Kann man in Zeiten von Wohnungsnot drei Häuser abreißen, nur weil sie größer gebaut worden sind, als erlaubt?  Stadt- und Landrat von Wolfratshausen und Bad Tölz sagen ja! Im Petitionsausschuss des Landtags wurde jetzt nochmal genau hingeschaut ...
Bildrechte: BR

In Wolfratshausen tobt ein bizarrer Streit um drei Einfamilienhäuser. Die Neubauten sollen abgerissen werden.

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Schwarzbauten in Wolfratshausen: Abriss wird wahrscheinlicher

In Wolfratshausen tobt ein bizarrer Streit um drei Einfamilienhäuser. Die Neubauten sollen abgerissen werden, weil sich der Bauherr nicht an seinen Bauplan gehalten hat. Vor dem Petitionsausschuss im Landtag versuchte er, die Häuser zu retten.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Es ist ein Drama mit vielen Akten: Seit Jahren gibt es Streit um drei Einfamilienhäuser in Wolfratshausen. Der Bauherr hat die Neubauten im Ortsteil Weidach errichtet und dann vermietet. Doch dabei hat er geltendes Baurecht missachtet - und bekommt nachträglich keine Genehmigung für die Änderungen. Den Häusern droht der Abriss, die Mieter - drei Familien - müssen raus. Um das abzuwenden, hat sich der Bauherr an den Petitionsausschuss des Landtags gewandt. Doch der hat vergangene Woche die Petition abgelehnt.

Abriss wegen 70 Zentimetern?

Es klingt wie ein schlechter Scherz. Bis zu 70 Zentimeter hat der Bauherr, ein Bauunternehmer aus Geretsried mit Firmensitz in Grünwald, drei Einfamilienhäuser in Weidach höher bauen lassen. Dazu wurde das Gelände im Außenbereich aufgeschüttet und anstatt eines Carports bekam jedes der drei Einfamilienhäuser eine Doppelgarage.

Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen fordert den Abriss, denn: Für die drei Grundstücke gibt es keinen Bebauungsplan, und die ursprüngliche Baugenehmigung des Landkreises wurde nicht umgesetzt und auch nicht verlängert. Landrat Josef Niedermaier (FW) sind auf Grund der Bayerischen Bauordnung die Hände gebunden.

Ein Einfamilienhaus am Isarspitz in Wolfratshausen.
Bildrechte: BR/Boris Berg
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Dem Neubau droht der Abriss: Das Einfamilienhaus wurde zu groß gebaut.

Trotz Gerichtsverfahren und Petitionsausschuss - sie werden abgerissen, die drei neuen Einfamilienhäuser in Wolfratshausen. Eine große Ressourcen-Verschwendung und für die dort wohnenden Familien eine Katastrophe. Der Bauherr hatte sich nicht an die Baugenehmigung gehalten.
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Schwarzbau.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

Landrat Niedermaier: "Es hätte einen Weg gegeben"

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte den Abriss im Sommer bestätigt. Eine Revision ist nicht mehr möglich. "Ich habe nichts anderes erwartet, weil das fatale Folgen gehabt hätte, wenn man da ja jetzt irgendwelche faulen Kompromisse macht", so der Landrat. "Es hätte einen Weg gegeben, aber der ist nicht beschritten worden."

Dieser Weg wäre ein Bebauungsplan für die drei Grundstücke gewesen, doch den will der Stadtrat von Wolfratshausen nachträglich nicht aufstellen. Der Bauträger hat die Häuser ohne rechtliche Grundlage fertig gebaut und die Häuser noch vor einem Urteil der Gerichte vermietet. Das wird ihm jetzt zum Verhängnis.

Petitionsausschuss hofft auf Einigung mit den Behörden

Die Empfehlung des Petitionsausschusses im Landtag: Der Bauherr solle die nicht genehmigten Garagen sofort abreißen und den genehmigten Zustand soweit wie möglich herstellen. Harald Schwartz, CSU-Abgeordneter aus der Oberpfalz und stellvertretender Vorsitzender des Petitionsausschusses, hofft, dass damit der Abriss vermieden werden kann.

Gegenüber BR24 sagte er: "Lieber Herr Eigentümer, die Garagen kommen weg, da kommt ein Carport hin. Die Terrassen kommen weg und werden kleiner gebaut. Die höher gebauten Wände muss man rügen, wahrscheinlich mit einer Strafe. Der Petitionsausschuss kann hier aber keine Entscheidung treffen. Wegen 36 Zentimetern Überbau – in Gottes Namen", seufzte er nach der Sitzung.

  • Zum Artikel: Wohnraummangel: Gemeindetag sieht "soziale Sprengkraft"

Mieter berufen sich auf Messfehler der Bauaufsicht

Die Beseitigungsanordnung für die drei Häuser sollte am 1. Oktober rechtskräftig werden. Die drei Mietparteien sollen aber Zeit bekommen, um ein neues Zuhause zu finden. Christine Mächtlinger, die mit ihrer Familie eines der Häuser bewohnt, hofft darauf, dass die Bauaufsicht im Landratsamt falsch gemessen hat. Vor dem Petitionsausschuss bekräftigte sie, dass ihnen als Mieter andere Zahlen genannt wurden. Sie beklagte, dass sie vom Landratsamt keine Antworten auf Fragen erhalten habe. Das Amt vertritt jedoch den Standpunkt, dass es dafür nicht zuständig ist, sondern dass der Bauherr und Vermieter der richtige Ansprechpartner sei.

Häuser müssen abgerissen werden

Der Ausschuss lehnte die Petition des Bauherrn und Vermieters ab. Nach heutigem Stand müssen die drei Einfamilienhäuser abgerissen werden. Landrat Josef Niedermaier sagte BR24: "Die Häuser sind ohne Baugenehmigung errichtet worden." Die bestehende Genehmigung vom Oktober 2014 sei nicht umgesetzt worden. Der eingereichte Tekturplan, also die Änderung eines Bauantrags, sollte nachträglich genehmigt werden.

Landratsamt lehnt nachträgliche Änderung ab

Das hat das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen abgelehnt. "Dann könnte jeder, der genug Geld hat, sich Baurecht kaufen. Das geht so nicht", argumentiert der Landrat und ergänzt: "Da werden Tatsachen geschaffen, die Mieter in Schutzhaft genommen, um damit öffentlichen Druck zu erzeugen." Der Abrissbescheid des Landratsamtes muss innerhalb eines Jahres umgesetzt werden. So lange haben die Mieter jetzt Zeit, ein neues Zuhause zu finden.