- Hier finden Sie sämtliche BR24-Jahresrückblicke auf Politik, Kultur, Sport, Wissenschaft, die Toten des Jahres und das Leben in Bayerns Regionen. Plus: eine Vorschau auf 2023.
FEBRUAR: Inferno in Fürther Innenstadt
Ein Lastwagen-Fahrer brettert betrunken durch die Hardstraße in Fürth und hinterlässt eine beispiellose Spur der Verwüstung. Seinen Sattelzug mit 26 Tonnen Maschinenteilen steuert er mit Tempo 70 durch das Wohngebiet. Vor einem Mehrfamilienhaus verkeilt sich der Laster in mehrere Fahrzeuge und geht in Flammen auf. Fünf Verletzte, 33 demolierte Autos, beschädigte Häuser und ein Gesamtschaden von etwa 800.000 Euro sind Folgen der Fahrt. Der Mann hatte dabei mehr als zwei Promille Alkohol im Blut. Dafür wird der 51-Jährige zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Seinen Schein ist er los. Die Stadt versucht, eine Wiederholung zu verhindern.

Brennende Autos in der Hardstraße
MÄRZ: Ukraine-Krieg trifft auch Franken
Mit der Zeitenwende am 24. Februar stehen viel Franken erstmal unter Schock, bevor sich in der Region eine Welle der Hilfsbereitschaft aufbaut. Geflüchtete – anfangs bis zu 200 Menschen pro Tag – kommen oft unkompliziert privat unter. Städte, Gemeinden und soziale Hilfsorganisationen stellen schnell übers Internet Informationen bereit, wer wofür zuständig ist und wo es Unterstützung gibt. Unter anderem in Nürnberg, wo es eine besonders große ukrainische Gemeinde gibt, werden Sammelstellen aufgebaut, ein Fahrplan für Hilfstransporte nach Polen und weiter nach Lwiw etabliert. Nürnbergs Partnerstadt Charkiw ist stark betroffen von Gefechten, regelmäßig gehen Konvois in die umkämpften Gebiete. Im Gegenzug wird versucht, die Geflüchteten in Deutschland möglichst schnell zu integrieren und ihnen eine Perspektive zu geben, solange daheim Krieg herrscht.
JULI: Kongresshalle wird Ersatz-Oper

Kongresshalle
Ein unvollendeter Nazi-Bau als Heimstätte für das kulturelle Aushängeschild der ehemaligen Stadt der Reichsparteitage – allein als solches hätte dieses Projekt ausgereicht, um in Nürnberg für einiges an Kopfzerbrechen und -schmerzen zu sorgen. Auch wenn das Staatstheater nur so lange in der Kongresshalle Unterschlupf finden würde, bis das marode Opernhaus saniert ist. Denn die Stadt muss kräftig sparen, und allein der Umbau zur Ausweichspielstätte soll schon 250 Millionen Euro kosten. Und er muss bis 2025 abgeschlossen sein, denn dann steht der Auszug aus der baufälligen Oper an. Zudem wird gefordert, die entstehenden Räumlichkeiten dauerhaft nutzen zu können und so den größtenteils leerstehenden Monumentalbau endlich sinnvoll zu verwenden. Einkaufszentrum, Fußballstadion oder einfach verfallen lassen – das alles war in den vergangenen Jahrzehnten schon im Gespräch. Nun soll also die Kultur übernehmen. Die Stadt versucht, skeptische Bürger behutsam an diese Vorstellung heranzuführen. So oder so bleiben wohl viele Gründe für weitere Kopfschmerzen.
Sie haben uns 2022 für immer verlassen
Links zu unseren Nachrufen:
- Rudolf Schwemmbauer
- Uschi Unsinn
- Helmut Schwarz
- Josef Göppel
- Hartmut Frommer
- Einhard Bezzel
- Horst Schäfer
- Helene Metz
AUGUST: Schwarzfahren fürs 9-Euro-Ticket
Es ist ein durchschlagender Erfolg, das 9-Euro-Ticket. Busse und Bahnen bringt es an die Grenze der Belastbarkeit und viele Fahrgäste erstmals in die Öffentlichen. Umso mehr Menschen ärgern sich, dass es keine Nachfolge für das 9-Euro-Ticket gibt. Einer zieht besonders öffentlichkeitswirksam Konsequenzen: der streitbare Jesuitenpater Jörg Alt und mehrere Klimaktivistinnen und -aktivisten der "Letzten Generation" protestieren gegen das Ende des 9-Euro-Tickets, indem sie schwarz Straßenbahn und U-Bahn fahren. Sie sprechen selbst von einer "Aktion zivilen Ungehorsams".

