Landwirt Hubert Bernhard sieht nach seinen Äpfeln. Gala – eine der meist angebauten Sorten am Bodensee. Die Bäume stehen hier Reihe in Reihe nebeneinander. Darüber sind auf einer Alukonstruktion Module einer Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) montiert. Deshalb haben die Bäume darunter auch recht viel Schatten. Und das könnte für sie zum Problem werden.
Wenig Licht schadet Äpfeln
Schon im Frühling brauchen die Bäume viel Licht, sonst bilden sie durch Photosynthese weniger Zucker. Die Blüten werden schlechter befruchtet und fallen ab. Die Folge: weniger Früchte, kleinere Früchte, weniger Farbe an den Äpfeln. Insgesamt befürchten Kritiker eine schlechtere Qualität der Äpfel unter einer PV-Anlage. Und trotzdem steht sie nun in Kressbronn am Bodensee, direkt hinter der bayerischen Grenze zu Baden-Württemberg. Ähnliche Pilotanlagen gibt es beispielsweise im schwäbischen Gersthofen und in der Hallertau.
Landwirt nimmt Ernteausfall in Kauf
Es ist ein Test, der vom Fraunhofer-Institut wissenschaftlich begleitet wird. Bisher hat noch niemand eine PV-Anlage über einer bestehenden Obstplantage aufgebaut. Zumindest ist den Forschern dazu nichts bekannt. Denn es ist ein Risiko. Einerseits verspricht das zwar schnelle wissenschaftliche Erkenntnisse quasi unter Live-Bedingungen. Erste Daten sollen ab Herbst vorliegen. Andererseits lebt der landwirtschaftliche Betrieb auch von dieser Anbau-Fläche. Hubert Bernhard wollte es dennoch wissen und hat das Risiko für einen möglichen Ernteausfall in Kauf genommen.
Strom von der PV fließt bereits
Im Mai installierte eine Firma aus dem mittelfränkischen Gunzenhausen die Module über den Apfelbäumen. Die PV-Anlage speist den erzeugten Strom seither direkt ein, mit einer Leistung von 232 Kilowatt Peak. Das entspricht in etwa dem Jahresverbrauch von 60 bis 70 Einfamilienhäusern. Ob sich das auf die Qualität der Äpfel auswirkt, zeigt sich erst nach und nach. Spannend wird zum Beispiel, ob und wie lagerfähig die Früchte sein werden und ob es Auswirkungen auf die Blütenbildung an den Bäumen im neuen Jahr hat. Fragen, die erst in nächster Zeit geklärt werden können. Die Reife der Früchte zeigt sich immerhin jetzt schon.
Befürchtungen sind nicht eingetroffen
Hubert Bernhard bückt sich zum Boden, wo sechs aufgeschnittene Apfelhälften liegen. Bei einigen ist in der Mitte weißes Fruchtfleisch zu sehen, drum herum ist es schwarz gefärbt: Ein Test, der zeigt, wie reif die Äpfel sind. Dazu wird Jod auf den Apfel geträufelt. Die Verfärbung zeigt den Stärkeabbau und damit, wie viel Zucker die Frucht schon hat. Obstbauer Hubert Bernhard sagt: "Im Moment geht es den Äpfeln richtig gut. Ich sehe keinen Ausfall." Die Äpfel sind groß, die Blätter der Bäume dunkelgrün und stark. "Das sieht echt gut aus – besser als ich gedacht habe." Am Wochenende soll deshalb die Ernte beginnen.
Weniger Einsatz von Pflanzenschutzmittel
Es zeigt sich aber auch, dass die Äpfel unter der Photovoltaik-Anlage in ihrer Reife rund fünf bis sechs Tage hinterher sind – im Vergleich zu denen auf dem freien Feld, die mehr Sonne abbekommen haben. Die hatten in diesem heißen Sommer allerdings auch einen höheren Hitzestress und sind ein wenig kleiner als die Äpfel unter dem PV-Dach. Für Hubert Bernhard ein Vorteil, wenn er auf die kommenden Jahre blickt, die mehr heiße Sommer bereithalten könnten.
Und dann ist da noch ein wichtiger Faktor für den Obstbauer: Er hat in diesem Jahr nach eigenen Schätzungen rund ein Drittel weniger Pflanzenschutzmittel ausgebracht. Bernhard gibt zwar zu, dass es ohnehin wenig geregnet hat und es deshalb insgesamt weniger Probleme mit Schorfpilzen gab. Der Regenschutz von oben durch die PV-Anlage habe sich aber deutlich bemerkbar gemacht, sagt Obstbauer Hubert Bernhard.
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Äpfel unter der Photovoltaikanlage