Seit 70 Jahren leiten Schülerlotsen Schulkinder sicher über die Straße.
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Seit 70 Jahren leiten Schülerlotsen Schulkinder sicher über die Straße.

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Seit 70 Jahren - Schülerlotsen sichern den Schulweg

Neongelb gekleidet mit Warnweste und Winke-Kelle stehen sie frühmorgens an Kreuzungen und Straßenübergängen und sichern den Schulweg für Kinder. Seit 70 Jahren gibt es die Schülerlotsen. Sie sind nach wie vor wichtig und werden immer rarer.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Der Weg zur Schule ist für Kinder oft der erste Fußweg, den sie alleine gehen. Um das Unfallrisiko für Schüler zu reduzieren, sind am 14. Januar 1953 in Deutschland Schülerlosten eingeführt worden. Bis heute sind sie eine hilfreiche Unterstützung für Kinder im Straßenverkehr. Schüler als Verkehrslotsen wie vor 70 Jahren gibt es heute kaum noch. Die überwiegende Mehrzahl der Schulweghelfer sind Erwachsene.

  • Zum Artikel: Schulwegüberwachung: Viele Verkehrsverstöße beanstandet

Sicherer Schulweg

Schülerlotsen oder Schulweghelfer stehen an festgelegten Lotsenpunkten, meist sind es hochfrequentierte Kreuzungen und Straßen in der Nähe der Schule. Sie leiten Kinder sicher über eine Straße. Allerdings dürfen sie nicht in den laufenden Verkehr eingreifen, sondern müssen eine Lücke im Verkehrsfluss abwarten. Sie sind nicht nur für das Sichern des Schulweges zuständig, sondern greifen in brenzligen Situationen auch helfend ein. Wer das Ehrenamt ausüben will, benötigt vorher eine Schulung. Laut Deutscher Verkehrswacht kam an den Lotsenpunkten der Schulweghelfer seit 70 Jahren kein einziges Kind ums Leben.

Ausbildung durch die Polizei

Die theoretische und praktische Ausbildung in sechs Schulstunden sowie die Abschlussprüfung erfolgen durch die Verkehrserzieher der Polizei. Ab 13 Jahren können Schüler daran teilnehmen, der Kurs ist kostenlos. Zu den Lehrinhalten gehören die richtige Sicherung des Überwegs, das Abschätzen von Entfernungen, Geschwindigkeiten und Bremswegen. Letztere werde oft unterschätzt. Beispiel: Bei einer Geschwindigkeit von dreizehn Stundenkilometern braucht ein Fahrzeug normalerweise 15 bis 18 Meter, bis es zum Stehen kommt. Zudem benötigen die Schülerlotsen ein gutes Wissen über Verkehrszeichen und Verkehrsregeln sowie Kenntnis über die Besonderheiten am Einsatzort. Die Ausstattung der Schulwegdienste wie Warnkleidung und Kellen wird von der Landesverkehrswacht Bayern e. V. gestellt.

Bayern hat die meisten Lotsen

Laut Deutscher Verkehrswacht gibt es in Deutschland rund 50.000 Schulweghelfer. Die höchste Quote hat der Freistaat Bayern. Er schultert mit 24.577 Schulwegdiensten fast die Hälfte alle Dienste in der Bundesrepublik. Überwiegend sind dabei Erwachsene im Einsatz, mit insgesamt 16.074 Schulweghelfern. Bei den Schülern, die sich als Schülerlotsen engagieren sind es 4.921. Daneben gibt es noch 869 Schulbusbegleiter und 2.713 Schulbuslotsen, da immer mehr Kinder auf den Bus angewiesen sind, um in die Schule zu kommen.

Schülerlotsen-Idee stammt aus den USA

In den USA gab es schon 1920 Schülerlosten. Erst 1953 fasste die Idee dann auch in Deutschland Fuß. Mit dem wachsendem Verkehrsaufkommen in den Wirtschaftswunderjahren wuchs auch die Gefahr für die Kinder im Straßenverkehr. Besonders die Schüler der ersten Klassen kamen oft unter die Räder. Für Abc-Schützen war und ist der Straßenverkehr eine große Herausforderung. Sie sind mit vielen Eindrücken konfrontiert und oft abgelenkt. Die Schulweghelfer haben ein Auge auf sie. Wie erfolgreich, aber auch nötig das Konzept der Schulwegbegleiter ist, belegen die Zahlen von Verkehrsunfällen mit Kindern.

Unfallzahl drastisch gesunken

Laut Statistischem Bundesamt kamen im Jahr 2021 in ganz Deutschland 49 Kinder im Straßenverkehr ums Leben. Im Jahr der Einführung der Schülerlotsen (1953) waren es in Westdeutschland ohne das Saarland insgesamt 1.147. Im Jahr 1953 kamen insgesamt rund 32.000 Kinder unter 13 Jahren im westdeutschen Straßenverkehr zu Schaden, 2021 verunglückten 22.300. Deutsche Verkehrswacht (DVW) ist stolz, dass in den vergangen 70 Jahren an gesicherten Übergängen kein einziges Schulkind ums Leben kam. Neben der Verkehrserziehung sind die Helfer im Straßenverkehr eine wichtige Unterstützung.

Schwindendes Ehrenamt

Auch wenn Bayern bei den Schulwegdiensten bundesweit die Nase vorn hat, ist auch hier die Tendenz rückläufig. Es finden sich immer weniger Schülerlotsen und Schulweghelfer. Für Henrik Pieger, Konrektor an der Grundschule Unterfarrnbach steht fest, dass den Kindern soziales Engagement nicht vorgelebt wird und sie daher kein Interesse daran haben. "Jeder schaut nur auf sich," stellt er fest. Viele Eltern möchten gar nicht, dass ihr Kind dieses Ehrenamt ausübt und auf der Straße steht. Den Mangel an Nachwuchs beklagt auch Verkehrserzieher Jürgen Berthold von der Polizeiinspektion Fürth. Der Polizei-Hauptkommissar leitet die Einweisungen der neuen Schulwegbegleiter. "Es gibt immer weniger, kaum einer nimmt sich die Zeit dafür, dabei ist es bei dem heutigen Verkehrsaufkommen so dringend nötig wie damals," erklärt Berthold.

Problem Elterntaxis

Oftmals ist es für Schulen, Kommunen und Städte schwierig, genügend Schulweghelfer zu finden. Die geforderte Regelmäßigkeit und der frühe Arbeitsbeginn sind nicht das einzige Hindernis. Konkurrenz bekommen sie durch die sogenannten "Elterntaxis". Viele Erziehende muten ihren Kindern den Fußweg zur Schule gar nicht mehr zu, sondern bringen sie direkt vor die Tür. Oftmals mit entsprechendem Auto- und Park-Chaos vor der Schule.

Schülerlotsen-Schild in einer Straße
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Schülerlotsen-Schild in einer Straße

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