Aus Fleiß ohne Fahrschein
OKTOBER: Staatsphilharmonie wird 100
Die Geschichte eines Orchesters in Nürnberg reicht zurück bis zur ab 1377 nachweisbaren Reichsstädtischen Ratsmusik.1922 übernimmt die Stadt Nürnberg das Opernorchester in kommunale Verantwortung und legt es mit einem privaten Symphonieorchester zusammen: Die Nürnberger Philharmoniker sind geboren. Als Staatsphilharmonie Nürnberg ist es heute das zweitgrößte Opernorchester Bayerns. Unter der Ägide von Joana Mallwitz sticht es auch als versiertes Konzertensemble hervor. In einer Festwoche beschenkt sich die Philharmonie selbst mit der Uraufführung eines Auftragswerks. Auf die scheidende Generalmusikdirektorin Joana Mallwitz wird ab kommender Spielzeit Roland Böer folgen.

100 Jahre Staatsphilharmonie Nürnberg
OKTOBER: Musikfest ION hat ein festes Zuhause
Schlüsselübergabe: Innenminister Joachim Herrmann (CSU), Mäzen Wolfgang Bühl, Joachim Pietzcker und Moritz Puschke von der ION-Leitung (v. links)
Wer für Kulturschaffende spendet, ist mindestens ein Fan. Doch wer der Kultur ein ganzes Haus überlässt, darf sich mit Fug und Recht Mäzen nennen. Wolfgang Bühl ist so einer. Ihm ist zu verdanken, dass das renommierte Musikfest ION Räume in einem denkmalgeschützten Haus in der Nürnberger Altstadt kostenlos nutzen darf: drei Geschosse, Hof und Saal. Und zwar so lange, wie es das Musikfest ION gibt; das ist den Organisatoren von der Stiftung "Internationale Orgelwoche Nürnberg – Musica Sacra" notariell beglaubigt. Als Klassik-Fan freut er sich, einen Teil seines Vermögens der Allgemeinheit zurückgeben zu können, sagt Bühl. Das Team, das bislang Büros in der Königstraße nutzt, will einen Ort der Begegnung daraus machen.
NOVEMBER: Puma-Chef macht rüber zu Adidas
Paukenschlag in Herzogenaurach: Der bisherige Puma-Chef Björn Gulden soll ab 1. Januar 2023 Vorstandsvorsitzender beim deutlich größeren Konkurrenten Adidas werden. Ausgerechnet beim Traditions-Konkurrenten, nur ein paar Häuser weiter. Die Gründer-Brüder Adolf (Adidas) und Rudolf (Puma) Dassler galten stets als tief zerstritten. Gulden folgt bei Adidas auf Kasper Rorsted, dessen Abgang überraschend im August vermeldet wird. Der 57-jährige Norweger war bereits bis 1999 bei Adidas für Bekleidung und Accessoires zuständig. Die Fußball-WM zumindest versüßt seinen Einstieg nicht: Nach dem deutschen Aus in Katar werden die Trikots der Mannschaft von Ausrüster Adidas zum halben Preis verkauft.
NOVEMBER: Volker Heißmann wird Präsident der Spielvereinigung Greuther Fürth (aber hoffentlich nicht lange)
Volker Heißmann ist neuer Präsident der Spielvereinigung Greuther Fürth
Kein Scherz vom Mariechen! Als Kleeblatt-Fred Höfler wie angekündigt am Ende seiner Amtszeit nicht mehr zur Wahl antritt, einigen sich die Ober-Kleeblätter auf den bisherigen Vize Volker Heißmann als neuen Präsidenten der Spielvereinigung Greuther Fürth. Der Komödiant, Schauspieler und Theaterdirektor ist geborener Fürther und Fan seit Kindesbeinen ("Mein Vater schlägt Purzelbäume im Himmel"), war auch schon Stadionsprecher. Seine Zusage fürs höchste Amt kommt, als die Spielvereinigung sportlich in schweren Turbulenzen ist, heißt es vom Verein. Jetzt will Heißmann bis zum Wiederaufstieg in die Erste Liga den Chefposten behalten. Also hoffentlich nicht auf Lebenszeit – Scherz! ;)
DEZEMBER: Augenreiben nach Reichsbürger-Razzia

Festnahmen in Franken
Spätestens seit 2020 könnte man zeitweise durchaus das Gefühl haben, nicht in der Realität leben, sondern in einem Film aus der Feder mittelmäßig begabter Drehbuchautoren. Ein weiteres Kapitel (sowohl von Drehbuch als auch von Realitätsverweigerung) kommt Anfang Dezember hinzu, als in einer beispiellosen Aktion bundesweit Razzias im Milieu sogenannter Reichsbürger durchgeführt werden. Die zwei Dutzend Verhafteten sollen nichts weniger als die Übernahme der Macht im Lande geplant haben. Vor Weihnachten noch wollten sie den Ermittlern zufolge losschlagen, den Bundestag stürmen, Spitzenpolitiker verhaften; auch von Exekutionen ist die Rede. Ein Schattenkabinett stand demnach schon, inklusive Prinzen mit Familienproblemen als Regierungschef. Seine rechte Hand sollte ein ebenfalls verhafteter Mann aus dem Landkreis Ansbach werden. Unrealistisch und lächerlich? Die Ermittlungen laufen noch, aber es steht bereits fest, dass viel mehr Menschen in die Pläne involviert waren und auch ein "militärischer Arm" teils aus Ex-Soldaten existierte. Wird langsam Zeit für den Abspann.
DEZEMBER: Eishockey-Legende hängt Schlittschuhe an den Nagel

