In den Pflegeheimen des Landkreises Würzburg sieht man die seit Anfang Oktober geltenden Corona-Regeln sehr skeptisch. Eva von Vietinghoff-Scheel ist für die Pflegeeinrichtungen des Landkreises Würzburg verantwortlich. "Die sind bei uns zu Hause und wir wollen ihnen auch dieses Gefühl geben, dass sie bei uns zuhause sind," sagt von Vietinghoff-Scheel gegenüber BR24. "Alles andere hat mit Menschenwürde nichts zu tun".
Regelungen sind nicht umsetzbar
Im Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist geregelt, dass seit 1. Oktober unter anderem auch Bewohner von Pflegeeinrichtungen eine FFP2-Maske tragen müssen. Eine von wenigen Ausnahmen ist der Fall, wenn sich der Bewohner in seinem Zimmer aufhält. In Gemeinschaftsräumen hingegen gilt laut IfSG die Maskenpflicht.
Die meisten Bundesländer legen die entsprechenden Regelungen im Infektionsschutzgesetz allerdings "verfassungsrechtlich weit aus", wie eine bundesweite Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab. Das Bayerische Gesundheitsministerium hatte bereits Anfang Oktober das Gesetz kritisiert und es als "nicht praxistauglich" bezeichnet. Manche Vorgaben seien geradezu "irrwitzig und im Alltag nicht umsetzbar".
Auf BR24-Anfrage beim Bayerischen Gesundheitsministerium hieß es nun: "Bayern legt die bundesrechtlichen Vorgaben mit Bedacht aus und setzt auf einen praxistauglichen Vollzug". Konkret heißt das, Pflegeeinrichtungen in Bayern können von der Maskenpflicht in Gemeinschaftsräumen absehen. Unter anderem auf Fluren müsse aber weiterhin Maske getragen werden.
Unsicherheit auch bei Mitarbeitenden
Im Seniorenzentrum in Kürnach bei Würzburg sind Mona Vierheilig und Nina Pilous als Fachkraft und Pflegehilfskraft beschäftigt. Sie sind mit Hingabe dabei, wenn es darum geht, den betagten Damen und Herren einen angenehmen Lebensabend zu ermöglichen. Allerdings müssen sie dabei stets eine FFP2-Maske tragen.
Das führt zu arbeitsschutzrechtlichen Problemen: So müssen beim Tragen von FFP2-Masken zwingend Pausen eingehalten werden. Diese dürfen aber nicht innerhalb des Hauses gemacht werden. Mit dem Pflegealltag ist dies nicht vereinbar. "Da haben wir ein Dilemma mit dem Arbeitsschutz und mit der Fürsorge unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber, das uns bis jetzt noch nicht aufgelöst wurde," beklagt sich von Vietinghoff-Scheel.
Pragmatische Lösungen sind gefragt
Im Pflegealltag werden Bewohner sowie Pflegepersonal immer wieder mit Problemen konfrontiert, die durch die Maskenpflicht verursacht werden. Kommunikationsprobleme lassen sich beispielsweise oft nur lösen, indem die Mitarbeitenden die Maske abnehmen, obwohl sie das laut Gesetz eigentlich nicht dürften.
Ausnahme: bei schwerhörigen Bewohnern. "Bei Gruppenstunden, wenn viele Bewohner mit dabei sind, ist es wirklich schwierig, dass die mich mit Maske verstehen", beschreibt Mona Vierheilig die Situation. Der Pflegefachkraft wäre es am liebsten, die Maskenpflicht würde für Beschäftigte als auch für Bewohner fallen. Schließlich werden die Mitarbeitenden regelmäßig getestet.
Zu Hause muss ich auch keine Maske tragen
Eva von Vietinghoff-Scheel vertritt den Standpunkt, dass der Gesetzgeber respektieren sollte, dass die Pflegeheimbewohner in den Einrichtungen leben. Insofern müsse auch die komplette Einrichtung wie Wohnraum zu Hause behandelt werden. Und in den eigenen vier Wänden gäbe es ja auch keine Maskenpflicht. "Das ist ihr Zuhause, die leben hier." Deshalb sollten in den Pflegeheimen die gleichen Regeln gelten wie in der heimischen Wohnung, so ihre Forderung.
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