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Das Display eines Smartphones mit dem Hinweis auf "WLAN im ICE"

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Söders Zehn-Punkte-Plan - Wann kommt WLAN in bayerische Züge?

Viel Spott musste sich Bayerns Finanzminister Söder für den Plan anhören, bis 2050 WLAN in bayerischen Zügen einzurichten. Als Reaktion auf den Netz-Spott korrigierte die CSU auf 2020. Doch auch diese Zahl ist offenbar falsch. Von Max Muth

Anfang der Woche herrschte auf Twitter mal wieder allgemeine Heiterkeit. Ziel des Spotts: Der künftige bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Bei der CSU-Klausur in Kloster Banz hatte Söder in der Woche zuvor einen 10-Punkte-Plan für Bayern vorgestellt, jetzt war der auch auf der Internetseite der CSU zu finden. Schwarz auf weiß konnten Interessierte dort von dem Plan Söders lesen, bis 2050 alle Bahnen und Busse in Bayern mit WLAN auszustatten. WLAN? Bis 2050? Eine humoristische Steilvorlage. Am häufigsten geteilt wurde dieser Tweet von Nutzer @sillium:

"Die CSU möchte WLAN im öffentlichen Nahverkehr bis 2050. Dabei ist völlig unklar, ob das Ziel, bis 2020 alle Postkutschen mit BTX und Videotext auszustatten, noch zu halten ist." Twitter-Nutzer @sillium

Schnelle Korrektur, aber trotzdem falsch

Schnell korrigierte sich die CSU, ebenfalls per Twitter. 2050 sei lediglich das Zeitfenster für die Angleichung der Tarifsysteme und der Netzpläne sowie die komplette Digitalisierung der Systeme. Der WLAN-Ausbau gehe selbstverständlich deutlich schneller und laufe bereits. Auch auf der Homepage der CSU wurde die Information angepasst. Jetzt steht dort:

"Der Ausbau von WLAN läuft bereits: Ziel ist es, bis zum Jahr 2020 insgesamt 20.000 Hotspots in allen Bussen und Regionalbahnen einzurichten." Punkt 4 des 10-Punkte-Plans der CSU

Doch auch diese Zahl ist offenbar mindestens missverständlich. Konkret stellt sich die Frage was mit "20.000 Hotspots in allen Bussen und Regionalbahnen" gemeint ist. Auf Nachfrage sagt ein CSU-Sprecher, die Zahl 20.000 beziehe sich auf das Programm "Bayern-WLAN".

Bayern-WLAN hat bisher kaum mit Bussen oder Bahnen zu tun

Das Programm, das vom WLAN-Zentrum in Straubing gemanagt wird, soll touristische Highlights, Schulen und Behördenstandorte mit WLAN zu versorgen. Und es läuft gut: Im Dezember wurde in Garmisch-Partenkirchen Hotspot Nummer 10.000 eingeweiht. Allein: Beim Bayern-WLAN ist das offizielle Ziel mittlerweile 40.000 Hotspots. Und: Mit Bahnen und Bussen hat das Programm bisher kaum zu tun.

Laut dem Bayerischen Finanzministerium laufen derzeit Pilotversuche in insgesamt 135 Bussen, die auch gut nachgefragt werden. Um flächendeckendes WLAN im Linienbusverkehr zu bekommen, müssen allerdings schätzungsweise 8.000 Busse ausgerüstet werden. Wie realistisch das bis 2020 umzusetzen ist, konnte im WLAN-Zentrum Straubing bisher niemand beantworten.

Stadtwerke wissen nichts von Söders ambitioniertem Ziel

Außerdem kann der Freistaat selbst nicht WLAN in Busse einbauen, das müssten die jeweiligen Betreiber tun, zumeist die Stadtwerke. Der Sprecher der Regensburger Stadtwerke, Martin Gottschalk, sagt, dass sein Unternehmen derzeit nicht plant, WLAN in Stadtbusse einzubauen. Damit sich das lohne, seien die Fahrgäste gar nicht lang genug unterwegs. Sollte der Ausbau seitens des Freistaats dennoch gewünscht sein, hält Gottschalk 2020 für ziemlich ambitioniert, aber möglicherweise machbar – ausreichende Fördermittel vorausgesetzt. Ähnlich sieht es in München aus, dort wird gerade in 10 Bussen getestet, ob die Fahrgäste das Angebot überhaupt nutzen. Am weitesten ist Augsburg: Dort wurden schon 2016 fast alle Verkehrsmittel mit WLAN ausgerüstet.

In aktuellen Bahn-Ausschreibungen steht WLAN nicht im Anforderungsprofil

Auch bei der Bahn ist es kompliziert: Zuständig für die Ausstattung der Züge im regionalen Bahnverkehr ist die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG): Barrierefreiheit, Komfort, Mindestgeschwindigkeit der Züge. All das legt die BEG in ihren Ausschreibungen fest. Auch WLAN könnte die BEG von den Bahnbetreibern fordern, allerdings nur bei neuen Ausschreibungen. Die Bayerische Regiobahn (BRB) etwa hat 2015 den Zuschlag für die Strecke zwischen München, Augsburg und Füssen bekommen. "Der Vertrag läuft bis 2030", sagt Presseprecher Christopher Raabe. "Von WLAN ist darin aber keine Rede." Und auch in aktuellen Ausschreibungen fehlt dieser Punkt.

Die BRB ist kein Einzelfall. Viele bestehende Verträge laufen bis Mitte der 20er Jahre. Um alle Betreiber dazu zu bringen bereits bis 2020 WLAN anzubieten, müsste die BEG nachverhandeln und etwa mit großzügigen Förderprogrammen Überzeugungsarbeit leisten.

2020 ist ähnlich unrealistisch wie 2050

Doch selbst wenn die Förderung vom Freistaat käme und alle Betreiber WLAN in ihre Züge einbauen würden, hieße das immer noch nicht, dass es auch funktioniert, weiß BRB-Pressesprecher Raabe. "Ich wohne in Augsburg und fahre häufig mit der Bahn nach München, da haben sie dann 15 Minuten lang gar kein Netz." Grund ist die mangelnde Netzabdeckung durch die Mobilfunkbetreiber.

Fazit: 2020 als Ziel für flächendeckendes WLAN in Bahnen und Bussen in Bayern scheint genauso unrealistisch wie 2050. Selbst wenn die BEG die Anforderungen für aktuelle Ausschreibungen ändert, dann wäre ein Großteil der bayerischen Züge erst etwa 2030 mit WLAN ausgerüstet. Ob WLAN dann überhaupt noch eine sinnvolle Technologie ist, bleibt abzuwarten.