Messe München, 26.09.21: Auszählung der Briefwahl-Unterlagen bei der Bundestagswahl.
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München: Auszählung von Briefwahl-Unterlagen (Symbolbild)

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Studie: Reine Briefwahlen führen zu höherer Beteiligung

Studie: Reine Briefwahlen führen zu höherer Beteiligung

Wegen des Corona-Lockdowns fanden die Stichwahlen in den bayerischen Kommunen im Jahr 2020 ohne Besuch im Wahllokal statt. Die Wahlbeteiligung war damals hoch wie nie – was laut einer Bayreuther Studie an der reinen Briefwahl lag.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Unkompliziert gestaltete Briefwahlen haben einen positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung. Forscher der Universität Bayreuth haben die wegen der Corona-Pandemie rein als Briefwahl organisierte Stichwahl in den bayerischen Kommunen im März 2020 analysiert, bei der die Wahlbeteiligung ungewöhnlich stark gestiegen war – um mehr als zehn Prozentpunkte im Vergleich zum ersten Wahldurchgang. Der Studie zufolge lag das alleine an der unkomplizierten Briefwahl-Variante.

Die Wahlberechtigten bekamen damals wegen des Lockdowns die Briefwahlunterlagen und Umschläge für den Versand automatisch zugeschickt. Eine Stimmabgabe im Wahllokal war wegen der Corona-Pandemie gar nicht möglich.

Wahlbeteiligung: Hoher Anstieg wie bisher nie

"Ein derart hoher Anstieg der Wahlbeteiligung bei Stichwahlen kam in der deutschen Kommunalpolitik in dieser Breite bisher nicht vor", sagt Marco Frank, Erstautor der Studie und Mitarbeiter am Lehrstuhl des politischen Ökonomen David Stadelmann an der Bayreuther Universität.

"Wir können davon ausgehen, dass dieser Anstieg 2020 fast ausschließlich darauf zurückzuführen ist, dass die Teilnahme an den Stichwahlen wegen der Briefwahl für alle Wahlberechtigten bequem und ohne zusätzlichen Aufwand möglich war", erklärt Frank. Lokale Besonderheiten, beispielsweise ein enger Wettbewerb um das Bürgermeisteramt oder unterschiedliche Beliebtheitswerte der Kandidatinnen und Kandidaten, hätten dagegen keine Rolle gespielt.

Studie: Amtsinhaber profitieren

Zugleich ging das Forscherteam der Frage nach, wer von dieser Konstellation profitiert hat: "Ein Anstieg der Wahlbeteiligung um zehn Prozentpunkte, der mit den kommunalpolitischen Besonderheiten vor Ort nichts zu tun hat, führt im Durchschnitt zu einem statistisch robusten Anstieg des Stimmenanteils für amtierende Bürgermeisterinnen und Bürgermeister um durchschnittlich 3,4 Prozentpunkte", sagt Stadelmann. "Ist der lokale politische Wettbewerb eher schwach ausgeprägt, erhöht sich deren Stimmenanteil sogar um mehr als fünf Prozentpunkte."

Reine Briefwahl: "Die Chancen werden übersehen"

Die Frage, ob das automatische Versenden von Briefwahlunterlagen die Wahlbeteiligung erhöht, beantwortet auch der Wahlrechts-Experte der Bertelsmann Stiftung, Robert Vehrkamp, mit einem klaren "Ja". Allerdings sei der Briefwahldiskurs in Deutschland immer ein Risikodiskurs. "Man diskutiert es nicht als Chance." Empirisch jedoch seien die Risiken nicht nachweisbar. Es gebe keine Beispiele, dass mehr Briefwahl zu Problemen führe. "Die Chancen werden übersehen."

In Deutschland gebe es dennoch eher die Diskussion darüber, dass die Briefwahlquote zu hoch sei, sagt Vehrkamp. Er würde nach eigenen Angaben jedoch ein "Warnschild setzen", wenn die Beantragung der Briefwahl wieder restriktiver gehandhabt wird: "Briefwähler werden nicht zu Urnenwählern, sie werden zu Nichtwählern." Der Experte betont: Angebliche Sicherheitsbedenken könne man ausräumen, indem man die Instrumente der Briefwahl noch sicherer macht.

Mit Informationen von dpa

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