Fragwürdige Tiertransporte in weit entfernte Drittstaaten sind schon lange ein Streitthema. Der Konflikt ist weiter ungelöst. Denn auf der einen Seite will Bayerns Umweltministerium (geführt von Freie Wähler-Politiker Thorsten Glauber) die Transporte verhindern. Doch zugleich fördert das Landwirtschaftsministerium unter Leitung von CSU-Politikerin Michaela Kanniber weiter die betroffenen Zuchtverbände, wie die Grünen-Fraktion im Landtag moniert.
Verstöße gegen den Tierschutz
Die vorgeschriebenen Ruhezeiten für die Tiere würden nicht eingehalten. An den Strecken fehlten Haltestationen, an denen die Tiere mit Wasser und Futter versorgt würden, empört sich Paul Knoblach, bayerischer Landtagsabgeordneter der Grünen. Er erzählt von den Tierschutzverstößen bei zahlreichen Transporten in Drittstaaten wie Kasachstan oder Usbekistan, die tausende Kilometer entfernt liegen. Gerade erst hat das bayerische Umweltministerium in einer Erhebung herausgefunden, dass von Oktober bis Dezember aus Bayern 49 Rinder nach Marokko gebracht worden sind.
Umweltminister Thorsten Glauber ist erbost. Der Freie Wähler-Politiker setzt sich schon länger für ein Verbot von tierschutzrechtlich fragwürdigen Transporten ein und hat eine Negativliste mit 18 Ländern verfasst, für die bayerische Veterinäre eine Genehmigung für den Transport versagen dürfen. Auch Marokko steht darauf. Wie kommen dann die 49 Rinder dahin?
Fragwürdige Tiertransporte laufen mit Tricks weiterhin
"Ein Stück weit sind einem da die Hände gebunden", sagt Glauber. Denn der Transport wurde über Sachsen abgewickelt und eine Beförderung der Rinder nach Sachsen kann Bayern aus Tierschutzgründen nicht untersagen – auch, wenn die Tiere später weitertransportiert werden. Ähnliche Tricks laufen übers Ausland. Ein Tiertransport nach Kasachstan macht einfach einen Stopp in Ungarn. Wenn er dort länger als 48 Stunden steht und erst danach weiterfährt, gilt das als "zwei verschiedene Transporte". Ab diesem Moment ist Ungarn dafür zuständig, die Fahrt nach Kasachstan zu genehmigen.
Für den Umweltminister ist klar, dass nicht alles, was rechtlich möglich, auch moralisch vertretbar ist. Das sei sein Appell "an alle, die da handeln", und den richtet er indirekt auch an das bayerische Landwirtschaftsministerium. Denn das unterstützt die Zuchtverbände personell und finanziell, wie eine Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Grünen vom Dezember zeigt.
Darin listet das Landwirtschaftsministerium 13 bayerische Rinderzuchtverbände auf, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Außerdem werden den Verbänden Zuchtleiter zur Verfügung gestellt, bezahlt vom Ministerium. Die züchterischen Aufgaben lägen im öffentlichen Interesse, heißt es im Antwortschreiben. Damit soll vor allem die Robustheit und Gesundheit der Tiere erhalten und verbessert werden.
Was wissen die Zuchtleiter über die Tiertransporte?
Paul Knoblach von den Grünen mutmaßt, dass die Zuchtleiter über die fragwürdigen Tiertransporte Bescheid wüssten. Landwirtschafts- und Umweltministerium würden hier gegeneinander arbeiten, so sein Vorwurf. Wenn ein Ministerium sich durchaus anstrenge, die "Umtriebe zu beenden und ein anderes Ministerium völlig unbehelligt davon weiter personell und finanziell die Betreiber dieser Transporte, nämlich die Zuchtverbände, fördert, dann ist das völlig unverständlich", sagt Knoblach.
Bayerns Umweltminister Glauber spricht von einer guten Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium. Gerade habe man gemeinsam eine Bundesratsinitiative für mehr Tierschutz bei Transporten vorbereitet. Deshalb erwarte er aber auch, dass man nicht nur einen Antrag mitstelle, "sondern auch die Kolleginnen und Kollegen drauf hinweist, dass diese Abfertigungen nicht stattfinden", appelliert Glauber in Richtung Landwirtschaftsministerium.
Kaniber: Bei berechtigten Zweifel Transporte nicht genehmigen
Dieses antwortet auf Anfrage nicht direkt auf die Kritik. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, CSU, erklärt aber allgemein, dass Tiertransporte nur stattfinden sollten, wenn alle Anforderungen des Tierschutzes vollumfänglich erfüllt werden. "Wenn es berechtigte Zweifel gibt, dass zum Beispiel Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten werden", sagt Kaniber, "dann ist es wohl selbstverständlich, dass Transporte auch nicht genehmigt werden."
Die Ministerin sieht aber auch die berechtigten Interessen der bäuerlichen Zuchtverbände, Tiere zu verkaufen: Die Exporte in Drittländer müssten sich auf wertvolle Tiere beschränken, die dafür gebraucht werden, in den Drittländern eine Zucht aufzubauen.
"Darüber spricht Bayern": Der neue BR24-Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!