden mit Doppelgängern beworben, die die Originale möglichst authentisch darstellten und ihnen möglichst ähnlich sehen, erläuterte Geschäftsführer Oliver Forster.
Konkurrenzshow in Hamburg ein Grund für den Rechtsstreit?
Der BGH muss nun entscheiden, ob das Publikum durch die Plakate getäuscht wird. Immerhin habe Turner sich vor mehr als zehn Jahren offiziell zurückgezogen und seither kein Comeback verkündet, was eingefleischte Fans ja wüssten, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Koch. Ferner geht es um die Frage, ob Rechte von Turner verletzt werden.
Allerdings habe er in der Verhandlung auch den Eindruck bekommen, dass hinter dem Streit ein weiterer Aspekt stecke, sagte Koch: 2019 feierte "Tina - Das Tina Turner Musical" Deutschland-Premiere auf der Hamburger Reeperbahn. Es wurde von Stage Entertainment entwickelt - und zwar im Unterschied zur "Tina Turner-Story" in enger Zusammenarbeit mit der Musiklegende selbst. Seit Oktober hat das Operettenhaus die Show wieder im Programm - direkte Konkurrenz also.
Für die Veranstalter der "Tina Turner-Story" ist der Prozess durch alle Instanzen etwas leidig, wie Forster einräumte. Zumal sich vermutlich nichts ändern werde - egal wie das Urteil ausfällt. Denn schon seit der Entscheidung des Kölner Landgerichts sind die Plakate für die Show und die Internetseite um die Worte "Starring Dorothea Fletcher als Tina Turner" ergänzt. Auf der anderen Seite ist so viel Aufmerksamkeit natürlich kostenlose Werbung - immerhin sind für das kommende Jahr schon 57 Spielorte geplant.
💡 Hintergrund:
Vor drei Jahren hatte der Rechtsstreit mit einer Klage begonnen. Die auf dem Plakat abgebildete Sängerin Dorothea "Coco" Fletcher sehe ihr zum Verwechseln ähnlich, monierte der Rockstar Tina Turner. Zuschauer könnten annehmen, dass es sich um eine Veranstaltung mit dem inzwischen 81-jährigen Weltstar handelt. Zunächst hatte Tina Turner vor dem Landgericht in Köln auch Recht bekommen. Konzertveranstalter Oliver Forster ergänzte daraufhin nur den Titel auf dem Plakat mit "Starring Dorothea Fletcher als Tina Turner" und legte Berufung ein. Jetzt muss der Bundesgerichtshof entscheiden.
Persönlichkeitsrechte von Prominenten sind immer wieder ein Fall für die Justiz. Auch das oberste Zivilgericht in Deutschland - der BGH - hat sich schon damit befasst. So bejahten die Richter 1999 beispielsweise zum ersten Mal in einem Grundsatzurteil über die Vermarktung des Images von Schauspielerin Marlene Dietrich zu Werbezwecken, dass Erben verstorbener Stars finanzielle Ansprüche für deren kommerzielle Verwertung erheben können. In diesem Fall bekam die Tochter Recht und durfte Schadenersatz für die ungenehmigte Benutzung von Namen und Bild ihrer 1992 gestorbenen Mutter fordern.
Selbst mit Tribute-Shows haben sich deutsche Gerichte schon befasst. So entschied etwa das Landgericht Mannheim 2009, dass eine solche über Michael Jackson weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Kings of Pop, noch sein Recht am eigenen Bild verletze.
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