Etwas mehr als ein Jahr hatte Landwirt Fritz Lutzenberger Zeit, um sich vorzubereiten. Auf seinem Hof in Jengen im Allgäu hält er knapp 400 Rinder, schwarzbunte Holstein-Milchkühe. Weil die Kühe für die Milchproduktion regelmäßig Nachwuchs bekommen müssen, gibt es viele Kälber. Nicht nur weibliche, die wieder zu Milchkühen werden, sondern auch männliche. Etwa 80 pro Jahr. Die meisten von ihnen verkauft der Landwirt weiter. Sie kommen in Mastbetriebe.
Besserer Tierschutz durch spätere Kälber-Transporte
Bislang konnte Fritz Lutzenberger diese Kälber schon im Alter von zwei Wochen verkaufen. Das darf er ab Januar 2023 nicht mehr. Denn im Sommer 2021 hat der Bundesrat beschlossen, dass das Transportalter erhöht werden soll: von zwei auf vier Wochen.
Der Grund: mehr Tierschutz. Laut Bundestierärztekammer haben Kälber im Alter von zwei Wochen noch kein ausgeprägtes Immunsystem. Bis die Kälber ein eigenes Immunsystem aufbauen, dauert es bis zum 28. Tag. Werden sie früher transportiert, kann es zu Krankheiten kommen. Außerdem seien Tiertransporte gerade bei jungen Tieren mit viel Stress verbunden.
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Mehr Arbeit und höhere Kosten für Landwirte
Für Landwirt Fritz Lutzenberger heißt das: Er muss seine Kälber in Zukunft zwei Wochen länger behalten. Er wird also mehr Tiere gleichzeitig im Stall haben und musste entsprechend vorsorgen und Platz schaffen. Die Kälber kommen in sogenannten Iglus unter. Das sind kleine Boxen im Freien mit einer kleinen Umzäunung.
Um die Kälber hier zwei Wochen länger unterbringen zu können, hat er fünf zusätzliche Iglus aufgestellt. Lutzenberger hat sich für die günstige Variante entschieden und alte Container verwendet, in denen zuvor Flüssigkeiten gelagert wurden. Darin sollen die Kälber Unterschlupf finden. Etwa 100 Euro hat ihn jedes dieser selbstgebauten Iglus gekostet. Ob fünf wirklich reichen, wird sich erst im Januar zeigen.
Landwirt Fritz Lutzberger vor seinen neuen Kälberiglus
Etwa 70 Euro Zusatzkosten für Futter pro Kalb
Auch die Futterkosten werden dann für Fritz Lutzenberger steigen. Seine Kälber bekommen Vollmilch. Für jedes Kalb, das zwei Wochen länger im Stall bleibt, rechnet der Landwirt mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 70 Euro. Nicht eingerechnet ist der Mehraufwand beim Ausmisten und Einstreuen.
Vor allem Halter von schwarzbunten Rindern betroffen
Die Änderungen betreffen nicht alle Rinderhalter gleichermaßen. Bei den in Bayern am weitesten verbreiteten Fleckvieh-Kälbern ist das höhere Transportalter kein Problem. Sie bleiben ohnehin meist mehrere Wochen auf den Höfen, weil sie nach Gewicht bezahlt werden. Weil Fleckvieh schnell zunimmt, rentiert sich das für die Bauern.
Die schwarzbunten Holsteinkühe von Landwirt Fritz Lutzenberger sind aber eine reine Milchrasse und setzen daher nur wenig Fleisch an. Deshalb werden die männlichen Kälber in der Regel früher verkauft, bisher meist schon mit zwei Wochen.
Landwirt sieht sich vorbereitet
Von der neuen Regelung, die ab Januar gilt, hält Fritz Lutzenberger trotz der Argumente von Tierärzten und Tierschützern nichts. Als Landwirt könne er besser einschätzen, wann seine Tiere bereit sind für den Transport. Kälber, die schwach sind, behalte er länger bei sich. Trotzdem ist bei ihm auf dem Hof fast alles vorbereitet. Nur noch ein Dach für die neuen Kälberiglus fehlt. Das will er noch bis Januar fertigstellen.
Video von Oktober 2021: Kälber müssen für Transport mindestens 28 Tage alt sein

Junges Kalb liegt im Stroh
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