Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin einer tierexperimentellen Forschungseinrichtung hat eine Maus in der Hand.
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Der Negativpreis für den schlimmsten Tierversuch geht in diesem Jahr an die Universität Marburg. Auch die Universität Bayreuth war nominiert.

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Tierversuche an der Uni Bayreuth – Welche Regeln gelten

Der Negativpreis für den schlimmsten Tierversuch ist an der Uni Bayreuth noch einmal vorbeigegangen. Sowieso hatte die Uni kritisiert, für den Preis überhaupt nominiert zu sein. Die Hürden für die Genehmigung von Tierversuchen seien schließlich hoch.

Der Negativpreis "Herz aus Stein" für den schlimmsten Tierversuch geht in diesem Jahr an die Universität Marburg. Verliehen wird der Preis von dem Verein "Ärzte gegen Tierversuche". Auch die Universität Bayreuth war wegen Tierversuchen an Fischen für den Preis nominiert, belegte unter den insgesamt fünf Nominierten allerdings den letzten Platz.

Uni Marburg wegen Versuchen mit Rhesusaffen in der Kritik

Von den insgesamt 6.286 bei einem Online-Voting abgegebenen Stimmen entfielen demnach 871 auf die Uni Bayreuth. Mehr als doppelt so viel, nämlich 1.832 Menschen, stimmten für die Philipps-Universität Marburg. Dort hatte die Arbeitsgruppe Neurophysik im Bereich der Hirnforschung Versuche an Rhesusaffen durchgeführt. Nach Angaben der "Ärzte gegen Tierversuche" wurden die durstigen Affen auf Stühlen fixiert und erst dann mit Flüssigkeit belohnt, wenn sie Aufgaben auf einem Bildschirm richtig gelöst hatten.

Goldfische Elektroschocks von Zitterwelsen ausgesetzt

In Bayreuth hingegen wurden Goldfische den elektrischen Impulsen von Zitterwelsen ausgesetzt, so dass sie sekundenlang gelähmt wurden und die Atmung einstellten. Weitere Nominierte waren die Universität Duisburg-Essen für Versuche mit dem Graumull, eine Forschungseinrichtung in Essen für Versuche an schwangeren Affen sowie die Universität in Rostock für Experimente an Mäusen. Alle Kandidaten und die durchgeführten Versuche listen die "Ärzte gegen Tierversuche" auf ihrer Homepage auf.

Die Uni Bayreuth kritisierte die Nominierung für den Negativpreis bereits vor zwei Wochen auf Anfrage von BR24. Ziel der bereits im Jahr 2018 durchgeführten und 2021 in einem Bericht veröffentlichen Tierversuche sei es gewesen, zu erforschen, warum sich starkelektrische Fische mit der Entladung nicht selbst schaden. Um das herauszufinden sei es unausweichlich gewesen, auch Fische ohne Schutz vor elektrischen Entladungen den Elektroschocks der Welse auszusetzen.

Die Wissenschaftler hätten sich aus den Experimenten auch Erkenntnisse erhofft, die dem Menschen zugute kommen sollten. So sollte unter anderem erforscht werden, wie der Herzmuskel des Menschen gestärkt und für Herzstörungen weniger anfällig gemacht werden könne.

Uni Bayreuth weist Kritik an Tierversuchen zurück

Einem respektvollen Umgang mit Tieren hätten die Versuche nicht widersprochen. Die Goldfische seien schließlich einer Ladung ausgesetzt worden, die nicht tödlich sei. Alle Fische hätten überlebt, hätten weiter normal gefressen und seien weiter gewachsen. Insofern habe der Verein "Ärzte gegen Tierversuche" fälschlicherweise den Eindruck erweckt, dass die Uni Bayreuth den Tieren schweres Leid zugefügt habe.