Eishockeyspieler Patrick Reimer und Sohn
"Legende" gehört nicht zu den Begriffen, die man im Sport inflationär verwenden sollte. Für Eishockey-Spieler Patrick Reimer passt er aber perfekt. Geboren in Mindelheim in Schwaben, spielt er seit zehn Jahren bei den Nürnberg Ice Tigers. Mit der deutschen Nationalmannschaft gewinnt er 2018 in Pyeongchang die olympische Silbermedaille, in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) ist er Rekordscorer, dazu nur einer von acht Spielern, die bei mehr als 1.000 DEL-Matches dabei waren. Und er ist der bisher einzige, der drei Mal zum Spieler des Jahres gewählt wurde. Mit 40 Jahren und nach zwei Jahrzehnten als Profi beendet der Kapitän der Nürnberg Ice Tigers seine Karriere zum Saisonschluss. Ihm zu Ehren soll seine Rückennummer 17 an der Noris nicht mehr vergeben werden. Legende eben.
DEZEMBER: Gemopster Hund kehrt nach sieben Jahren heim
Hundedame Suzi ist wieder zuhause
Diese Geschichte könnte das Christkind kaum schöner einfädeln: Nach nicht weniger als sieben Jahren kehrt ein geklauter Hund wieder in sein Zuhause zurück. Die Nürnberger haben seit April 2015 nach Pekinesin Suzi gesucht. Die Hündin war damals vor einem Geschäft in Wien plötzlich verschwunden. Nach Jahren taucht sie in einem Wiener Tierheim wieder auf. Eine Internetnutzerin erinnert sich an den Fall der verschwundenen Suzi, als das Tierheim neue Besitzer sucht und gibt den entscheidenden Tipp. So kann Frauchen die inzwischen gealterte Pekinesendame in Wien endlich wieder in Empfang nehmen. Pünktlich zu Weihnachten sitzt Suzi wieder daheim unterm Baum.
Mittelfranken ganz oben
Die Nürnberger Buchhandlung Jakob hat verstanden, das Internet für und nicht gegen sich arbeiten zu lassen. Über Buchrezensionen, Live-Talks oder Lesungen auf Instagram interessiert die junge Chefin Lilly Ludwig Tausende Buchfans und lockt sie in den Laden. Ihr Team wird dafür 2022 mit dem Deutscher Buchhandlungspreis ausgezeichnet – und das, nachdem die Buchhandlung 2010 schon mal schließen musste.
Für die Zeitschrift Der Feinschmecker ist die Traditionsmetzgerei Meyer in der Nürnberger Nordstadt die beste der 600 verglichenen bayerischen Handwerksbetriebe. Der familiengeführte Betrieb in dritter Generation überzeuge nicht nur mit Qualität, sondern auch mit Innovation wie Eventfleischerei oder einer Metzgerei-App.
Überhaupt Metzger: der vielfach ausgezeichnete Jürgen Reck aus Möhrendorf weiß schon gar nicht mehr wohin mit seinen Pokalen. Heuer wird er im Juli zum dritten Mal Wurst-Europameister und legt im September nach: Als Mitglied im Team Deutschland holt er in Sacramento in den USA den Metzger-Weltmeistertitel.
Ausgezeichnet vegan sind die Kitchendudes, vier befreundete Köche aus Nürnberg. Aus Spaß am Grillen haben sie an der Premiere der deutschen veganen Grillmeisterschaft teilgenommen und gleich Platz 1 belegt.
Beim Bundeswettbewerb der Klavierbauer kommt keiner an Tanja Meier aus Fürth vorbei. Dabei spielt die 25-Jährige gar kein Klavier. Für ihren Chef, den Fürther Klavierbaumeister Thomas Kreisel, ist es schon die zweite derart dekorierte Azubine aus seinem Betrieb.
Gleich Weltmeister wird die Hip-Hop-Tanzcrew Original Gamechanger aus Fürth und Nürnberg im Mannschafts-Finale bei der diesjährigen Weltmeisterschaft in Graz. Vorher holt schon Gamechanger Henry "Kid Lawray" Nguyen den Titel bei den Einzelkämpfern.
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