CSU-Chef Söder im Kloster Banz
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Söder forever? Ministerpräsident hält sich lange Ära offen

Zehn Jahre sollten reichen: Eigentlich wollte Ministerpräsident Söder mit einer Amtszeitbegrenzung Geschichte schreiben. Doch nun denkt er schon vor seiner zweiten Amtsperiode über eine dritte nach. Dafür könnte er gute Gründe haben. Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtete BR24 im BR Fernsehen am .

Markus Söder war noch gar nicht bayerischer Ministerpräsident, da brachte er schon eine Begrenzung seiner künftigen Amtszeit ins Gespräch: Nach "zwei Perioden oder zehn Jahren" solle Schluss sein, verlangte der damalige Finanzminister und designierte Regierungschef im Januar 2018 anlässlich der CSU-Winterklausur in einem Interview. Für Söder "ein Signal, dass es mehr ums Land als um die Person geht".

Als frischgebackener Ministerpräsident legte er dann im April in seiner ersten Regierungserklärung nach: Bayern werde als erstes Bundesland eine solche "historische Verfassungsänderung" auf den Weg bringen und ein Signal für ganz Deutschland setzen. "Wir zeigen damit, dass Macht Begrenzung braucht und der Wechsel natürlicher Bestandteil der Demokratie ist."

Fast auf den Tag genau fünf Jahre nach der Ankündigung, die Amtszeit zu begrenzen, trägt Söder bei der CSU-Klausur im fränkischen Koster Banz seine eigene Idee offiziell zu Grabe: Sollte "der Wunsch da sein und die Kraft", sei eine weitere Kandidatur 2028 möglich. "Das heißt: Es gilt nicht 'zehn', sondern 'zehn plus' als Grundregel für die Zukunft."

Söder: Folge dem Rat von Rot-Grün

Als Grund dafür, dass aus zehn Jahren Söder nun doch 15 oder sogar mehr Jahre Söder werden könnten, führt der Ministerpräsident die Opposition an: Vor allem von Grünen und SPD sei 2018 "heftige Gegenwehr" dagegen gekommen, die Verfassung zu ändern. Rot-Grün habe keine Amtszeitbegrenzung gewollt - was er nicht verstanden habe. Vielmehr habe die Opposition darauf gepocht, den Wähler entscheiden zu lassen. Dieses eine Mal folge er dem Rat von Rot-Grün, sagt der CSU-Chef augenzwinkernd. Später fügt er hinzu: "Jeder ist sozusagen Opfer seiner eigenen Strategie."

In der Tat: 2018 verfehlte Söders Vorstoß im Landtag die nötige Zweidrittelmehrheit. Der damalige SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher argumentierte in der Landtagsdebatte, eine Amtszeitbegrenzung bedeute nicht "mehr", sondern "weniger" Demokratie: "Denn hier darf der Bürger nicht entscheiden, weil das Gesetz es ihm verwehrt."

Für Söder hatte der SPD-Politiker damals folgenden Rat parat: "Wenn man die Macht begrenzen will, kann man das einfach tun: Man braucht nicht mehr zur Wahl anzutreten, wenn man es nicht will. Die Bayerische Verfassung gibt auch dem Ministerpräsidenten die Möglichkeit, jederzeit von seinem Amt zurückzutreten."

Amtszeitbegrenzung ist "Demokratie und Demut"

Diesen Rat aus der Opposition will Söder erwartungsgemäß nicht befolgen. Neben dem Widerstand von Rot-Grün führt er die veränderte politische Lage als Grund an. 2018 hatte der CSU-Politiker betont: "Wie in Amerika oder Frankreich soll auch bei uns ein Regierungschef wissen, in welchen Zeitachsen er Dinge vollenden muss." Dieses Argument gilt laut Söder wegen der jüngsten Krisen nicht mehr - sie machten einen "langen Atem notwendig".

Auf seine anderen Begründungen von 2018 geht er heute nicht mehr ein. Somit erklärt er nicht, warum dieser fünf Jahre alte Tweet für ihn heute nicht mehr gilt: "Amtszeitbegrenzung ist gut. Das ist Demokratie und Demut."

Die CSU-Landtagsfraktion hält sich heute mit solchen Fragen nicht auf. So leidenschaftlich die CSU-Abgeordneten 2018 Söders Begrenzungsidee unterstützt hatten, so begeistert sind sie jetzt über seinen Sinneswandel: In der Fraktion gab es dem Vernehmen nach stehende Ovationen dafür.

