Warnwesten-Protest in Ludersheim
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Warnwesten-Protest in Ludersheim

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Stromtrassen-Gegner: Protest, der nicht erlahmt

Die Stromtrassen-Gegner in Nordbayern machen seit Jahren mobil. Sie setzen sich gegen die Stromautobahnen ein und fordern unter anderem dezentrale, erneuerbare Energien. Zudem kritisieren sie die Staatsregierung.

Seit zehn Jahren beschäftigen die Stromautobahnen die Politik und die Menschen in Nordbayern, die entlang der geplanten Trasse leben. Es geht um das europäische Stromrückgrat, von Portugal bis in die Ukraine, über das Atom-, Kohle- und Erdgasstrom verteilt wird. In Bayern hinken die Planungen weit hinterher. Bis zu diesem Jahr sollten die Trassen fertig sein. Es wurde aber noch nicht einmal mit den Bauarbeiten begonnen. Und die Menschen im Nürnberger Land protestieren seit Jahren gegen die Monstertrassen.

Protest in Ludersheim bei Altdorf

Seit Jahrzehnten leben die Menschen in der kleinen fränkischen Ortschaft Ludersheim bei Altdorf mit dem Umspannwerk. Wenn es nach den Plänen des Netzbetreibers Tennet geht, soll auf der anderen Dorfseite ein zweites, größeres Umspannwerk entstehen, als Teil der Stromautobahnen von Nord nach Süd. Mit rund 80 Meter hohen Masten und Stromleitungen, die 380.000 Volt transportieren. Mahnwachen gehören hier zum Protest, um die von ihnen sogenannte Monstertrasse zu verhindern. Ein Protest, der nicht erlahmt.

Forderung: "Dezentrale, erneuerbare Energien"

Hubert Galozy ist so einer, der nicht aufgeben will. Seit Jahren arbeitet er sich an der Staatsregierung ab, nennt ihre Energiepolitik falsch. Sein Ziel: "Dezentrale, erneuerbare Energien", sagt er. Mit einem Mix aus Sonne, Wind und Biogas. "Aber", so Galozy weiter, "an der Donau hört der Bau von Windkraftanlagen auf. Da will man sich wohl nicht die Bilderbuchlandschaft verstellen." Im Jahr 2014 war er mit als Vertreter der fränkischen Initiativen gegen die Stromtrassen in Münchner Wirtschaftsministerium dabei. Damals mit der Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. "Seitdem ist nicht passiert", schimpft Galzy. In Altdorf, so berichtet er weiter, gebe es seit einigen Wochen ein Energiebüro. Erst, nachdem er hartnäckig den Netzbetreiber Tennet darauf hingewiesen hat, dass der Konzern das Büro bezahlt, wurde das Ladenschild nach Galozys Beobachtung um den Zusatz "powered by Tennet" erweitert.

Warnwesten-Protest: "Ich bin Raum-Widerstand"

Am vergangenen Freitagabend versammelten sich rund 60 Bürger aus Ludersheim und einigen Nachbarortschaften vor dem Feuerwehrhaus der knapp 500-Einwohner-Ortsacht versammelt. Sie trugen Warnwesten – einige mit der Aufschrift "Ich bin Raum-Widerstand". Drei Traktoren flankieren die Protestierenden. An den Hydraulik-Auslegern sind Protestplakate befestigt. Für die Energiewende, gegen das zweite, geplante Umspannwerk. Die Trasse, für die immer noch keine konkrete Planung vorliegt, macht den Menschen im Raum Altdorf Angst. Sie fürchten die Strahlung, die von den Leitungen ausgehen kann. Und: Die geplanten Masten seien nicht Teil der dezentralen Stromversorgung. Durch die Leitungen fließe der europäische Strom-Mix aus Atom-, Kohle- und Erdgaskraftwerken. Gegen eine Ertüchtigung der 220 und 110 KV-Leitungen hätten sie ja nichts. Doch, die von ihnen so genannte Monstertrasse habe nicht mit der Energiewende zu tun.

SPD-Bürgermeister protestiert mit

Mitten unter den Protestierenden: Martin Tabor, SPD, Bürgermeister von Altdorf: "Teilweise soll die Trasse hier bis zu 140 Meter an die Wohnbebauung heranreichen. Das bewegt die Menschen und bringt sie auf die Straße. Aber nicht nach dem St. Florians-Prinzip. Auch andere Bürger in der Stadt Altdorf sind nicht direkt betroffen. Sie sind hier und stehen mit ihren Mitbürgern ein." Seit vielen Jahren leben sie hier in der knapp 500-Seelen-Gemeinde mit einer unklaren Planung. Sie wissen nur, dass die Stromautobahn durch das Dorf führen und das zweite Umspannwerk kommen soll. Deshalb hat Carmen Brunner ihren Traktor an der Hauptstraße von Ludersheim mit einem Plakat versehen. Ihr Familienbetrieb – 16 Hektar groß – soll Flächen für die Trasse abgeben. "Sechs Hektar reine Wiesen und Ackerflächen und etwas zweieinhalb Hektar Wald“, berichtet die Landwirtin.

Unklarheit statt konkreter Pläne

Brunner weiß aber nicht, welche Teile des Landes des Familienbetriebs betroffen sein werden. Es gibt keine Planung – jedenfalls keine, die die Betroffenen kennen würden. "Jetzt steht weiterhin in den Sternen, wo genau die Trasse entlang führt und wo genau das Umspannwerk hinkommt“, schimpft Carmen Brunner. „Das finde ich eine unheimlich unter der Decke gehaltene Wahrheit. So geht´s nicht. Man kann mit Leuten, von denen ich Fläche möchte, das Wertvollste was wir haben, wir Landwirte, ich kann mit Leute nicht so umgehen." Die Unsicherheit bringt die Menschen in Orten wie Ludersheim weiterhin auf die Straße. Der Protest, so scheint es, wird nicht erlahmen.

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