Fragt man SPD-Parteichef Lars Klingbeil nach seiner Meinung zur Ampel-Koalition, spricht er neben vielen Lobesworten den Streit in der Bundesregierung ganz selbstkritisch an: "Zur Wahrheit gehört, dass wir zu viel Streit hatten", erklärte er am Sonntags-Stammtisch im BR Fernsehen.
Der aktuelle Briefwechsel zwischen Wirtschaftsminister und Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) zum Bundeshaushalt ist für Klingbeil ein Beispiel dafür, dass der Streit "gerade weitergeht". Er sei fest davon überzeugt, dass man in einer Regierung auch streiten und diskutieren müsse: "Aber ich glaube, dass keiner der drei Parteien gewinnt, wenn wir nach außen streiten", so Klingbeil.
Der Streit in der Ampel sei vorprogrammiert gewesen, erklärte Politikwissenschaftlerin Ursula Münch am Sonntags-Stammtisch: "Das war keine Liebesheirat." Die relativ starken kleinen Koalitionspartner Grüne und FDP seien zusammen stärker als die Kanzlerpartei SPD. "Die sind sich uneinig, das wusste man vorher", sagte Münch.

Mit SPD-Chef Lars Klingbeil (2.v.l.) diskutierten Pfarrer Schießler (2.v.r.), Ursula Münch, Christian Neureuther und Moderator Hans Werner Kilz.
Klingbeil: "Diese Regierung hat im ersten Jahr wahnsinnig viel geleistet"
Trotz seiner Kritik fand Klingbeil auch lobende Worte für die Ampel-Koalition – insbesondere bei der inhaltlichen Arbeit. "Diese Regierung hat im ersten Jahr wahnsinnig viel geleistet. Wer hätte Mitte letzten Jahres gedacht, dass die Gasspeicher voll sind und dass wir die LNG-Terminals in 200 Tagen hochziehen?" Dass es zu keinen Massenprotesten auf der Straße gekommen ist, sei auf die Leistungen der Bundesregierung zurückzuführen, so Klingbeil.
Parteichef sieht Bayern-SPD für Landtagswahlkampf gerüstet
Ein weiteres Thema in der Diskussion am Sonntags-Stammtisch war der bayerische Landtagswahlkampf: "Ich sehe wichtige Indikatoren, dass ein guter Wahlkampf gelingen wird", erklärte Klingbeil. Dabei nannte er explizit den Spitzenkandidaten der bayerischen SPD, Florian von Brunn, der sich auf die Themen der politischen Mitte konzentriere. So auch die Frage nach ökonomischer Stärke: "Da hat Söder unglaublich viel falsch gemacht", kritisierte Klingbeil mit Blick auf die Energiewende.
Klingbeil kritisiert bayerische Energiepolitik
Für die Industrie sei die Energiewende gerade eines der wichtigsten Themen. "Da liegt Bayern einfach sehr weit hinten, weil man sich hier seit Jahren verweigert hat, den Kurs der erneuerbaren Energien zu gehen." Klingbeil, der im niedersächsischen Munster aufgewachsen ist und dort mittlerweile wieder lebt, sprach dabei die Bedeutung der LNG-Terminals für Norddeutschland an: "Wir werden in Norddeutschland massiv davon profitieren", sagte der SPD-Politiker. Er erlebe gerade viele Ansiedlungen von Industriestandorten im Norden – auch von Bayern weg.

Der Münchner Pfarrer Schießler hat die Zustimmung zu Waffenlieferungen für die Ukraine als "unglaubliche Belastung" für Christen bezeichnet.
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