Herlinde Koelbl stellt im Augsburger H2-Zentrum für Gegenwartskunst ihre neuesten Fotografien aus.
Bildrechte: Barbara Leinfelder/BR

Herlinde Koelbl stellt im Augsburger H2-Zentrum für Gegenwartskunst ihre neuesten Fotografien aus.

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Starfotografin Herlinde Koelbl erfindet sich neu - in Augsburg

Foto-Kunst im Augsburger Glaspalast: Herlinde Koelbl, eine der bedeutendsten deutschen Portraitfotografinnen, zeigt dort im städtischen Museum H2 erstmals ihre Naturfotografie - "Metamorphosen", so lautet der Titel.

Herlinde Koelbl gilt als die Grande Dame der deutschen Fotografie. Geboren im schwäbischen Lindau, ist die Frau mit den eigenwilligen roten Locken international bekannt geworden - etwa durch ihre Politiker-Portraits. Alt-Kanzlerin Angela Merkel hat sie über Jahre hinweg immer wieder fotografiert, ganz nüchtern und klassisch in Schwarz-Weiß. Ebenso Gerhard Schröder oder Joschka Fischer.

Vom Menschen zur Natur

In ihrer aktuellen Schau in Augsburg widmet sich die über 80-jährige Künstlerin jetzt nicht mehr den Menschen, sondern der Natur, in all ihren Farben und Formen. Gesammelt hat sie dafür schon an die zehn Jahre, sagt sie: "Ich hab die Welt für viele Projekte bereist, und ich habe natürlich neben den Menschen immer auch mein zweites Auge auf die Natur gesetzt. Und somit sind Bilder aus ganz, ganz vielen Ländern dabei. Und ich war im November erst für eine Ausstellungseröffnung in Japan, und habe dort auch auch wieder wunderschöne Motive entdeckt, somit ist es auch etwas sehr Weltüberspannendes hier."

Allegorie des Lebens: Zarte Blätter und welke Blütenknospen

"Metamorphosen“, Verwandlungen, so lautet der Titel der Schau. Vordergründig sind Blumen, Blattwerk, Früchte zu sehen, 120 farbstrotzende Fotografien wunderschöner Gebilde der Natur. Herlinde Koelbls Blick aber liegt wieder auf dem, was sich verändert - im Zyklus eines Lebens. Verwelkende Blütenköpfe, so nah aufgenommen, dass sie strahlen wie ein tropischer Sonnenaufgang, angetrocknete Blätter mit hauchzarten Punktierungen, die aussehen wie feinste Häkelspitze, schlaffe Gräser, die wirken, als müssten sie sich nur kurz ausruhen, die man am liebsten mit der Hand umfangen und stützen möchte: "Wenn der Strauß, der wunderbar war, wenn der sozusagen alles hängen lässt, dann entsteht etwas Neues. Das sieht man hier in den Bildern, wenn die Natur nicht nur Sommer zeigt."

Keine Filter bitte!

Bei Herlinde Koelbl besitzt sogar ein schwarz verrunzelter, unterm Schnee liegen gebliebener Apfel Schönheit und Anmut. Es ist eigener, ein anderer Blick, den Koelbl den Dingen widmet. Sie bettet sie ein ins große Ganze, in den Kreislauf des Lebens. Betrachten müssten Menschen wieder lernen, sagt sie: Die Langsamkeit des Schauens, des Erkennens zulassen. "Ich suche das richtige Motiv. Das sind die Originalaufnahmen, das sind auch keine Ausschnitte, es sind auch keine mit Filter bearbeitet, sondern so, wie ich sie in den verschiedenen Situationen aufgenommen habe."

Start der Schau in Augsburg

Für Ausstellungsleiter Thomas Elsen vom H2-Zentrum für Gegenwartskunst der Stadt Augsburg ist die Schau, die jetzt erstmals gezeigt wird, allein schon aufgrund der Vielzahl der Motive etwas Besonderes. "Diese Thematik der Metamorphose, der Veränderung, Neuanfang - das sind ja alles Dinge, die in ihrem fotografischen Werk insgesamt schon angelegt war, indem sie Menschen ganz lang begleitet, beobachtet und dokumentiert hat. Wirklich eine Ehre, dass wir als erste Institution auch eine so umfangreiche Museumsschau mit diesem Projekt hier machen dürfen."

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Eine Tulpe in voller Blüte - und mannshohem Großformat. Herlinde Koelbl arbeitet mit Makroaufnahmen und verzichtet auf jegliche Filter.

Arbeit ja, Ruhestand nein

Über 80 Jahre alt ist sie jetzt, die Frau mit dem großartigen, verschmitzten Lächeln, eigentlich müsste sie ihre schwere Erkältung auskurieren, doch die Eröffnung der Ausstellung abzusagen, kommt nicht in Frage. Da blitzt bei der in Lindau geborenen und aufgewachsenen Koelbl vielleicht ein Stück schwäbisch geprägtes Arbeits-Ethos durch. Faul auf dem Sofa zu sitzen, das sei nun mal nichts für sie. "Ich glaube, eine Künstlerin setzt sich nie wirklich zur Ruhe, weil es eine wirkliche Lust ist, ein Muss ist, etwas Kreatives zu schaffen, da gibt es kein Rentenalter". Picasso hätte schließlich auch bis ins hohe Alter gemalt, und den habe man nie gefragt, "ob er jetzt nicht mal in Rente gehen wollte".

Foto-Ausstellung bis April in Augsburg

Die Schau "Metamorphosen - Werden, Entstehen, Vergehen" von Herlinde Koelbl ist bis April zu sehen im Augsburger Glaspalast, im H2-Zentrum für Moderne Gegenwartskunst. Im Januar erscheint dazu auch ein Fotoband im Steidl-Verlag.

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