In Ludersheim einem Ortsteil von Altdorf bei Nürnberg: Die Juraleitung schlängelt sich hier dicht am Ort vorbei. Am Ortsrand befindet sich ein großes Umspannwerk. Nun soll die 80 Jahre alte Leitung durch eine leistungsstärkere ersetzt werden – inklusive bis zu vier Mal höhere Strommasten. Die Bürger sind alarmiert. Im Ort hängen Plakate die sich gegen die "Monstertrassen" wehren.
Trassengegner setzten auf Verzögerungen
Die Stadt Altdorf stellt sich gegen die Ausbaupläne. Sie verbietet aktuell dem Netzbetreiber Tennet, auf ihre Grundstücke zu gehen. So kann Tennet dort keine Probebohrungen durchführen, die Planungen geraten ins Stocken. "Das ist im Augenblick eine noch sehr wirksame Methode", sagt Dörte Hamann, Sprecherin des bundesweiten Aktionsbündnis Trassengegner. Auch Klagen gegen das Projekt sind zu einem späteren Zeitpunkt eine weitere Möglichkeit, den Ausbau auf lange Zeit zu verzögern.
Proteste gegen Stromtrassen in ganz Bayern
Doch die Taktik der Trassengegner könnte bald nicht mehr aufgehen. Weil Deutschland von Energielieferungen aus Russland unabhängig werden will, sollen Erneuerbare Energiequellen rasant ausgebaut werden – und mit ihnen die Stromnetze. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte an, die Genehmigungsprozesse zu beschleunigen, das sei eine "Kernaufgabe". Die Verwaltung und die Gerichte sollen verstärkt werden. Das Ziel: Einwände und Klagen sollen schnell abgearbeitet werden.
Seit rund zehn Jahren gehen in Nordbayern die Trassengegner auf die Straße. Gleich mehrere Projekte sorgen für Unmut und Protest. In Nordbayern soll nicht nur die Juraleitung ausgebaut werden, sondern auch der Ostbayernring, die Fulda-Main-Leitung sowie der Südlink und Südostlink. Der Protest zeigt Wirkung. Beim Südostlink Beispielsweise sind bis zu 80 Meter hohe Strommasten vom Tisch, nun werden Erdkabel verlegt. Doch auch die Erdkabel stoßen auf Sekpsis.
Karte: Stromtrassen-Projekte in Nordbayern
Übersicht der aktuellen Stromtrassen-Projekte in Nordbayern
Trassengegner fordern dezentrale Energiewende
Den Ausbau der Stromtrassen nun zu beschleunigen, ist für Dörte Hamann und dem Altdorfer Bürgermeister Martin Tabor (SPD), der gegen die Juraleitung kämpft, der falsche Weg. "Das Gegenteil ist eigentlich die Wahrheit. Wir müssten einen Schritt zurück machen und darüber nachdenken, ob die Energiewende, wie sie jetzt gerade geplant ist, die richtige ist", sagt Tabor.
Die beiden Trassengegner setzten auf eine dezentrale Energiewende. Der Strom soll vor Ort erzeugt werden. "Dafür brauchen wir kleine Stromtrassen und nicht die großen Übertragungsleitungen", sagt Dörte Hamann. Die geplanten Stromtrassen seien überdimensioniert, die Kosten unüberschaubar, so die Kritik der Gegner.
Tennet: Windenergie aus dem Norden für Industrie
Der Netzbetreiber Tennet widerspricht. Beides sei wichtig: "Kommunen und die Landwirtschaft könnten sich dezentral selbst versorgen, aber die Industriestandorte in Bayern brauchen große Mengen an Windenergie aus den Off-Shore-Parks im Norden", sagt Tennet-Sprecherin Ina Haffke. Diese werde durch die leistungsstarken Leitungen dann in den Süden transportiert. Die Trassengegner sind sich hingegen sicher, das vor allem Atomstrom durch die Leitungen fließen wird.
- Zur Analyse: Windkraft in Bayern - ein neuer Start?
Weitere Maßnahmen für schnelle Verfahren gefordert
Der Netzbetreiber erhält für seine Ausbaupläne Rückenwind von Bund und Land. Doch es muss noch mehr passieren, fordert Ina Haffke – zum Beispiel, wenn es um die erwähnten Betretungsverbote geht, die die Planungen derzeit verzögern. Sonst könne es keinen schnellen Ausbau der Stromnetze geben, wie Bund und Freistaat ihn jetzt wollen.

Höheres Tempo bei Netzausbau: Stromtrassengegner unter Druck
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