Es soll der größte Streik der vergangenen Jahre werden - zumindest wenn es nach der Gewerkschaft Verdi geht. Bei zahlreichen kommunalen Betrieben in Bayern blieben am Dienstag die Türen geschlossen. Vor allem München ist betroffen. Am Vormittag fand am Marienplatz eine Kundgebung statt. Laut Polizei und Verdi nahmen rund 6.000 Menschen teil. "Wir können gar nicht so schlecht arbeiten, wie wir bezahlt werden!" oder "Guter Pflege steht Profit im Wege" steht auf den Schildern der Streikenden. Unter anderem auch in Bayreuth und Nürnberg gab es Kundgebungen.
Am Flughafen der Landeshauptstadt droht dann zwei Tage später erneut Ungemach für die Passagiere: Am Donnerstag steht dort ein sechsstündiger Warnstreik an.
- Lesen Sie hier: "Warnstreik: Welche Aktionen sind erlaubt?"
Münchner Kitas, Jobcenter, Bäder vom Streik betroffen
Die Beschäftigten aller Verwaltungsbereiche der Stadt München sind zum Streik aufgerufen. Hinzukommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der städtischen Kitas, Bürgerbüros, Jobcenter, der Agentur für Arbeit sowie der Bäder, der Müllabfuhr und der Straßenreinigung. Auch weite Teile der Stadtwerke, die München Klinik, die Stadtsparkasse, der Kreisjugendring, die Städte, Gemeinden und Landratsämtern in den umliegenden Kreisen sowie die Bundeswehr und Behinderteneinrichtungen stehen auf der Streikliste.
Beim Jobcenter kam es bisher laut BR-Informationen kaum zu Beeinträchtigungen, es herrsche fast Normalbetrieb. Nach derzeitigen Erkenntnissen sorgte der Warnstreik nicht für große Beeinträchtigungen oder gar Chaos in der Landeshauptstadt. Beamtinnen und Beamten, die nicht streiken dürfen, hielten beispielsweise die Stellung in Behörden.
Öffentlicher Nahverkehr nicht betroffen
Der öffentliche Nahverkehr ist nicht betroffen. Hier haben die Beschäftigten mit dem Angebot der Münchner Verkehrsgesellschaft, in Zukunft den Flächentarifvertrag zu übernehmen, bereits einen Teil ihrer Ziele erreicht.
Medizinische Versorgung in Region Ingolstadt eingeschränkt
Auch in der Region Ingolstadt rechnet Verdi am Dienstag mit einer hohen Beteiligung am Warnstreik. "Wir gehen von rund 800 Streikenden aus", teilt Verdi-Bezirksgeschäftsführerin Claudia Scheck dem BR mit. Im Fokus steht diesmal das Klinikum in Ingolstadt. Der Warnstreik beginnt mit dem Frühdienst um 6 Uhr und endet mit dem Ende des Nachtdienstes am Morgen des 22. März.
Dadurch sind deutliche Einschränkungen in der medizinischen Versorgung zu erwarten. Planbare Operationen werden am 21. März abgesagt. Notfälle würden natürlich behandelt. Das Klinikum bittet die Bevölkerung, nur im Notfall in die Klinik für Akut- und Notfallmedizin zu kommen, um die beschränkten Kapazitäten für wirklich schwer Erkrankte vorhalten zu können.
Auch die Kliniken im Naturpark Altmühltal in Eichstätt und Kösching sind vom Streik betroffen – allerdings rechnet Verdi hier nicht mit einer großen Beteiligung. Außerdem werden auch Kitas in der Region um Ingolstadt bestreikt. Dabei rechnen die Stadt und Verdi mit einer ähnlichen Beteiligung wie beim Streik am 8. März. Damals blieben nahezu alle städtischen Einrichtungen geschlossen. Betroffen sind auch die Stadtwerke Ingolstadt. Geschlossen sind deshalb am Dienstag die Bäder und die Eishallen. Der Verdi Bezirk Ingolstadt nimmt an der Kundgebung in Regensburg teil.
Der Warnstreik kann auch in Dachau zu Einschränkungen im öffentlichen Personennahverkehr und im Bäderbetrieb der Stadtwerke Dachau sowie bei der Kinderbetreuung und sonstigen Leistungen der Stadtverwaltung führen. Möglich sind nach Angaben der Stadtwerke Einschränkungen oder komplette Schließungen.
