Jesuitenpater Jörg Alt (sitzend rechts) blockiert am 28. Oktober 2022 zusammen mit anderen Klimaaktivsten von Scientist Rebellion eine Fahrbahn am Stachus.
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Jesuitenpater Jörg Alt (sitzend rechts) blockierte am 28. Oktober 2022 zusammen mit anderen Klimaaktivsten eine Fahrbahn am Stachus.

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Stachusblockade: Klimaaktivist und Jesuitenpater Alt vor Gericht

Der Nürnberger Jesuitenpater Jörg Alt und zwei weitere Klimaaktivisten der Gruppe "Scientist Rebellion" stehen im Mai in München wegen Nötigung vor Gericht. Zusammen mit anderen hatten sie im vergangenen Oktober eine Straße am Stachus blockiert.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Die Straßenblockade von "Scientist Rebellion" am 28. Oktober des vergangenen Jahres in München hat nun für drei Aktivisten ein juristisches Nachspiel. Der Nürnberger Jesuitenpater und Sozialethiker Jörg Alt, die Ökotrophologin Cornelia Huth und der Geoökologie-Student Luca Thomas müssen sich am 3. Mai am Amtsgericht verantworten. Zusammen mit anderen hatten sie bei der Aktion "100 Sekunden vor 12 Uhr" eine Fahrbahn vor dem Justizpalast am Stachus für rund eineinhalb Stunden blockiert. Verhandelt werde daher der Straftatbestand der Nötigung, teilten der Jesuitenpater und seine Mitangeklagten am Donnerstag mit.

  • Zum Artikel "Polizei beendet Protestaktion von Scientist Rebellion am Stachus"

Alt verteidigte in einer Stellungnahme sein Handeln: "Wir blockieren Straßen, weil uns die politischen Blockaden beim Klimaschutz dazu nötigen." Jesuiten aus dem Globalen Süden schlügen bereits seit Jahren Alarm, dass die Klimakatastrophe dort in vollem Gange sei. Menschen stürben, litten und würden heimatlos. Diese Entwicklungen würden mit 99,9-prozentiger Sicherheit dramatisch zunehmen. Noch hätten es die Menschen in der Hand, Katastrophen unvorstellbaren Ausmaßes zu verhindern oder wenigstens abzuschwächen.

Alt: Teilnahme an Aktionen "moralisch geboten"

Nach den Worten von Alt ist es ihm mit herkömmlichen Mitteln nicht gelungen, Wissen um die Handlungsnotwendigkeit und Dringlichkeit in Gesellschaft und Politik zu verankern. Deshalb sei für ihn die Teilnahme an angekündigten und friedlichen, aber nicht ignorierbaren Aktionen zivilen Widerstands "moralisch geboten, gerechtfertigt und in vielerlei Hinsicht alternativlos".

Neben seinem Kampf fürs Klima setzt sich der Geistliche seit einiger Zeit auch dafür ein, dass das "Containern", also das Retten von weggeworfenen, aber noch essbaren Lebensmitteln aus Supermärkten, nicht mehr unter Strafe gestellt wird.

Appell an die Gerichte

Huth ergänzte, die enorm bedrohliche Erderhitzung, auf die man zusteuere, werde mit der menschlichen Zivilisation nicht vereinbar sein. "Wir befinden uns in einem Klima-Notstand, der von den Gerichten als Rechtfertigung für gewaltfreien Widerstand anerkannt werden könnte." Leider setzten sich aber die Gerichte in den meisten Klimaprotest-Prozessen nicht adäquat mit der Thematik auseinander. Sie verschlössen die Augen vor den Fakten.

Mit jeder Entscheidung steuere die Politik weiter mit voller Fahrt auf die Klimakatastrophe zu, mahnte Thomas. Er habe deshalb Angst davor, wie die Zukunft in 50 Jahren für ihn aussehen könnte und erst recht für noch kommende Generationen. Da andere Aktionsformen nicht bewirkt hätten, dass die Bundesregierung endlich handle, "habe ich mich aus Verzweiflung an der Aktion beteiligt", erklärte der Student.

Aktion zeitgleich mit Auftakt des CSU-Parteitags

Bis zu 20 Aktivisten hatten bei der Aktion, die um "100 Sekunden vor 12 Uhr" begann, die Straße blockiert, zwei Demonstranten klebten sich fest. Zunächst hatten die Aktivisten ihre Forderungen an der Poststelle des Justizpalastes übergeben. Vor dem Justizpalast demonstrierten sie mit Transparenten mit Texten wie: "Das Problem sind wir" und "Klima schützen ist kein Verbrechen". Die Klimaaktivisten hatten als Zeitpunkt bewusst den gleichzeitigen Beginn des CSU-Parteitags in Augsburg gewählt.

"Scientist Rebellion" ist nach eigenen Angaben eine internationale Bewegung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus mehr als 32 Ländern, die über die Klima- und Umweltkrise besorgt sind. Sie sind mit den Maßnahmen der Politik unzufrieden und greifen daher zu Mitteln des zivilen Ungehorsams und Widerstands.

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