Archivbild: Polizeireiter

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Söders umstrittener Ausbau der Polizei-Reiterstaffel

In seiner Regierungserklärung im April kündigte Ministerpräsident Markus Söder Reiterstaffeln für alle bayerischen Großstädte über 100.000 Einwohner an. Ein Vorhaben, das bei der Polizei auf geteiltes Echo stößt. Von Vera Cornette

Noch ist hier von Pferden nichts zu sehen, auf dem Gebiet der Bereitschaftspolizei Königsbrunn, südlich von Augsburg. Doch auf den saftig-grünen Wiesen könnte man sich schon vorstellen, dass hier mal 20 Pferde grasen.

Das Gelände wird als Standort für die Reiterstaffel der Augsburger Polizei gehandelt. Genauso gut könnten die Pferde aber auch knapp zehn Kilometer nördlich untergebracht werden: Nahe des Siebentischwalds in Augsburg.

Reiterstaffel - Pferde-Präsenz statt Polizeiauto

Unter anderem wo die Pferde eingestallt werden, darüber berät derzeit eine Arbeitsgruppe des Polizei-Präsidiums Schwaben Nord, erklärt der Augsburger Polizeisprecher Thomas Rieger. Polizisten zu Pferd sind laut Rieger eine gute Ergänzung zu den bisherigen Einsatz-Möglichkeiten.

"Es sind Einsätze im Zusammenhang mit dem FCA denkbar. Oder in Naherholungsgebieten und Grünanlagen. Dort, wo man nicht so einfach mit dem Streifenwagen hinkommt. Es ist auch eine Möglichkeit, auf öffentlichen Plätzen präsent zu sein.“
Thomas Rieger, Augsburger Polizeisprecher

Reiterstaffel auch für Nürnberg und Regensburg

Dass die Augsburger Polizisten bald zu Ross patrouillieren können, verdanken sie Markus Söder: Der Ministerpräsident hatte in seiner ersten Regierungserklärung im April angekündigt: Jede bayerische Großstadt solle eine Reiterstaffel bekommen. Vermutlich alle Städte ab 100.000 Einwohner. Das hieße: Neben München, wo es schon eine Reiterstaffel gibt, sind zusätzlich zu Augsburg wohl Polizei-Pferde für Nürnberg, Regensburg, Würzburg, Fürth und Ingolstadt vorgesehen.

In Ingolstadt schlendert Peter Schall, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei durch den Grüngürtel. Er deutet auf die Wege und den nahegelegenen Volksfestplatz: Hier könnte die Reiterstaffel unterwegs sein.

"Man kann schon Einsatzorte finden. Zum Beispiel beim Fußball können unterschiedliche Fangruppen leichter mit Pferden getrennt werden.“
Peter Schall, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei

Polizisten zu Pferd kein Muss

Ein wirkliches Muss sind die Polizisten zu Pferd allerdings in den Augen des Gewerkschafters nicht: Viele Präsidien würden mit großen Personallücken kämpfen, teilweise seien 20 Prozent der Stellen nicht besetzt: „Deshalb wäre es jetzt verfehlt, noch mal 200 Kollegen abzuziehen für die Reiterstaffel. Und manche Präsidien wissen noch gar nicht, was sie mit den Pferden machen sollen, wo sie sie einsetzen.“

Neben mangelnden Ideen für Einsatzorte und Polizisten, die künftig im Alltag fehlen weil sie bei der Reiterstaffel sind, sieht Schall noch ein maßgebliches Argument, das gegen die Reiterstaffel spricht: Die Kosten.

"Wir haben einen großen Investitionsrückstau bei Gebäuden, und wenn man berechnet, wie teuer Stallungen, Transporte, Futter und Tierarztkosten sind, dann muss am Ende sehen, ob Reiterstaffeln wirklich Sinn machen."
Peter Schall, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei

Arbeitsgruppe im Innenministerium

Auch die Polizei in Augsburg ist sich über die hohen Kosten, die Pferdehaltung bedeutet, bewusst. Polizeisprecher Thomas Rieger merkt auch an, dass die Auswahl und Ausbildung der Tiere einen langen Vorlauf brauche: „Natürlich ist es so, dass der Aufbau einer Reiterstaffel Ressourcen bindet. Ich gehe aber davon aus, dass durch die Kollegen, die zur Reiterstaffel gehen, kein Fehl entstehen wird.“

Wie mit Lücken umgehen, die Polizisten hinterlassen, die zur Reiterstaffel wechseln, wo die Pferde unterbringen, und wann einsetzen? – über diese Fragen berät eine Arbeitsgruppe im Innenministerium. Dass deren Ergebnisse lange auf sich warten lassen – unwahrscheinlich. Es dürfte eher ein Konzept im Jagd-Galopp werden.