Im Freistaat entstehen so viele Solarparks wie nirgends sonst in Deutschland. "Bayern ist Sonnenland und wir werden diesem Namen auch gerecht", sagt Energieminister Hubert Aiwanger (FW) stolz. Er verweist darauf, dass etwa 50 Prozent der bisher in Deutschland installierten Photovoltaik-Freiflächenanlagen in Bayern stehen.
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Staatregierung hat Weg für Solarparks auf Äckern geebnet
Die Grundlage dafür hat die Staatsregierung gelegt: Bayern war 2017 das erste Bundesland, das per Verordnung landwirtschaftliche Flächen für die Photovoltaik geöffnet hat. Zuvor waren Photovoltaik-Freiflächenanlagen nur entlang von Autobahnen und Bahnstrecken erlaubt, außerdem in Industriegebieten und auf sogenannten Konversionsflächen.
Die bayerische Verordnung sieht jedoch auch Einschränkungen vor. Bestes Ackerland ist generell tabu, und es gibt eine Mengenbegrenzung: Ursprünglich waren in Bayern 30 Solarparks jährlich auf Wiesen und Äckern erlaubt. Mitte 2019 hat die Staatsregierung das Kontingent mehr als verdoppelt, auf 70 Anlagen. Und seit 2020 dürfen sogar 200 Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen entstehen - noch einmal mehr als doppelt so viele wie vorher.
Wenn Solarinvestoren keine Subventionen wollen, dürfen sie mehr
Inzwischen haben weitere Länder ähnlich Verordnungen erlassen: Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, das Saarland, Niedersachsen und auch Sachsen-Anhalt. Zudem plant Sachsen-Anhalt eine ähnliche Regelung. Trotzdem kommt keines der anderen Bundesländer annähernd an die bayerische Zahl von Solarparks auf landwirtschaftlichem Boden heran.
Seit ein bis zwei Jahren kommt zudem ein weiterer Effekt dazu, der die Nachfrage nach Solarflächen steigen lässt: Große Solarparks produzieren den Strom inzwischen so billig, dass sie auf Subventionen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verzichten können. Angesichts der in den letzten Monaten unter anderem durch den Russland-Ukraine-Krieg gestiegenen Strompreise gilt das noch mehr.
Strom von der Freifläche ist billiger als vom Dach
Eigentlich gehören Photovoltaikanlagen vorrangig auf Dächer. Bei diesem Leitsatz sind sich so gut wie alle Seiten einig. Serafin von Roon von der Münchner Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) betrachtet das indes wissenschaftlich nüchtern. Aus seiner Sicht stören Solarpaneele auf Dächer weniger. Auch mache es den Hausbesitzern Spaß diese zu installieren. Andererseits sei Strom aus großen Solarparks nur halb so teuer wie Strom aus kleinen Dachanlagen.
"Wir brauchen beides", Dach und Freifläche, sagt Serafin von Roon: "Die richtig großen Mengen und auch die nötige Schnelligkeit beim Ausbau werden wir wahrscheinlich nur über die Freiflächen erreichen." Das sei jedoch kein Problem, denn nach den Analysen der FfE sei genug Platz dafür vorhanden. "Die Photovoltaik nutzt die Fläche sehr effizient", so von Roon. Nur ein Viertel der Fläche auf der heute Biogasmais wächst würde ausreichen, um genug Sonnenstrom für Deutschland zu ernten, rechnet der Wissenschaftler vor.
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Bauernverband will Vorrang für regionale Investoren
Auch die wichtigen Verbände aus Naturschutz und Landwirtschaft sind für Freiflächen-Photovoltaik. Allerdings nicht bedingungslos und überall.
Der Bayerische Bauernverband fordert, die Solarparks einigermaßen gleichmäßig übers Land zu verteilen und so zu verhindern, dass regionale Ballungen entstehen. Außerdem sollten Investoren aus der jeweiligen Gegend bei der Vergabe von Grundstücken Vorrang haben, sagt der Bauernverband. Diese Frage wird immer wichtiger: Aus vielen Rathäusern in Bayern ist zu hören, dass die Anfragen von überregional tätigen Unternehmen nach Grund und Boden für Solarparks immer zahlreicher werden. Weiter fordert der Bauernverband, die Fläche von Solarparks möglichst für die Landwirtschaft nutzbar zu halten, in sogenannten Agri-PV-Projekten.
Bund Naturschutz will landschaftliche Höhepunkte freihalten
Auch der Bund Naturschutz (BN) spricht sich prinzipiell für Freiflächen-Photovoltaik aus, er sieht darin ein "zentrales Element einer zukunftsfähigen Energieversorgung". Zwar benennt der BN auch Nachteile: Die Anlagen können in der Landschaft fremdartig wirken, und die Flächenkonkurrenz in der Landwirtschaft erhöhen. Die Vorteile überwiegen aus Sicht des BN jedoch: So könnten Photovoltaik-Freiflächenanlagen bei richtiger Planung und Pflege positiv auf die Artenvielfalt wirken und "wertvolle Trittsteine eines Biotopverbunds in der ausgeräumten Agrarlandschaft" sein. Naturschutzgebiete und markante Landschaftshöhepunkte sind nach Ansicht des Bund Naturschutz jedoch nicht geeignet für Solarparks.
Der Grünen-Landtagsabgeordnete Martin Stümpfig stellt klar: Große PV-Freiflächenanlagen seien für die Energiewende unverzichtbar. Letztlich müsse man die konkreten Projekte jedoch immer vor Ort und von Fall zu Fall abwägen. "Die Kommunen haben da den Hut auf", betont er, bei ihnen liegt die Planungshoheit. Und sie wüssten letztlich am besten, wo ein Solarpark hinpasst und wo nicht. Weil die möglichen Standorte für Photovoltaik viel zahlreicher sind als diejenigen für Windkraft, droht bisher in Bayern auch keine Knappheit an Flächen für Solarparks – obwohl umstrittene Projekte auch immer wieder abgelehnt werden.
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