Mit 800.000 Euro unterstützt der Freistaat die Förderung innovativer Gesundheitsprojekte am Universitäts-Klinikum Erlangen, darunter den Kampf gegen das Chronische Fatigue-Syndrom. Auf dem übergroßen Scheck stand allerdings prominent das Logo der Landtags-CSU und die Unterschrift von CSU-Fraktions-Chef Thomas Kreuzer. Überreicht hat ihn der CSU-Landtagsabgeordnete und Gesundheitsausschuss-Vorsitzende Bernhard Seidenath (CSU) am 31. März, persönlich an Vertreter der Friedrich-Alexander-Universität. Das war noch bevor der Landtag den Staatshaushalt 2022 überhaupt beraten und verabschiedet hatte.
Die SPD-Fraktion im Landtag kritisiert das Vorgehen. Denn zum Zeitpunkt der Übergabe waren die Mittel aus dem Bayerischen Staatshauhalt noch nicht bewilligt. Das geschah erst zwischen dem 5. bis 7. April im Landtag, darauf weist die SPD-Fraktion in einer Pressemitteilung hin. "Bislang ist vollkommen unklar, ob es sich bei dieser Fördersumme nun um Mittel aus dem Staatshaushalt handelt, oder ob die CSU ihre eigene Fraktionskasse bemüht hat", fragt die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Ruth Waldmann.
Fraktionsinitiativen: 60 Mio. Euro für besondere Projekte
Tatsächlich wird das Geld im Rahmen der sogenannten Fraktionsinitiativen bereitgestellt. Jedes Jahr umfasst der bayerische Haushalt einen zweistelligen Milliardenbetrag. Der Großteil geht an die einzelnen Fachministerien. Über einen kleineren Teil dürfen die Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern (FW) bestimmen, das letzte Wort hat jedoch der Landtag.
Mit dem Geld können die Abgeordneten von FW und CSU etwa in ihren Stimmkreisen eigene finanzpolitische Akzente setzen. Heuer sind das 60 Millionen Euro. Bei einer Pressekonferenz am 9. Februar gaben die Fraktionsvorsitzenden von CSU und FW bekannt, wie das Geld verteilt wird, an mehr als 150 Projekte und Einrichtungen.
Scharfe Kritik auch von Seiten der FDP
Dass die Gelder schon vor den parlamentarischen Haushaltsberatungen und der Abstimmung im Landtag verteilt werden kritisierte auch der finanz- und haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Helmut Kaltenhauser scharf. Er warf den Regierungsfraktionen Missachtung der verfassungsrechtlich festgelegten Aufgaben des Parlaments vor.
Die Ignoranz der Regierungsfraktionen gegenüber dem Bayerischen Landtag bezeichnete er als untragbar: "Der Staatshaushalt 2022 wurde noch nicht einmal beraten, geschweige denn offiziell verabschiedet. Und trotzdem werfen Abgeordnete beider Parteien medienwirksam in ihren Stimm- und Wahlkreisen mit zum Teil sechsstelligen Euro-Beträgen um sich."
Uni-Erlangen forscht gegen Erschöpfungs-Syndrom
Auf Initiative des CSU-Gesundheitspolitikers Seidenath wird auch die Uni-Klinik Erlangen gefördert. Konkret gehen die 800.000 Euro an ein Forschungsprojekt zugunsten von Menschen, die an Myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS) leiden.
Die Ursachen und der Mechanismus der chronischen Erkrankung sind bis heute nicht geklärt. Mit weiteren 550 000 Euro wird die praktische Ausbildung von medizinischem Personal an der Erlanger Universität gefördert.
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SPD: "CSU-Fraktion instrumentalisiert staatliche Vorgänge"
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Waldmann, zweifelt nicht, dass diese Förderung sinnvoll ist. Sie stößt sich daran, dass auf dem Scheck das Logo der CSU-Fraktion mit der Unterschrift des Fraktionsvorsitzenden Kreuzer zu sehen ist: "Die Erforschung der chronischen Fatigue ME/CFS ist wichtig. Aber es ist schäbig und nicht im Dienst der Sache, Steuermittel als CSU-Spende auszugeben, um sich selbst ins Licht zu rücken."
Und Harald Güller, Mitglied im Haushaltsausschuss, ergänzt: "Sollte es sich um vorab ausgereichte Haushaltsmittel handeln, instrumentalisiert die CSU-Fraktion ganz klar staatliche Vorgänge für ihre Selbstdarstellung!" Waldmann fordert deshalb Aufklärung. Denn letztlich habe Seidenath den Scheck in seiner offiziellen Funktion übergeben, und dies suggeriere eine klare Vermischung von Staat und Partei, so die stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses.
Seidenath weist Kritik an Scheckübergabe zurück
Der Gesundheitspolitiker Seidenath weist auf BR-Nachfrage die Kritik der SPD zurück. Schließlich solle der Scheck lediglich deutlich machen, dass die CSU-Fraktion die Gelder beantragt habe. Die Mittel aus dem Staatshaushalt kämen den Betroffenen direkt zu Gute. Seiner Meinung nach sei kein falscher Eindruck entstanden: "Fakt ist, der Staatshaushalt setzt Schwerpunkte für schwerkranke Patientinnen und Patienten. Wir machen deutlich, dass es auf Veranlassung der CSU-Fraktion passiert ist."
Allerdings räumt Seidenath ein, dass man den Scheck vielleicht hätte weglassen können, schließlich gehe es ihm allein um die Sache.
Landtagsamt: Geldübergabe war korrekt
Auf BR-Nachfrage zur sachlichen und rechtlichen Einordnung des Vorgangs heißt es aus dem Bayerischen Landtag: "Dass die Summe auch im Vorgriff auf den Haushaltsbeschluss des Landtags übergeben wurde, ist ein korrekter Vorgang." Eine Bewertung der Modalitäten der Scheckübergabe ist dem Landtagsamt nicht möglich.
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