In Bayern kamen die Widerstände gegen neue Stromtrassen lange von höchster Stelle. Statt mit neuer Trassen wollte der ehemalige Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) Bayern mit Gaskraftwerken unabhängig vom Atomstrom machen. Blöd nur, dass diese mit Erdgas betrieben werden – in Deutschland inzwischen ein rares Gut. Mittlerweile räumt die ehemalige Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) ein, dass der Widerstand ihrer Partei gegen die Stromtrassen bis heute Folgen hat – der Ausbau hinkt hinterher.
Immerhin ist nun eine Hürde auf dem Weg zur 700 Kilometer langen Trasse Suedlink genommen. Bauernverbände und Netzbetreiber haben in dieser Woche eine Rahmenvereinbarung zum Erdkabelprojekt unterschrieben. Zwei Jahre lang haben Verbände aus Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Thüringen um Entschädigungen verhandelt.
Ziel: Strom soll ab 2028 fließen
Zu den Vereinbarungen gehören Regeln über Entschädigungen von Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern sowie bewirtschaftenden Landwirtinnen und Landwirten, die vom Bau der Stromleitung betroffen sind. Übertragungsnetzbetreiber Tennet und TransnetBW wollen sich so das Recht zur Nutzung der vom Leitungsverlauf betroffenen Grundstücke sichern. Mit der Einigung sei eine weitere Voraussetzung geschaffen, damit ab 2028 über Suedlink Strom transportiert werden könne.
Trasse verläuft durch sechs Bundesländer
Die Suedlink-Verbindung soll durch insgesamt sechs Bundesländer laufen – Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Thüringen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. Wie TransnetBW BR24 erklärte, wurde die Vereinbarung für Bayern und Baden-Württemberg am Dienstag in München unterschrieben. Weitere Unterschriften erfolgten unter anderem am Donnerstag in Hannover für Niedersachen und in Eisenach für Thüringen. Für Hessen laufen die Verhandlungen noch, so TransnetBW.
Netzbetreiber kündigen faire Entschädigungen an
Über die genaue Höhe der Entschädigungen äußerte sich TransnetBW nicht. Diese hängen von vielen Faktoren ab – beispielsweise von der Grundstücksgröße und Nutzungsart.
Im Rahmen der Vereinbarungen kündigte der Vorsitzende der Geschäftsführung von TransnetBW, Werner Götz, faire Entschädigungen an: "Uns allen ist klar, dass sich kein Eigentümer oder Landwirt solch einen Eingriff in seinen wertvollen und fruchtbaren Boden wünscht." Entstandene Schäden wolle man gemäß gesetzlicher Grundlagen fair entschädigen.
"Berechtigte Belange" der Landwirte
Tim Meyerjürgens, Mitglied der Geschäftsführung von Tennet, betonte, dass Verbindungen wie Suedlink das "Rückgrat der Energiewende" bildeten. Dabei müssten "berechtigte Belange" wie etwa die Interessen der Landwirte "angemessen" berücksichtigt werden. Mit den Rahmenvereinbarungen habe man innerhalb des bestehenden Regulierungsrahmens eine faire Regelung gefunden, so Meyerjürgens.
Karte zu geplanten Stromleitungen in Bayern
Oerlenbach und Bergrheinfeld zentrale Punkte für Suedlink
Suedlink werde den Netzbetreibern zufolge insgesamt vier Gigawatt Übertragungskapazität haben. Die Trasse soll von Thüringen kommend bei Mellrichstadt nach Bayern führen. Bei Oerlenbach im Landkreis Bad Kissingen werde sich die Trasse aufteilen: Zwei Kabel werden dann entlang der A71 bis Bergrheinfeld bei Schweinfurt gehen. Die anderen beiden Kabel sollen nach Baden-Württemberg verlaufen. Bei Bergrheinfeld soll der Gleichstrom in einer Konverterstation in Wechselstrom umgewandelt und übers neu errichtete Umspannwerk ins Stromnetz eingespeist.
Kritiker sehen keine Notwendigkeit für Gleichstromleitung
Gegen den Bau der Gleichstromleitung gibt es seit Jahren in mehreren betroffenen Regionen Widerstand. Daran beteiligt ist unter anderem die Bürgerinitiative Bergrheinfeld. Wie deren Sprecher Mathias Göbel BR24 mitteilte, sei Suedlink nicht nötig. Besser wäre eine dezentrale Energieversorgung. Diese sei sicherer und kostengünstiger, so Göbel.
Die Initiative hatte mit einer Strafanzeige rund um hungernde Feldhamster zuletzt für Wirbel gesorgt. Der Netzbetreiber Tennet habe aus Sicht der Bürgerinitiative gegen das "naturschutzrechtliche Tötungsverbot zum Schutz von Feldhamstern" verstoßen. So soll das Unternehmen auf dem geplanten Baugelände mögliche Feldhamsterpopulationen bereits vergrämt haben – ohne dass benachbarte Felder für eine Umsiedlung vorbereitet worden seien. Netzbetreiber Tennet hat die Vorwürfe in einer Stellungnahme entschieden zurückgewiesen.
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