Streiks auch hier: Kultur in Nürnberg, Nahverkehr in Würzburg
Um den Druck auf die Arbeitgeberseite zu erhöhen, kommt es auch in Franken zu 48-Stunden-Warnstreiks im öffentlichen Dienst. In Nürnberg werden am Mittwoch die städtischen Bäder ganztägig geschlossen sein. Im Filmhaus und Künstlerhaus im "KunstKulturQuartier" finden am Mittwoch keine Veranstaltungen und Filmvorführungen statt. Die Stadtverwaltung Nürnberg rät ihren Bürgerinnen und Bürgern, sich vor dem Besuch einer kommunalen Kultureinrichtung im Internet zu informieren, ob diese von dem Streik betroffen ist.
In Oberfranken sind Stadt und Stadtwerke Bayreuth und Kulmbach sowie die Städte Pegnitz und Pottenstein vom Streik betroffen. Neben Bayreuth wird es auch in Bamberg und Forchheim am Mittwoch Ausfälle und Einschränkungen bei der Müllabfuhr geben. Außerdem wird es durch die Streiks im Busverkehr in Bayreuth zu Einschränkungen und Ausfällen kommen.
Das Zentrum der Streiks in Unterfranken ist heute die Region um Schweinfurt. Dort werden etwa das Schweinfurter Leopoldina-Krankenhaus und das Bezirkskrankenhaus Werneck bestreikt. In der Stadt Schweinfurt wird es unter anderem zu Einschränkungen im Busverkehr kommen, auch bei der Müllabfuhr kommt es zu Unregelmäßigkeiten. Die gibt es auch in Würzburg, wo am Dienstag ebenfalls die Stadtreiniger streiken.
Obwohl der große Streiktag in der Region Würzburg erst am Mittwoch ansteht, gab es erste Einschränkungen auch schon am Dienstag. Da die Stadtreiniger streikten, wurden bereits am Dienstag in der Würzburger Altstadt etwa keine Biotonnen geleert, auch andere Müllabfuhren im Stadtgebiet erfolgten nicht oder nur teilweise.
Bereits ab Dienstag sind zudem die Beschäftigten aller Kliniken in Mittelfranken zum Warnstreik aufgerufen. Lediglich die Regiomed-Klinik Ansbach ist davon ausgenommen. Sie wird am 22. und 23. März bestreikt. Die Mitarbeiter des Nürnberger Jugendamtes werden ebenfalls am 22. und 23. März die Arbeit niederlegen. Der Allgemeine Sozialdienst sowie die Kinderschutz-Hotline (09 11 / 2 31-33 33) sollen aber uneingeschränkt erreichbar bleiben.
Einschränkungen durch Streiks auch in der Oberpfalz
Auch in der Oberpfalz sind die Beschäftigten von Bund und Kommunen zu Warnstreiks aufgerufen. Betroffen sind etwa Sozial- und Erziehungsdienste im Raum Regensburg. Es soll zu Einschränkungen oder Schließungen in Kitas, Horten und Mittagsbetreuungen kommen. Seitens der Stadt Regensburg wurden Vorkehrungen getroffen, um die Betreuung der Kinder in städtischen Kitas soweit wie möglich sicherzustellen.
Zum Warnstreik aufgerufen sind auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regensburger Verwaltung. Zwar kann die Stadt Regensburg nach eigenen Angaben nicht abschätzen, wie viele sich beteiligen, geht aber davon aus, dass es in den Dienststellen zu Einschränkungen kommen wird und dass auch die städtische Müllabfuhr und der städtische Recyclinghof vom Ausstand betroffen sind. Die Stadtwerke rechnen mit massiven Auswirkungen auf den Busverkehr. Zudem werden die Donau-Arena und die Bäder geschlossen bleiben.
Warnstreiks im Raum Straubing und Passau
Im Großraum Straubing sind Ämter und Kommunalbetriebe bestreikt worden. Nach Angaben von Verdi gab es Warnstreiks in der Stadtverwaltung von Straubing und am Landratsamt des Landkreises Straubing-Bogen. Außerdem hätten sich Beschäftigte bei den Stadtwerken Straubing und beim Hafen Straubing-Sand an den Arbeitskampfmaßnahmen beteiligt. In Bogen gab es einen Warnstreik bei der Bundeswehrverwaltung. Dort beteiligten sich am Vormittag nach Gewerkschaftsangaben rund 200 Kolleginnen und Kollegen an einer zentralen Kundgebung.
Am Mittwoch sollen unter anderem die Stadtverwaltung, das Landratsamt und die Sparkasse in Passau bestreikt werden, außerdem die Kommunalverwaltungen von Hauzenberg, Waldkirchen und Hengersberg. Die Mitarbeitenden am Klinikum Passau sind am Mittwoch und am Donnerstag zu Warnstreiks aufgerufen. Am Mittwochvormittag soll Verdi zufolge in Passau ab 9 Uhr demonstriert werden. Für 10 Uhr hat die Gewerkschaft eine Kundgebung vor dem Passauer Rathaus angemeldet.