Frage zu 2028 stellt sich eigentlich noch nicht

Auch wenn Söder davon ausgeht, dass er bestimmt von vielen Journalisten auf die Frage einer Amtszeit-Begrenzung angesprochen worden wäre - eigentlich stellt sich die Frage im Moment gar nicht. Die Landtagswahl 2028 ist noch in weiter Ferne - zunächst steht die Landtagswahl 2023 an. Zwar hat Söders schwarz-oranges Bündnis in aktuellen Umfragen eine stabile Mehrheit, noch ist die Wahl aber nicht gewonnen. Die Messlatte legt Söder selbst jetzt schon auffällig tief: "Das Ziel ist für den Herbst eine stabile Mehrheit zu erreichen", betont er. "Wenn es mehr als 2018 sind, ist es schön, aber wir machen keine Prozent-Diskussionen."

Das bedeutet: Selbst ein vergleichbares Resultat wie 2018 will Söder als Erfolg verstanden wissen, wenn es erneut zu Schwarz-Orange reicht. Zur Erinnerung: Die 37,2 Prozent - das schlechteste CSU-Landtagswahl-Ergebnis seit 1950 - empfanden viele in der Partei als Debakel. Der damalige Spitzenkandidat Söder schaffte es, die Schuld auf seinen Parteichef Horst Seehofer zu schieben, der sich schließlich auch vom CSU-Vorsitz zurückziehen musste.

Will Söder Seehofers Fehler vermeiden?

Möglicherweise hat Söder die Lage nach seinem gescheiterten Ringen um die Unions-Kanzlerkandidatur neu bewertet - und will nun nicht in die gleiche Falle tappen wie sein Vorgänger Seehofer. Dieser hatte als Ministerpräsident schon 2012 seinen Rückzug für 2018 verkündet - mit dem großspurigen Versprechen einer "bayerischen Welturaufführung", den Übergang organisch gestalten: Er wollte seine Nachfolge selbst regeln. Das klappte bekanntlich genauso wenig wie Söders Ankündigung, mit einer Amtszeitbegrenzung "in die Geschichtsbücher" einzugehen.

Jahrelang gab es in der CSU wilde Spekulationen über Kronprinzen und -prinzessinnen - zuweilen von Seehofer selbst angeheizt. Als der Ministerpräsident dann 2017 doch eine erneute Kandidatur im folgenden Jahr ankündigte, sorgte das in Teilen der CSU für großen Unmut. Nach den CSU-Verlusten bei der Bundestagswahl wurde der parteiinterne Druck schließlich so groß, dass Seehofers Kehrtwende von der Kehrtwende folgte und er doch wieder seinen Abschied aus der Staatskanzlei ankündigte. Söders weiteren Aufstieg konnte er nun nicht mehr verhindern - und trat nach weniger als zehn Jahren zurück.

Die Gefahr, zur "Lame Duck" zu werden

Indem Söder das Thema Amtszeitbegrenzung ungefragt frühzeitig abräumt, verhindert er eine Parallele zum Fall Seehofer. Und er beugt der Gefahr vor, nach der Landtagswahl zu einer "Lame Duck" (lahmen Ente) zu werden - also einem Politiker, der zwar im Amt, aber politisch begrenzt handlungsfähig ist, weil er nicht zu einer Wiederwahl antritt. Auch strategisch ist es für ihn sinnvoll, den Sinneswandel jetzt bekannt zu geben, da er die Fraktion hinter sich weiß. Wer kann schon absehen, wie es in drei oder vier Jahren um seinen Rückhalt aussehen wird.

Wie schlecht es für einen Spitzenmann ausgehen kann, wenn die Abgeordneten eine weitere Amtszeit kritisch sehen, davon kann neben Seehofer auch Edmund Stoiber ein Lied singen. Beide wurden von ihren Parteifreunden aus dem Amt gedrängt. Der Spott über seine Rolle rückwärts, wie zum Beispiel vom FDP-Abgeordneten Helmut Kaltenhauser ("typische 180 Grad-Wende von Söder"), ist für den Ministerpräsidenten vor diesem Hintergrund wohl das kleinere Übel.

Wie lange Söders "10 plus" dauern könnte, lässt der Ministerpräsident offen. Das Motto der CSU-Winterklausur bietet daher Raum für Spekulationen: "Bayern 2030: Die Zukunft beginnt jetzt!"

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