Ein Forscher zeigt im Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, wie ein PCR-Test für die Analyse auf Mutationen des Coronavirus vorbereitet wird.
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Ein Forscher zeigt im Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, wie ein PCR-Test für die Analyse auf Mutationen des Coronavirus vorbereitet wird.

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Söder warnt: Delta-Variante in wenigen Wochen dominierend

Noch ist der Anteil der Delta-Variante bei den Corona-Neuinfektionen in Deutschland gering. Doch Experten sind sich sicher, dass die Mutation in absehbarer Zeit dominierend wird. Bayerns Ministerpräsident Söder schätzt: in drei bis vier Wochen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat vehement vor der Delta-Variante des Coronavirus gewarnt. Die zuerst in Indien bekannt gewordene und inzwischen etwa in Großbritannien vorherrschende Virusvariante werde in drei bis vier Wochen in Deutschland dominierend sein, sagte Söder auf der Landesversammlung der Jungen Union Bayern in Unterhaching. Sie sei acht Mal ansteckender als die Ausgangsvariante.

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"Wer zu früh aufsteht in einem Krankheitsfall, der riskiert einen schweren Rückschlag", sagte Söder. Die Wissenschaftler hätten in früheren Wellen fast punktgenau vorhergesagt, wann es wieder zu größerem Infektionsgeschehen kommen wird. "Ich lasse nicht zu, dass wegen kleiner Interessen am Ende das ganze Land in Mitleidenschaft gezogen wird", sagte Söder und verteidigte seine vorsichtige Corona-Linie. Wichtig sei es jetzt, das Impftempo - vor allem bei den Zweitimpfungen - zu erhöhen. "Es kommt jetzt auf jeden Tag an", unterstrich Söder.

Auch an der Maskenpflicht in der Schule will er nicht rütteln:

"In der Schule hat man keine Möglichkeit auszuweichen. Und deswegen kann ich nur sagen: Ich bin nicht bereit, einfach zu sagen: Wir geben wieder alles auf, es ist vorbei. Und deswegen setzen wir auch in der Schule auf Vorsicht." Markus Söder

Einzelne JU-ler gegen Söders strengen Corona-Kurs

Neben Applaus gab es bei der JU auch Kritik an Söders Corona-Kurs: Einzelne Delegierte forderten weitere Lockerungen. Ein Teilnehmer sagte, die CSU müsse sich jetzt bei Lockerungen an die Spitze stellen. Niemand verstehe etwa, weshalb auf den Bahnsteigen von Bahnhöfen unter freiem Himmel nach wie vor die Maskenpflicht gelte. Ein weiteres Mitglied der Jungen Union bat den CSU-Chef, der Gastronomie den Rücken zu stärken.

Delta-Variante noch mit geringem Anteil

Nach einer Analyse des Robert Koch-Instituts für die erste Juniwoche hatte sich der Anteil der Delta-Variante in Deutschland innerhalb von nur einer Woche auf sechs Prozent fast verdoppelt. In den Wochen zuvor stagnierte diese Mutante bundesweit eher um die zwei Prozent.

Auch Bayern verzeichnet bislang einen sehr geringen Delta-Anteil. Eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums erläuterte vor wenigen Tagen auf BR-Nachfrage, seit Mitte April liege der Anteil der Delta-Variante (B.1.617.2) in Bayern bei 0,03 bis 0,62 Prozent pro Woche.

Warnungen von Spahn und Merkel

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und RKI-Präsident Lothar Wieler hatten am Freitag vor den Gefahren durch die sehr ansteckende Delta-Variante gewarnt. Die Frage sei nicht, ob, sondern wann sie zur dominierenden Variante hierzulande werde.

Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte am Freitagabend vor einem Abendessen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Berlin, wegen sehr geringer Fallzahlen könnte man Corona-Ausbrüche in Deutschland derzeit sehr viel besser verfolgen und mit der Delta-Variante gut umgehen. "Aber ich kann nur sagen: Wir können nicht so tun, als wäre Corona vorbei. Auch wenn an einem solchen Sommerabend das Gefühl ist, da ist nichts mehr."

Drosten: Delta-Variante wirklich ernst nehmen

Nach Einschätzung des Charité-Virologen Christian Drosten muss Deutschland die Delta-Variante in der Pandemie ab sofort ernst nehmen. "Ich bin mittlerweile so weit, dass ich sage, wir sind hier jetzt im Rennen in Deutschland mit der Delta-Variante", sagte Drosten am Freitagabend auf dem Online-Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin. "Wir müssen das ab jetzt wirklich ernst nehmen."

"Vom Gefühl her kann ich sagen, uns rufen immer mehr Leute an, die Ausbrüche beschreiben, immer mehr Labore", berichtete Drosten. Im Süden Dänemarks und in Schleswig-Holstein gebe es gerade ein Ausbruchsgeschehen. "Das erinnert mich an den Beginn der B.1.1.7-Epidemie in Deutschland, wo es genauso war", sagte der Virologe.

Streeck: Politik zu reaktiv

Der Bonner Virologe Hendrik Streeck betonte, man sei nicht am Ende der Pandemie. Er beklagte, die Politik sei immer noch zu reaktiv und nicht aktiv genug. "Wir versäumen es, aus der Pandemie maximal zu lernen und uns auf Herbst und Winter vorzubereiten. Es herrscht allgemein der Eindruck, das Virus verschwindet und dass wir die Pandemie überwunden haben, wenn die nächsten Monate ruhig laufen", sagte Streeck der "Fuldaer Zeitung".

Man müsse sich aber für alle Eventualitäten, die im Herbst eintreten könnten, vorbereiten. Es gebe zu viele Unbekannte - darunter auch die Delta-Variante.

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