Ende Juni soll dieser 18 Meter lange Nachbau eines Römerboots vom Stapel gelassen werden.
Bildrechte: BR24/Nicole Schmitt

Ende Juni soll dieser 18 Meter lange Nachbau eines Römerboots vom Stapel gelassen werden.

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Römische Handwerkskunst am Altmühlsee

Am Altmühlsee entsteht derzeit der Nachbau eines Römerboots. Doch wie waren eigentlich die Segel dieser Boote beschaffen? Wie wurden Taue und Takelage gemacht? Diesen Fragen ging ein Workshop über römische Handwerkskunst nach.

Der Workshop am Altmühlsee über römische Handwerkskunst beginnt am Nachmittag mit kleiner Knotenkunde für die Teilnehmer. Egal ob Palstek, Achtknoten oder Webeleinstek – fest steht für alle relativ schnell: Für den perfekten Knoten braucht es Übung. Und die hat er: Segelmacher-Meister Gerd Lahmeyer aus Hamburg. Seit mehr als 40 Jahren fertigt er Segel. Lahmeyer ist ein absoluter Fachmann auf seinem Gebiet. Flink lässt er die Nadel durchs Segel gleiten, um ein paar Ausbesserungen vorzunehmen. Hilfreich ist da sein Segelmacher-Handschuh aus dickem Rindsleder: "Der sorgt dafür, dass man sich die Nadel nicht in die Hand schiebt", erzählt der Hanseat, "sondern man im ganzen Unterarm sehr viel Kraft ausüben kann." Sein Segelmacher-Handschuh sei ein Einzelstück, dazu ein Erbstück. Geerbt von seinem Nachbarn: "Der Handschuh hat zufällig gepasst."

Segelmacher-Meister stopft Löcher für ein EU-Projekt

Seinen Handschuh kann er an diesem Wochenende am Altmühlsee gut gebrauchen. Der Auftrag ist klar: Lahmeyer soll Löcher stopfen – für das EU Interreg Projekt "Living Danube Limes", das unter anderem der Frage nachgeht, welche Schiffs-Segel die Römer im vierten Jahrhundert verwendet haben. Für Boris Dreyer, Professor für Alte Geschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, eine von vielen spannenden Fragen, denen er auf den Grund gehen möchte. "Wir wissen aus bildlichen Belegen und Material-Überresten, dass es das sogenannte Rahsegel, das Spriet- und das Lateinersegel gegeben hat. Und genau diese Dreiteilung empfinden wir hier nach", so der Althistoriker.

Nur wenige archäologische Belege über Segel aus der Antike

Wie diese verschiedenen Segel in der Antike exakt Verwendung fanden, liegt noch im Unklaren. Aus der Zeit des Römischen Reichs gebe es gerade mal eine Handvoll Segel-Funde, sagt der Münchner Archäologe Timm Weski, der den Workshop-Teilnehmern an diesem Wochenende historische Belege und theoretische Grundlagen antiker Segel erläutert. "Die Funde stammen alle aus Ägypten, wobei in einem Fall eine Mumie in einem Segel eingeschlagen worden ist, was als Mumientuch benutzt worden ist. Von diesem Segel ist relativ viel erhalten. Die anderen Segel stammen aus Häfen am Roten Meer." Worüber es leider keine Nachweise gebe, seien die berühmten Ledersegel, von denen Cäsar in "De Bello Gallico" schreibt. Als er von der entscheidenden Schlacht zwischen den römischen Truppen und den Venetern berichtet, werden auch die Ledersegel erwähnt. Gewonnen haben übrigens die Römer.

Althistoriker Boris Dreyer baut zweites Römerboot

In der Werft am Altmühlsee aber geht es an diesem Wochenende nicht um Ledersegel, sondern um viele andere Fragen rund um die Römerboote. So möchte Althistoriker Boris Dreyer im Rahmen des EU-Projekts beispielsweise in Erfahrung bringen, wie einst die Leistungs- und Einsatzmöglichkeiten unterschiedlicher Segel auf einem Römerboot gewesen sind. Deshalb wird gerade an einem eichenbeplankten Nachbau eines Römerboots gebaut. Danuvina alacris (navis), kurz DUC, soll es heißen. "Wir wissen ja nicht viel mehr, als dass dieses Römerboot einmal existiert hat. Es ist belegt durch die Wracks bis zum Dollbord, also bis zum Rand des Schiffes. Alles, was darüber hinaus geht, ist nicht erhalten. Das müssen wir aus anderen Informationsecken und -quellen rekonstruieren."

Römerboot soll im Juni in See stechen

Auch wenn der Erlanger Professor bereits Routine und viele helfende Hände beim Flussschiff-Bau hat – anlässlich des 275-jährigen Jubiläums der Friedrich-Alexander-Universität fertigte er bereits die Fridericiana Alexandrina Navis (kurz FAN) – ist der Zeitplan für die Fertigstellung des neuen Römerboots eng gesteckt. Ende Juni soll das 18 Meter lange Römerboot vom Stapel laufen und zu Wasser gelassen werden. Direkt neben seinem Vorgänger, der hier bereits vor Anker liegt. Dann wollen die Forscher in die Testphase einsteigen. Die Segel jedenfalls werden dank des Hamburger Segelmacher-Meisters Gerd Lahmeyer picobello sein.

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Segelmacher-Meister Gerd Lahmeyer bei der Arbeit

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