Caspar, Dominik, Tiphaine, Katharina und Elsa (v. li. nach r.) vom bayerisch-französischen Schafkopfstammtisch in München.
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Caspar, Dominik, Tiphaine, Katharina und Elsa (v. li. nach r.) vom bayerisch-französischen Schafkopfstammtisch in München.

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Schafkopfen - Immer beliebter, aber nicht überall erwünscht

In der Pandemie haben viele junge Menschen mit dem Schafkopfen angefangen. Aus den Runden am Bildschirm sind nun oftmals richtige Stammtische im Wirtshaus geworden. Doch nicht überall ist es leicht, ein Lokal für die Spielrunden zu finden.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 am Samstagvormittag am .

Tiphaine, Elsa, Katharina, Caspar und Dominik haben einen Stammtisch in München-Giesing. Die fünf haben sich 2018 bei der Master-Arbeit kennengelernt, seit 2019 treffen sie sich fast wöchentlich zum Kartenspielen. Das Besondere an dieser Runde: Vielleicht ist es der einzige bayerisch-französische Schafkopfstammtisch.

Vom Bildschirm wieder zurück ins Wirtshaus

Während der Pandemie sind die fünf am Bildschirm zusammengekommen, um ihren Schafkopf-Stammtisch aufrechtzuerhalten. Damit waren sie nicht alleine. Online-Spiele haben zu der Zeit regelrecht geboomt.

"Hätten wir das nicht gemacht, würde es diese Runde nach so langer Pause vermutlich nicht mehr geben", erzählt Dominik. "Im Lockdown war es super, dass wir diese Stammtisch-Runde hatten, doch irgendwann wollten wir uns einfach wieder wirklich treffen, gemeinsam spielen, essen und trinken."

Schafkopfen - Beliebter, jünger, weiblicher

Dominik hat auch festgestellt, dass Schafkopfen vor allem bei jungen Leuten immer beliebter wird: "In meinem Umkreis spielen einige Schafkopf, ich kenne mehrere Stammtische, die sich regelmäßig treffen. Auch gar nicht mehr so ganz klassische 'urige Bayern'. Wenn man sich hier im Lokal umsieht, die sind ja auch eher jünger, weiblicher, als man eigentlich denken würde."

Dominiks Beobachtung können auch andere Wirtinnen und Wirte in München bestätigen. Mittlerweile gibt es sogar Lokale, die Schafkopf-Runden explizit in ihren Lokalen willkommen heißen, denn die Nachfrage ist groß. Das "Trumpf oder Kritisch" in Schwabing zum Beispiel oder das Lokal "Tout oder Sie" im Münchner Osten. Auch im "Ca Va" im Westend treffen sich vor allem abends Brett- oder Kartenspielrunden. Einzige Bedingung: Es darf nicht um Bargeld gespielt werden. "Bevor die Tische leer sind, freut es uns immer, wenn da Leute sitzen. Auch wenn sie vielleicht nicht so viel konsumieren", so David Jaschkowitz von der Wirtefamilie.

Schafkopf-Runden nicht überall willkommen

Für den bayerisch-französischen Schafkopfstammtisch war es anfangs nicht so einfach, ein passendes Lokal zu finden. Katharina erinnert sich an eine Situation in einer anderen bayerischen Wirtschaft in Giesing, die auf ihrer Webseite sogar mit "Tradition und Bodenständigkeit" wirbt. "Wir haben angefangen zu spielen und dann kam der Kellner und meinte, wir dürfen nicht spielen. Dann kam noch die Besitzerin und meinte: 'Das ist schon seit dreißig Jahren Tradition, dass hier nicht gespielt wird'. Wir sollen bitte aufhören". Auf BR-Anfrage teilte die Wirtschaft mit: "Das stimmt, Kartenspieler sind bei uns nicht erwünscht, da es bei solchen Runden auch schnell mal laut wird."

Bevor die fünf jungen Leute ihre Stammwirtschaft gefunden hatten, kam es zu ein paar ähnlichen Situationen in anderen Lokalen. Und da Schafkopf-Runden nicht überall in München erwünscht sind, gibt es mittlerweile eine privat betriebene Internetseite, auf der die Lokale aufgeführt sind, in denen gespielt werden darf und wo es nicht erlaubt ist.

