Tessa Ganserer (Bündnis 90/Die Grünen) spricht bei einer Plenarsitzung im Bayerischen Landtag im Plenarsaal (Archivbild 26.6.19).
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Tessa Ganserer (Bündnis 90/Die Grünen) spricht bei einer Plenarsitzung im Bayerischen Landtag im Plenarsaal (Archivbild 26.6.19).

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Neuer Name im Bundestag: Tessa Ganserer

Im neuen Bundestag sitzen zum ersten Mal zwei transgeschlechtliche Abgeordnete. Eine von ihnen ist Tessa Ganserer aus Bayern. Sie kommt heute zur konstituierenden Sitzung der Grünen-Fraktion. Eine für sie große Hürde hat sie schon genommen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Tessa Ganserer spannt ihren schwarzen Regenschirm auf. Die frisch gewählte Abgeordnete aus dem Nürnberger Norden läuft in Turnschuhen Richtung Bundestag. Vor ihr liegt ein langer Tag mit einem Kennenlernen der Kolleginnen und Kollegen, der ersten Fraktionssitzung und einem Empfang am Abend.

Erstmal wird Ganserer aber vor dem Bundestag von der "Grünen Jugend" empfangen. Und von Nyke Slawik – neben Ganserer die zweite transgeschlechtliche Abgeordnete im Bundestag. Zusammen mit ihren Unterstützern rollen die beiden ein Transparent aus. Darauf steht: "Keine Koalition ohne Selbstbestimmung."

Ganserer fordert Gesetzesänderung

Die Forderung: In einem Koalitionsvertrag muss die Abschaffung des Transsexuellengesetzes stehen. Es soll durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzt werden. Das würde es transgeschlechtlichen Menschen zum Beispiel erleichtern, ihren Namen zu ändern. Noch sind dafür psychologische Gutachten nötig – inklusive intimster Fragen.

Auf Tessa Ganserers Ausweis steht - wie auf dem Wahlzettel - noch ihr alter, falscher Name. Der Einzug in den Bundestag fällt ihr deshalb gar nicht so leicht. Der Gedanke, jetzt ihren Personalausweis vorzeigen zu müssen, bereite ihr schon Tage vorher Bauchgrummeln. "Weil ich nicht weiß, wie die Menschen auf diese Situation reagieren, weil ich in solchen Situationen gegenüber Fremden immer meine Transsexualität erklären muss und das ist einfach auf Dauer entwürdigend."

Nervosität bei der Ausweiskontrolle

Wenige Minuten später: Ausweiskontrolle in der Sicherheitsschleuse des Bundestags. Strenger Blick des Pförtners. Ganserer sucht nervös nach einem Dokument, auf dem nicht ihr alter, falscher Name steht. Sie möchte als die wahrgenommen werden, die sie ist: Tessa Ganserer. Der Pförtner nickt, die Tür öffnet sich. Die neue Abgeordnete steht im Bundestag. Ganserer ist erleichtert: "Es ist jetzt in der Situation total problemlos gelaufen, aber für mich sind es einfach Scheiß-Situationen."

Auf der Fraktionsebene des Bundestags treffen sich alte und neue Abgeordnete der Grünen. Es gibt viele Umarmungen, Glückwünsche. Ganserer lacht. Die neue Abgeordnete bekommt einen Stapel Unterlagen. Auch eine Art Stundenplan ist dabei – mit den Terminen der nächsten Tage. Wobei: So ganz neu ist das alles nicht für Ganserer. Schließlich sitzt sie schon seit acht Jahren im Landtag in München.

Volles Programm für Bundestags-Neulinge

Viel Zeit bleibt für das Kennenlernen nicht. Eine erste Fraktionssitzung steht an. Ganserer betritt dafür zum ersten Mal den Plenarsaal des Bundestags und nimmt auf einem der blauen Sessel Platz. 118 Abgeordnete sitzen jetzt für die Grünen im Parlament – so viele wie nie. Das Treffen dauert fast drei Stunden.

Der Regen hat mittlerweile aufgehört, die Sonne scheint, Ganserer strahlt: "Ja, wunderschön. Endlich angekommen im Deutschen Bundestag, hier in Berlin." Ganz besonders freut sich die neue Grünen-Abgeordnete über ihren Abgeordnetenausweis. Denn darauf steht ihr richtiger Name: Tessa Ganserer.

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