Von den "Ärzten gegen Tierversuche" heißt es hingegen auf Nachfrage von BR24, die Uni Bayreuth habe Tiere zu Messinstrumenten degradiert ohne darüber nachgedacht zu haben, wie die gewünschten Erkenntnisse anderweitig hätten gewonnen werden können. Dieser Ansicht widerspricht auch die Wissenschaftsinitiative "Tierversuche verstehen" und unterstellt den "Ärzten gegen Tierversuche" Unwissenheit. So sei die Überlegung, ob Tierversuche durch andere Methoden ersetzt werden können eine gesetzlich verbriefte Voraussetzung dafür, dass Tierversuche von den zuständigen Behörden überhaupt genehmigt würden.

Wissenschaftler verweisen auf strenge Regeln bei Tierversuchen

Demnach werde immer geprüft, ob es zur Beantwortung der wissenschaftlichen Fragestellung ausreicht, auf einfache Organismen wie Bakterien oder wirbellose Tiere zurückzugreifen oder Zell- und Gewebekulturen, Computermodelle oder andere Ersatzmethoden zu verwenden. Von der Uni Bayreuth hieß es daher auch, bei den Versuchen an Fischen habe es sich um Grundlagenforschung gehandelt. Erst in einem späteren Schritt könnten beispielsweise Zellkulturen verwendet werden.

Von der Initiative "Tierversuche verstehen" heißt es zudem, weitere Grundsätze seien, so wenige Versuchstiere wie möglich zu verwenden und diese einer möglichst geringen Belastung auszusetzen. Schmerzen müssten demnach soweit wie möglich minimiert werden. Zwar würden rund 98 Prozent der beantragen Tierversuche von den Behörden genehmigt, allerdings passiere kaum ein Antrag die Genehmigungsbehörde ohne nachgebessert oder mit Auflage belegt worden zu sein.

Genehmigungsbehörde ist die Regierung von Unterfranken

Zuständig für die Genehmigung von Tierversuchen in Ober-, Mittel- und Unterfranken ist die Regierung von Unterfranken. Für den Rest Bayerns ist demnach die Regierung von Oberbayern zuständig. In Unterfranken bestätigt man auf Nachfrage von BR24 die strengen Anforderungen für Tierversuche. Demnach würden diese nur genehmigt, wenn sie für die Versuchszwecke unerlässlich und im Hinblick auf die angestrebten Ergebnisse ethisch vertretbar seien. Um das zu gewährleisten würden zunächst Tierärzte bei der Regierung die Anträge prüfen. Diese würden dabei von einer Tierversuchskommission bestehend aus ehrenamtlich tätigen Wissenschaftlern und Tierschützern beraten. Einen Überblick über die genauen Regeln für die Beantragung von Tierversuchen gibt die Regierung von Unterfranken hier.

120 Tierversuche mit 170.000 Tieren im Jahr genehmigt

Mindestens zwei der insgesamt sechs Mitglieder dieser Kommission würden nach Vorschlägen der Tierschutzorganisationen berufen. Im Jahr 2022 seien so in ganz Franken insgesamt 120 Genehmigungen erteilt worden. Für die Versuche seien mehr als 170.000 Tiere eingeplant worden. Die meisten davon, nämlich 150.212, seien Mäuse gewesen. Dazu 11.575 Ratten, 8.545 Fische, 216 Rennmäuse, 144 Schweine, 75 Fledermäuse und 40 Weißstörche.

Dabei handle es sich allerdings nicht um die Anzahl der auch tatsächlich zum Einsatz gekommenen Versuchstiere. Diese könne deutlich geringer ausfallen, konkrete Zahlen lägen allerdings erst Mitte des Jahres vor.

Bundesweit wurden ein Jahr zuvor - im Jahr 2021 - nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) rund 2,5 Millionen Tierversuche in Deutschland durchgeführt. Die Zahl sei leicht rückläufig. Bei knapp 80 Prozent der eingesetzten Versuchstiere habe es sich auch hier um Nagetiere, vor allem um Mäuse und Ratten gehandelt.

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