Amy Gutmann in Feuchtwangen.
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Amy Gutmann (Mitte) besucht Feuchtwangen - dort wurden Stolpersteine für ihre Familie verlegt.

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Stolpersteine in Feuchtwangen: US-Botschafterin gedenkt Familie

Die US-Botschafterin Amy Gutmann hat Westmittelfranken besucht, um bei der Verlegung von Stolpersteinen für ihre jüdische Familie dabei zu sein. Bis Ende der 1930er Jahre betrieben ihre Großeltern in Feuchtwangen ein Bekleidungsgeschäft.

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Im Beisein der US-Botschafterin Amy Gutmann wurden am Dienstagmorgen acht Stolpersteine für ihre Familie vor einem Haus in der Feuchtwanger Altstadt verlegt. Die jüdischen Großeltern und der Vater der Botschafterin hatten hier gelebt, bis sie die Stadt 1937 wegen Ausschreitungen verlassen mussten.

"Wir können die Vergangenheit nicht ungeschehen machen, aber Tribut zahlen", sagte die 73-Jährige am Rande der Stolpersteinverlegung, die sie sichtlich rührte. Die acht goldenen Steine wurden vor einem Haus in der Altstadt verlegt, in dem heute unter anderem eine Buchhandlung ist. In den selben Räumen haben früher den Großeltern der US-Botschafterin ein Geschäft für Bekleidung und Tuchwaren betrieben, darüber lebten sie mit dem Vater der Botschafterin, Kurt Gutmann.

Familie wurde vor dem Zweiten Weltkrieg vertrieben

1937 verließ die Familie Gutmann im Zuge großer Ausschreitungen die Stadt. Damals war ihr Vater noch nicht volljährig. Diese Ausschreitungen im Dezember 1937 hatten das Ziel, die letzten verbliebenen jüdischen Familien aus Feuchtwangen zu vertreiben, erklärt Uta Karrer. Danach zog es die Familie nach Indien, bevor es weiter in die USA ging. Die acht Stolpersteine für die Familie Gutmann plus weitere fünf für die Familie Neumann, eine zweite jüdische Feuchtwanger Familie, sind die ersten, die in der Stadt überhaupt verlegt werden. Dabei hat Feuchtwangen eine über 800 Jahre andauernde Geschichte zu jüdischem Leben, so Museumsleiterin Uta Karrer. So haben diese ersten Stolpersteine eine hohe Bedeutung für die Stadt. Für die Zeremonie reisen 13 Angehörige aus Israel und den USA an.

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Stolpersteine für die Familie Gutmann aus Feuchtwangen.

Erster Besuch vor einem Jahr

Erst im vergangenen Jahr war US-Botschafterin Amy Gutmann das erste Mal in Feuchtwangen, um das Haus ihrer Familie zu besuchen, das heute eine Buchhandlung ist. Der Kontakt wurde dabei über den Neffen der Geschäftsführerin Marliese Sommer-Plachki hergestellt. Dieser studierte nämlich in Pennsylvania an der Uni, wo Amy Gutmann vor ihrer Zeit als US-Botschafterin Kanzlerin war. Als er in ihrem Lebenslauf las, dass sie Vorfahren aus Feuchtwangen hat, recherchierte er weiter, erzählt Michael Sommer, der Stiefsohn von Sommer-Plachki. Dabei kam heraus, dass Amy Gutmanns Großeltern und ihr Vater in dem Haus gelebt haben, das die Familie Sommer seit 1996 angemietet hat.

Bei weiteren Recherchen tauchte auch ein Bild auf, das das Haus mit dem Namensschriftzug "Abraham Gutmann" zeigt. Bei dem Besuch der Botschafterin im vergangenen Jahr konnte Familie Sommer Amy Gutmann sogar eine alte Postkarte aus dem Jahr 1911 überreichen, die ihre Großmutter an eine Freundin gesendet hatte. Sie zeigte sich sichtlich gerührt und war begeistert und bewegt, als sie durch das ehemalige Haus ihrer Familie ging, erinnert sich Michael Sommer an ihren ersten Besuch.

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Das ehemalige Geschäft von den Großeltern der US-Botschafterin ist heute eine Buchhandlung in Feuchtwangen.

Postkarte und Fotos auch im Museum

Uta Karrer, Leiterin des Fränkischen Museums Feuchtwangen, hat sich viel mit der Geschichte der Familie Gutmann und anderer jüdischer Familien in der Stadt beschäftigt. Immerhin gibt es seit über 800 Jahren jüdisches Leben in der kleinen mittelfränkischen Stadt. So zeigt das Museum auch die Postkarte, die Amy Gutmanns Großmutter Amalie einst ihrer Freundin schickte, um sie auf die Mooswiese einzuladen – dem auch heute noch größten Fest des Jahres in Feuchtwangen. Außerdem werden ehemalige Werbeanzeigen für das Bekleidungsgeschäft ausgestellt und Belege, die die Wohltätigkeit der Familie oder den Großvater im Turnverein zeigen.

Onkel im Widerstand

Manfred Gutmann, der Onkel der US-Botschafterin, hat mit Vater Abraham das Geschäft geleitet. Museumsleiterin Uta Karrer liegen Quellen vor, die zeigen, dass dieser im "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" aktiv war. Manfred Gutmann war also im Widerstand gegen die Nationalsozialisten. Deswegen war er auch mehrfach inhaftiert worden – zu Unrecht, erklärt Uta Karrer. Die erste Festnahme war 1933, die zweite 1937 bei den großen Ausschreitungen in Feuchtwangen. Der Grund, warum die Familie letztendlich Feuchtwangen verließ.

Video: Stolpersteine in Feuchtwangen: US-Botschafterin gedenkt Familie

US-Botschafterin Amy Gutmann im Interview.
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Amy Gutmann

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