Im niederbayerischen Deggendorf parken jede Menge Einsatzfahrzeuge des Roten Kreuzes und anderer Hilfsorganisationen vor der Stadthalle: Darunter robuste, geländegängige Fahrzeuge, große Transporter und Amphibienfahrzeuge, die auch durch Wasser fahren können. Hier ist keine Naturkatastrophe passiert, es findet der 13. Katastrophenschutzkongress des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) statt. Der Katastrophen- und Zivilschutzschutz in Deutschland braucht mehr Fahrzeuge, mehr Material und eine bessere Förderung der Ehrenamtlichen – das fordern die Einsatzkräfte.
Rotes Kreuz will mehr Geld und bessere Ausrüstung
Beim Katastrophenschutzkongress steht in diesem Jahr der Schutz der Zivilbevölkerung im Fokus: Hochwasser, Waldbrände, Terror, Pandemien, aber auch die Folgen der globalen Kriege. Ein Krankentransporter mit besonders hochliegenden Achsen, speziell für Hochwasserlagen: Dieses Fahrzeug gehört seit Kurzem zum Fuhrpark des BRK. Es ist nach der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr angefertigt worden. Damit können Verletzte künftig noch schneller aus Überschwemmungsgebieten abtransportiert werden.
Trotz dieser neuen Errungenschaft – Einsatzkräften fehlt es an vielen Stellen an geeignetem Material, sagt BRK-Chefin Angelika Schorer: "Wenn die in den Einsatz kommen, dann sollten wir vorbereitet sein. Da brauchen wir Geld für die Ausrüstung, für die Fort- und Weiterbildung. Das sind unsere Sorgen."
Sondervermögen auch für Katastrophenschutz nutzen
"Wir müssen feststellen, dass weder die Gesellschaft noch die Hilfsorganisationen ausreichend auf die veränderten und neuartigen Einsatz- und Bedrohungslagen vorbereitet sind", mahnt Schorer. Es sei ein fatales Signal zur Unzeit, dass der Bund kein Sondervermögen für die zivile Verteidigung gebildet hat.
Das sind Sorgen, die durch den Kongress in den Fokus rücken sollen. Wie kann Zivil- und Bevölkerungsschutz besser gelingen? Die Krisenszenarien nehmen zu, mahnt auch Andrea Lindholz, Innenpolitikerin und CSU-Vize-Präsidentin des Bundestags. Sie ist die Schirmherrin der Veranstaltung. Beim Thema Aufrüstung dürfe es daher nicht nur um militärische Ausstattung gehen. "Wir haben jetzt ein Momentum in Berlin geschaffen, in dem wir die Möglichkeit haben, dass wir außerhalb der Schuldenbremse für die militärische und zivile Verteidigung gleichermaßen alles anschaffen können, was gebraucht wird."
Mehr Personal durch Dienstjahr für Jugendliche?
Es geht aber nicht nur um Material, sondern auch um Personal. Das müsse angesichts der neuen Herausforderungen deutlich aufgestockt werden. Das könne etwa durch ein Dienstjahr für Jugendliche geschehen, so Lindholz.
Ehrenamt fördern und ausbauen
Ähnlich sehen es die Vertreter des BRK: Sie fordern eine stärkere Förderung der Ehrenamtlichen. "Der Katastrophen- und Zivilschutz in Deutschland ist auf Ehrenamt aufgebaut", erinnert Landesbereitschaftsleiter Dieter Hauenstein vom BRK-Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz. "Dazu brauchen wir auch die Voraussetzungen. Die Politik muss dem einen anderen Stellenwert einräumen." Firmen müssten es attraktiver gemacht werden, Mitarbeiter für Fortbildungen im Ehrenamt freizustellen. Hier seien zum steuerrechtliche Erleichterungen als Kompensation denkbar.
Mangel bei Ausrüstung und Fahrzeugen vor Ort
Vor Ort in den Landesverbänden macht sich der Mangel bemerkbar, erzählt Hauenstein: "Uns fehlen aktuell 40 Prozent der Materialien im Zivilschutz." Da rede man von Hochwasser, Massenanfall von Verletzten, Evakuierung und Betreuung bei Großschadensereignissen, so Hauenstein zum BR. "Der Klimawandel und die immer häufiger auftretenden Wetterextreme fordern uns in einer Zeitfrequenz, die wir vorher nicht gekannt haben." Um die Betroffenen zu erreichen und Hilfe zu leisten, brauche es geländegängige Fahrzeuge.
Auf kriegerische Auseinandersetzungen – auch damit müsse man sich leider auseinandersetzen – sei Deutschland "überhaupt nicht vorbereitet". Hier seien Flüchtlingsströme möglich, "die 2015 übersteigen werden". Der Zivilschutz brauche Ausrüstung, um Unterkünfte zu bauen und Fahrzeuge für den Verletztentransport. Material müsse da sein, wenn es gebraucht wird. Es dann erst über gewerbliche Lieferanten zu beschaffen, sei schwer – "das haben wir in der Pandemie erkennen müssen", mahnt Hauenstein.
Innenministerium: Bayern gut aufgestellt
Bayern sei beim Bevölkerungsschutz gut aufgestellt, davon ist das Innenministerium überzeugt: Für den Katastrophenschutz habe man in den vergangenen Jahren immer mehr Geld bereitgestellt, im jüngsten Doppelhaushalt für die Jahre 2024 und 2025 waren es demnach 90 Millionen Euro, hieß es vom Innenministerium zum deutschlandweiten Warntag im März.
Mit Informationen von dpa
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