Warnstreiks in Krankenhäusern: In München und ganz Bayern
Gestreikt werden soll auch im Gesundheitswesen: etwa an den Standorten der München-Klinik, des Isar-Amper-Klinikums in Haar, München und Fürstenfeldbruck und der Helios Amper-Klinik in Dachau und Indersdorf. Hier sind insbesondere die Pflegekräfte, Therapeutinnen und der Patientenfahrdienst zum Streik aufgerufen.
Wie zuletzt schon sollen sich auch Mitarbeiter der Medbo in Regensburg und der Kliniken Nordoberpfalz an dem Warnstreik beteiligen. Dort wurden Notfallvereinbarungen getroffen. Auch die Beschäftigten des Klinikums Bayreuth sind zum Streik aufgerufen.
Auch das Klinikum Fürth, der Nürnberg-Stift, die Krankenhäuser Schwabach, Roth, Nürnberger Land und des Landkreises Bad Windsheim, die Dr. Erler Kliniken sowie das Klinikum Nürnberg und die Servicegesellschaft KNSG werden heute und am Mittwoch ganztags bestreikt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirkskliniken Mittelfranken und des Klinikverbunds ANRegiomed gehen einen Tag später in den 48-Stunden-Warnstreik - am Mittwoch und Donnerstag.
Warnstreiks in Augsburg
Für heute sind in städtischen Kitas in Augsburg Warnstreiks angekündigt. Auch am Mittwoch sind Aktionen geplant. Laut Verdi treffen sich Mitarbeitende des Abfallwirtschafts- und Straßenreinigungsbetriebs, des Baureferats, der Abfallverwertungsanlage, der Stadtentwässerung und der Stadtwerke Augsburg am Vormittag auf dem Plärrer zu einer Demonstration.
Flughafen München: Längere Wartezeiten am Donnerstag
Unterdessen droht zudem noch in dieser Woche für Reisende am Flughafen München neuer Ärger. Verdi ruft die Beschäftigten der Sicherheitsgesellschaft am Donnerstag zu einem sechsstündigen Streik auf. Der Streik soll von 8 bis 14 Uhr dauern. Wegen des Streiks sei mit längeren Wartezeiten zu rechnen, teilte die Gewerkschaft mit. Passagiere sollten dementsprechend früher zum Flughafen kommen. Mit Flugausfällen rechne man nicht.
Im Bayern laufen aktuell mehrere Tarifkonflikte parallel. Im öffentlichen Nahverkehr gibt es zwar gleichlautende Forderungen wie im öffentlichen Dienst, die Verhandlungen sind aber separat.
Verdi fordert 10,5 Prozent mehr Lohn
Die Gewerkschaft Verdi fordert für die Beschäftigten von Bund und Kommunen 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. In der letzten Verhandlungsrunde haben die Arbeitgeber schrittweise fünf Prozent mehr Lohn angeboten – bei einer Gesamtlaufzeit von 27 Monaten, dazu eine Einmalzahlung von 2.500 Euro. In der kommenden Woche gehen die Tarifverhandlungen in die nächste Runde.
Ein Tarifabschluss von zehn Prozent mehr Lohn für die Angestellten im öffentlichen Dienst könnte ein weiteres Auseinanderdriften der Gesellschaft verhindern, sagte die bayerische Landesbezirksleiterin von Verdi, Luise Klemens, im "Tagesgespräch" auf Bayern 2. "Während der Pandemie haben wir eine große Umverteilung erlebt: Menschen mit sehr hohen Einkommen, mit sehr hohen Gewinnen und Rücklagen sind reicher geworden, viele andere sind ärmer geworden, und das zerreißt die Gesellschaft." Deshalb brauche es jetzt einen guten Abschluss. Geld sei genug da, denn auch die Einnahmen der Kommunen seien in den vergangenen Jahren gestiegen.
Dagegen sagte Uwe Brandl, der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds sowie Bürgermeister von Abensberg im Kreis Kelheim, dass die Kommunen knapp bei Kasse seien, weil die Aufgaben immer mehr werden würden. Für Brandl wäre ein Lohnabschluss über einen längerfristigen Zeitraum von großem Interesse. "Jeder Prozentpunkt Lohnerhöhung in Bayern bedeutet 150 Millionen Euro mehr Belastung." Bundesweit lägen die Kosten bei elf Milliarden insgesamt für den Deutschen Städte- und Gemeindebund.

Streik vor dem Arbeitsamt in München.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!