Auf der Baustelle an einer Autobahnbrücke der A7 bei Schraudenbach im Landkreis Schweinfurt hat sich vor genau vor sechs Jahren ein tragisches Unglück ereignet. Bei Betonierungsarbeiten für eine neue Brücke war das Traggerüst eingestürzt. Nachdem 1.500 Tonnen Beton auf einem Bauabschnitt eingefüllt, verteilt, verdichtet und geglättet waren, brach das Traggerüst zusammen. 13 Bauarbeiter wurden rund 22 Meter in die Tiefe gerissen worden. Dabei kam ein 38-jähriger kroatischer Arbeiter ums Leben. Drei Bauarbeiter wurden lebensgefährlich, sechs schwer und drei leicht verletzt. Außerdem verletzten sich zwei Arbeiter am Boden.
Schuldfrage noch nicht geklärt
Bis heute ist die Schuldfrage noch nicht geklärt. Im November 2019 begann ein Prozess gegen drei Männer vor dem Landgericht Schweinfurt. Den Angeklagten wurde vorgeworfen, die Statik eines Traggerüstes nicht ausreichend geprüft zu haben. Doch dann wurde der Prozess nach sechs Verhandlungstagen unterbrochen, nachdem ein neues Gutachten angefordert worden ist.
Die Verhandlung wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung muss jetzt neu gestartet werden. Weiterhin hat die Staatsanwaltschaft gegen einen 64-Jährigen Klage erhoben, der einer ihm obliegenden Pflicht zur Prüfung statischer Berechnungen nicht ausreichend nachgekommen sein soll. Die drei bislang im ersten Verfahren vernommenen Angeklagten hatten jede Verantwortung für das Unglück zurückgewiesen.
Liegt Verantwortung bei Statiker oder Prüfingenieur?
Zwei Gutachter wurden in dem ersten Verfahren gehört. Einer von beiden, ein Professor für Bauingenieurwesen aus Kassel, erklärte, dass es "riesige Unterschiede" zwischen der Planung und der Ausführung des Traggerüstes gegeben habe. So hätten bei dem Traggerüst an einer wichtigen Stelle innere diagonale Streben gefehlt. Weiterhin sei das Traggerüst oben nicht entsprechend befestigt gewesen. "Bei korrekter Ausführung gemäß Planung hätte sich der Unfall nicht ereignet", sagte der Gutachter im ersten Verfahren.
Ohne es wörtlich formuliert zu haben, entlastet dieser Gutachter damit den angeklagten Statiker und belastet die angeklagten Prüfingenieure, die vor Baubeginn das aufgebaute Traggerüst mit der Ausführungszeichnung hätten vergleichen müssen. Laut dem Gutachter "hätte man Lösungen finden müssen, um Mängel zu heilen". In seinem Gutachten hieß es: "Das Traggerüst versagte infolge nicht wirksamer Halterungen, bei fehlerfreien Ausführungen des Traggerüsts wäre kein Versagen zu erwarten gewesen."
Neuer Gutachter wird herangezogen
Die andere Gutachterin aus Weimar erklärte sehr ausführlich, welche Kräfte wie gewirkt haben könnten. Einige Fragen blieben jedoch ungeklärt. Etwa, ob die angeklagten Ingenieure Fehler bei der Statik oder bei der Einhaltung von technischen Normen gemacht haben. Laut Landgericht habe es Widersprüche in der schriftlichen und mündlichen Ausführung der Gutachterin gegeben. Deshalb sei der Prozess ausgesetzt und ein neues Gutachten angefordert worden.
Zeugen bislang nicht gehört
Ein neues Gutachten eines österreichischen Experten lag schon vor einem Jahr vor. Es war jedoch noch nicht öffentlich einsehbar. Eigentlich sollten Mitte Januar 2020 zehn der damals zum Teil schwer verletzten kroatischen Arbeiter als Zeugen gehört werden. Mit der Aussetzung des Verfahrens konnten diese Zeugen jedoch nicht aussagen. Sie sollen nun im neuen Prozess gehört werden.
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