Gaststättenverband: "Vor allem im ländlichen Raum gerne gesehen"

Thomas Geppert vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga erklärt, dass es auf dem Land das Problem eigentlich nicht gebe. Und selbst in großen Städten wie München sei das Karteln in den meisten Wirtshäusern erlaubt: "Gerade speiseorientierte Wirtshäuser sehen das Thema Karteln tatsächlich manchmal nicht so gern, da es auch die anderen, essenden Gäste stören könnte. Aber es gibt oftmals separierte, spezielle Ecken, wo man dann Karteln kann". Laut Gaststättenverband ist keine pauschale Abneigung in der Gastronomie in Bezug auf Spielrunden erkennbar – sogar auch in Großstädten.

"Vor allem im ländlichen Raum wird’s in den Wirtshäusern sogar gerne gesehen, denn damit werden die Wirtshäuser nicht nur belebt, sondern sie tragen auch ihrer soziokulturellen Bedeutung als Orte des Zusammentreffens Rechnung," sagt Geppert. "Es ist also durchaus erwünscht und möglich, dass man Kartenspielen kann."

"Eine coole Abwechslung zum Arbeitsalltag"

Zurück zum bayerisch-französischen Schafkopfstammtisch in Giesing. Es ist mittlerweile 22 Uhr und die Notizblockseite mit den Punkten aus jeder Runde ist schon bis unten gefüllt. Nur zum Essen haben die fünf Spielerinnen und Spieler eine kurze Pause eingelegt, beim Nachtisch haben sie nebenbei schon wieder gekartelt.

Um Geld spielen Tiphaine, Elsa, Katharina, Caspar und Dominik nicht. Die Siegerin oder der Sieger gewinnt nichts, das ist Ehrensache - und schließlich gehe es bei dem Stammtisch vor allem um den Spaß, so Caspar, einer der beiden jungen Männer in der Gruppe. "Nach Feierabend 'ne Runde Schafkopfen, das macht Spaß, ist eine coole Abwechslung zum Arbeitsalltag".

Modernere Begriffe, eigene Extra-Regeln

Dass sie zu fünft sind, finden sie ziemlich praktisch. So haben bei jedem Treffen immer mindestens vier Zeit. Heute sind alle am Start, da wird einfach nach jeder Runde durchgewechselt. Und wie bei fast allen Schafkopfstammtischen gibt es auch hier eigene Regeln. Dominik erklärt sie: "Jetzt wird ein Spiel geklopft, das heißt, man verdoppelt anhand seiner ersten vier Karten das Spiel. Das ist so eine Extra-Regel, die wir haben. Wir spielen außerdem den 'Farbwenz'. Aber wir spielen jetzt zum Beispiel keinen 'Geier', wir spielen keine 'Hochzeit' und was es alles da noch gibt." Und Katharina ergänzt, dass sie in den vergangenen Jahren teilweise auch eigene Begriffe eingeführt haben, weil sie ihnen zu sexistisch oder altmodisch vorgekommen seien: "Jungfrau" zum Beispiel.

Französin führt Schafkopf-Runde in bayerischer Firma ein

Mittlerweile spielt der bayerisch-französische Stammtisch die letzte Runde und zählt anschließend die Punkte des Abends zusammen. Wieder hat Tiphaine gewonnen, sie führt aktuell sogar die Jahres-Bestenliste.

Inzwischen macht ihr das Schafkopfen so viel Spaß, dass sie es nicht nur am wöchentlichen Stammtisch, sondern auch in ihrer Firma in München spielt. Genauer gesagt: Tiphaine, die Französin, hat das Spiel überhaupt erst in die Firma gebracht, indem sie eine tägliche Kantinen-Schafkopf-Runde eingeführt hat: "Da dachte ich mir, das wäre ganz cool, auch mal hier zu spielen. Ich habe dann mal einen Termin geschickt, für Mittwoch. Dann wurde es langsam zu einer täglichen Mittags-Runde. Jetzt machen wir Stammtisch am Mittwoch und ein Schafkopf-Turnier haben wir auch schon organisiert".

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Seit Beginn ihrer Stammtisch-Runde tragen die fünf jungen Spieler alle Ergebnisse in diesen Block ein. Hier ein Blatt aus den Anfangszeiten 2019.

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