Zwei Männer arbeiten an einem Grabstein
Bildrechte: BR/ Frank Breitenstein

"Seine Leute bei Laune halten": Vier-Tage-Woche beim Steinmetz

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"Seine Leute bei Laune halten": Vier-Tage-Woche beim Steinmetz

Es klingt für viele verlockend: Vier Tage arbeiten und dann drei Tage frei haben – bei gleichem Lohn. Doch das Modell der Vier-Tage-Woche ist viel diskutiert und die Einführung für Betriebe eine Einzelentscheidung. Ein Beispiel aus Unterfranken.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Sebastian Herrhammer fräst mit einem Sandstrahler eine Inschrift in den Marmor eines Grabsteins. Der Steinmetz aus Winterhausen (Lkr. Würzburg) führt das Familienunternehmen in der vierten Generation. Doch die Zukunft seines Handwerkes scheint keineswegs in Stein gemeißelt. Seiner Meinung nach stirbt seine Zunft allmählich aus. Es werde immer schwieriger, neue Mitarbeitende zu finden. Denn junge Leute scheuen vor körperlicher Anstrengung offenbar zurück, meint der Mann mit den kräftigen Oberarmen. Ja, zupacken muss man in seinem Beruf ganz einfach können!

Noch läuft der Betrieb rund, wenn auch anders als früher, als sie noch mehr auf Baustellen unterwegs waren und Fensterbänke, Treppen oder Terrassenböden fertigten. Das Büro führen Eltern und Sohn gemeinsam. Und die körperliche Arbeit erledigt Sebastian Herrhammer zusammen mit seinen drei Gesellen. Und die will er mit allen Mitteln halten.

Man muss seine Leute bei Laune halten

Man müsse sich schon was einfallen lassen für seine Mitarbeiter, sagt der Steinmetz. Er hat deshalb die Vier-Tage-Woche eingeführt. Und das kommt bei seinen Leuten sehr gut an. Es war eigentlich keine große Umstellung. Denn zuvor hatten sie bereits freitags nur alle zwei Wochen gearbeitet. Jetzt haben sie die restlichen Freitags-Stunden auf die übrigen Wochentage verteilt. Aber das macht den Steinmetz-Gesellen nichts aus. "Lieber etwas länger arbeiten und dafür einen Tag frei", sagt Alex Kiechle. Er hat erst im vergangenen Jahr hier angefangen. Doch auf das Betriebsklima lässt er nichts kommen. Da gäbe es nichts zu meckern, "wir sind alle freundlich zueinander".

Und auch Christian Rossmann – seit viereinhalb Jahren bei Herrhammer – findet, dass die Vier-Tage-Woche die Arbeit angenehmer macht. Da könne man auch private Dinge zuverlässig planen wie Behördengänge oder auch Urlaube.

Immer mehr Betriebe müssen schließen

"Bei Laune halten", nennt Herrhammer seine Strategie, zu der es ebenfalls gehört, seine Leute hin und wieder auf der anderen Mainseite zu Kaffee und Hefe-Teilchen einzuladen, um ihnen, und auch sich selbst, den Arbeitsalltag etwas zu versüßen.

Einige Steinmetzbetriebe in der Umgebung hätten mangels Nachwuchs bereits schließen müssen, sagt der Unternehmer. An Arbeit mangelt es der Firma deshalb sicher nicht. Gestorben wird schließlich immer, und irgendwer muss sich ja um die Grabsteine kümmern. Die oft mehrere Zentner schweren Grabmäler müssen zugerichtet werden. Metall-Buchstaben oder Kreuze sind einzudübeln. Schließlich müssen sie auf den Friedhöfen fachgerecht montiert werden. Damit ist der kleine Familienbetrieb voll und ganz ausgelastet. Und wenn es mal etwas länger dauert mit der Arbeit, sagt auch keiner was. Das gleicht sich dann an anderen Tagen wieder aus. "Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen", sagt Herrhammer. Das läuft gut.

Details der Vier-Tage-Woche regelt jeder Betrieb individuell

Rund 81 Prozent der Vollzeiterwerbstätigen hätten gerne eine Vier-Tage-Woche, allerdings mit entsprechend niedrigerer Wochenarbeitszeit. So das Ergebnis einer aktuellen Studie der Hans -Böckler-Stiftung. Knapp 73 Prozent geben dabei an, eine Arbeitszeitverkürzung nur bei gleichem Lohn wie vorher zu wollen. Wenn die Not, Mitarbeitende zu finden noch größer wird, wird es wohl auch dieses Modell häufiger geben. Momentan werde üblicherweise aber entweder die Tagesarbeitszeit verlängert oder der Lohn entsprechend gekürzt, sagt Andrea Sitzmann.

Die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer für Unterfranken erklärt, dass jedes Unternehmen hier individuelle Lösungen sucht. Man könne auch nicht sagen, dass die Vier-Tage-Woche in bestimmten Gewerken häufiger Anwendung finde als in anderen. Jeder Einzelfall sei anders. So könne man etwa in der Lebensmittelbranche nicht so leicht auf einen Arbeitstag verzichten, wenn man täglich frische Ware anbieten wolle. Aber bei größeren Betrieben könnten die Mitarbeitenden dann an unterschiedlichen Tagen frei machen, damit immer jemand den Betrieb aufrecht erhält. Es zeige sich auf jeden Fall immer deutlicher, heißt es bei der Handwerkskammer, dass dieses Instrument sich sehr positiv auf die Suche nach neuen Mitarbeitenden auswirke.

Um sie dann auch langfristig zu halten, braucht es vor allem eine gute Stimmung im Betrieb. In der Firma Herrhammer ist sie vorhanden. Auch der Chef ist zufrieden, wenn er am Freitag keine schweren Brocken herumwuchten muss und sich mal in Ruhe um die Abrechnungen kümmern kann. Da hat der Steinmetz aus Winterhausen offenbar alles richtiggemacht. Nicht nur, wenn er seinen Leuten Kaffee und Teilchen spendiert.

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