Der Rechnungshof warnte schon vor fünf Jahren vor gewaltigen Problemen beim Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke - doch von der Staatsregierung war zum Thema damals wenig zu hören. Ein Bahnsprecher versicherte im BR zum Jahrestag des Baubeginns 2018, alles sei im Zeit- und Kostenplan. Im Infozentrum hinter dem Rathaus verteilten Bahnmitarbeiter währenddessen "Maulwurfkuchen".
Inzwischen ist klar: Das Bauprojekt wird die Sieben-Milliarden-Grenze reißen, und statt bis 2026 oder 2028 müssen wir wohl auf das Jahr 2037 warten, damit der Münchner Nahverkehr spürbar entlastet wird.
Alles anders - und keiner dran schuld?
Bei der Frage nach der Verantwortung deuten Freistaat, Bund und Bahn bisher meist auf die jeweils anderen Beteiligten. Der Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags soll Licht ins Dunkel der unterirdischen Planungen bringen. Dazu wird er eine Reihe hochrangiger Zeugen laden, wie jetzt bekannt wurde - darunter Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) sowie amtierende und ehemalige Minister der Staats- und Bundesregierung.
Im Zeugenstand: Söder, Scheuer, Schreyer
Aus der derzeitigen Staatsregierung werden neben Söder Verkehrsminister Christian Bernreiter, Finanzminister Albert Füracker und Staatskanzleichef Florian Herrmann (alle CSU) herbeizitiert, wie der Ausschussvorsitzende Bernhard Pohl (Freie Wähler) am Ende der Sitzung des Ausschusses im Landtag zusammenfasste.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sowie sein Vorgänger Andreas Scheuer (CSU) werden ebenfalls in den Ausschuss geladen, zudem die ehemaligen bayerischen Verkehrsminister Kerstin Schreyer und Hans Reichhart (alle CSU). Auf der Zeugenliste stehen auch der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sowie Bahnchef Richard Lutz und sein Vorgänger Ronald Pofalla.
💡 Der Untersuchungsausschuss Stammstrecke
Der elfköpfige Untersuchungsausschuss will das Debakel beim Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in der Landeshauptstadt unter die Lupe nehmen. Beim derzeit größten Infrastrukturprojekt des Freistaats soll eine zweite Tunnelröhre durch die Münchner Innenstadt die bisherige S-Bahn-Strecke entlasten. Das 1972 eröffnete S-Bahn-Netz war damals auf 240.000 Fahrgäste pro Werktag ausgerichtet; mittlerweile sind es rund 950.000. Da sämtliche Linien durch dieselbe Tunnelröhre fahren, kommt es oft zu Störungen, mitunter steht alles still. Nach aktuellem Stand soll die Entlastungsstrecke frühestens Mitte der 30er-Jahre fertig und statt 3,85 gut sieben Milliarden Euro teuer werden.
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