Regensburgs suspendierter Oberbürgermeister Joachim Wolbergs sagt seinen Genossen den Kampf an - per Email. Er kündigt an, sich wieder verstärkt in der SPD einmischen zu wollen. Wohl, um die eigene Version der sogenannten Regensburger Korruptionsaffäre zu schildern und sich gegen Aussagen der lokalen Parteiführung zu wehren. Die Mail liegt dem Bayerischen Rundfunk vor. Zuvor hatte das lokale Online-Nachrichtenportal "regensburg-digital" darüber berichtet. Der SPD-Unterbezirksvorsitzende Sebastian Koch bezeichnete die E-Mail als "irrationale Verzweiflungstat". Koch war einer der Adressaten.
Genießt Wolbergs noch Vertrauen?
Wolbergs schreibt in der Mail unter anderem: "Ich werde also ab sofort wieder regelmäßig Parteiveranstaltungen besuchen und mich dort auch einmischen und zu Wort melden. Ich werde mich ab sofort aktiv bei allen Ortsvereinen melden, mit der Bitte, dorthin eingeladen zu werden, um genau die Frage zu klären, ob ich Vertrauen verloren habe oder nicht."
Wandel im öffentlichen Auftritt
Nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft im Frühjahr 2017 hatte sich Wolbergs kaum auf Parteiveranstaltungen gezeigt. Er begründete dies unter anderem damit, dass sein Erscheinen von politischen Inhalten ablenken würde. Erst seit Herbst vergangenen Jahres meldet sich Wolbergs auch öffentlich wieder verstärkt zu Wort. Zunächst per Videobotschaft. Später auch in Interviews, in denen er immer wieder seine Unschuld beteuerte. Wolbergs begründete seine neue Absicht mit dem Verhalten der Regensburger Parteiführung. Diese habe zu schnell ein Urteil über ihn gefällt und sich von ihm abgewandt.
"Ich wollte nie eine Auseinandersetzung, aber ich kann auch anders. Wer mit Steinen wirft, sollte auch den Rückwurf ertragen. Wer sich nicht solidarisch verhalten kann, selbst dann nicht, wenn über die betroffene Person gesprochen wird, ohne dass diese dabei ist und sich wehren kann, der darf Solidarität auch nicht einfordern. Wer Solidarität als Wert predigt, aber jemandem, der in Untersuchungshaft kommt, diese sofort entzieht, muss damit rechnen, dass ihn das irgendwann einholt." Joachim Wolbergs
Vorwürfe an Margit Wild
Der Regensburger Landtagsabgeordneten Margit Wild wirft Wolbergs vor, sie wehre sich zwar gegen das geplante Polizeiaufgabengesetz der Staatsregierung, habe sich aber nicht über die Ermittlungsmethoden der Regensburger Staatsanwaltschaft beklagt: "Die Abgeordnete, die jetzt an der Spitze der Bewegung gegen das neue Polizeiaufgabengesetz steht, die sich aber nie darüber entrüstet hat, das auch ihre Telefonate mit mir, alle Journalistentelefonate mit mir, private Kernbereichsgespräche und Gespräche mit Rechtsanwälten abgehört wurden, was sie alles von mir wusste. Die Abgeordnete kritisiert jetzt ein Gesetz, dessen vermeintlich neuen Inhalte, bereits jetzt praktiziert werden." Zudem habe Wild nie hinterfragt, warum die Ermittler beim Regensburger CSU-Landtagsabgeordneten Franz Rieger nicht ähnlich scharf nachforschten. Und das, obwohl bewiesen sei, dass er für seinen Landtagswahlkampf auf dieselbe Weise Spenden erhalten habe wie die SPD.
Goger: Entdecker der Unregelmäßigkeiten
Wolbergs greift auch SPD-Landesschatzmeister Thomas Goger, zuletzt mit deutlicher Mehrheit im Amt bestätigt, an. Dieser habe nie mit ihm geredet, bevor er das Ermittlungsverfahren "gegen einen eigenen Oberbürgermeister" auf den Weg gebracht habe. Goger hatte die Affäre um den einstigen Hoffnungsträger der Bayern-SPD im Jahr 2016 ins Rollen gebracht. Er war auf Unregelmäßigkeiten in der Kasse von Wolbergs' Ortsverein gestoßen und hatte diese der Staatsanwaltschaft gemeldet. Goger ist selbst Staatsanwalt, arbeitet allerdings nicht in Regensburg. Bei der CSU, so Wolbergs weiter, sei so ein Vorgehen undenkbar: Schließlich habe die Regensburger CSU auf dieselbe Art und Weise Spenden erhalten und sei von der CSU-Landesleitung zu jedem Zeitpunkt gedeckt worden.
Gespaltene SPD
Die Regensburger SPD hatte sich im Hinblick auf Wolbergs bis zuletzt gespalten gezeigt. Etwa nachdem er im Falle eines Freispruchs im gegen ihn laufenden Korruptionsverfahren eine erneute Kandidatur in Aussicht gestellt hatte. Die E-Mail dürfte den innerparteilichen Zwist um seine Person jetzt eher vertiefen.
Nach derzeitigem Planungsstand soll am 24. September ein erstes Verfahren gegen Wolbergs und drei weitere Männer beginnen. Im Kern geht es um die Frage, ob Wolbergs Bauträger verbotenerweise gegen Parteispendenzahlungen bevorzugt hat. Ihm werden Vorteilsannahme in mehr als 20 Fällen sowie Vergehen gegen das Parteiengesetz zur Last gelegt.