Auf der Anklagebank drehte sich der 28 Jahre alte Mann beim vergangenen Prozesstag die ganze Zeit leicht nach rechts. So war er vor den direkten Blicken aus dem Zuschauerraum etwas geschützt. Vielleicht muss der Angeklagte am Mittwoch zum letzten Mal in dem Saal des Augsburger Strafjustizzentrums sitzen. Denn im Mordprozess nach einem Raser-Unfall in Monheim im Landkreis Donau-Ries werden vor dem Landgericht Augsburg die Plädoyers erwartet – und möglicherweise fällt auch ein Urteil.
Mit mehr als 200 km/h über die Landstraße
In dem Prozess wird dem 28-jährigen Monheimer Mord vorgeworfen. Er fuhr im April 2021 mit bis zu 204 Kilometern pro Stunde über eine Staatsstraße bei Monheim. Dann verlor er die Kontrolle über sein 240 PS starkes Auto und stieß im Gegenverkehr mit dem Fahrzeug einer damals 54 Jahre alten Frau zusammen. Sie war sofort tot. Der Unfallverursacher und sein Beifahrer, der wegen Beihilfe zum Mord angeklagt ist, wurden schwer verletzt.
Dash-Cam filmte den Unfall
Der Unfallhergang ist nach der Beweisaufnahme vor Gericht weitgehend unumstritten. Das gibt auch die Verteidigung des Hauptangeklagten zu. Maßgeblich trägt dazu das Video einer sogenannten Dash-Cam bei. Die Kamera im Auto der Angeklagten lief bis zum Moment der Kollision und zeichnete auch die Gespräche im Fahrzeug auf. So hatte der 29 Jahre alte Beifahrer seinen Freund am Steuer offensichtlich angefeuert, möglichst schnell zu fahren.
Werten die Richter den Unfall als Mord?
Die Frage ist nun, ob die Richter den Unfall tatsächlich als Mord werten. Auch eine Verurteilung wegen eines verbotenen Autorennens wäre möglich. Stirbt bei einem illegalen Autorennen ein Mensch, kann der Verursacher zu einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren verurteilt werden. Für ein Autorennen braucht es nicht zwingend zwei oder mehr Fahrzeuge, die gegeneinander antreten. Es reicht, wenn ein einzelnes Auto Vollgas gibt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Die geringste Strafe würde es wohl bei einer Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung geben. Dafür sieht das Strafgesetzbuch eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren vor.
Verteidigung will auf fahrlässige Tötung plädieren
Moritz Bode, der Verteidiger des Hauptangeklagten, will vor Gericht auf fahrlässige Tötung plädieren. Das sagte Bode dem BR. Für ihn sei der Verkehrsunfall kein Mord. Die hohen Voraussetzungen für eine Verurteilung wegen Mordes seien nicht erfüllt. Bode sagte dem BR, er könne keinen Vorsatz bei der Tat erkennen. Denn sein Mandat ist ausgebildeter Berufskraftfahrer, könne gut Autofahren und habe auf die moderne Sicherheitstechnik im Auto vertraut.
Anwalt: Kein verbotenes Autorennen
Auch den Vorwurf des verbotenen Autorennens sieht der Anwalt nicht erfüllt. Auf der Landstraße bei Monheim werde oft schnell gefahren. Vielleicht sei sein Mandant "einfach aus Gaudi" dort schnell in Richtung Monheim gefahren, aber nicht um eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen, sagte Bode. Positiv sei, dass sich sein Mandat vor Gericht geäußert und den Vorfall im Grunde eingeräumt habe.
Laut Anklage Mord aus niedrigen Beweggründen
Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten zum Prozessauftakt vorgeworfen, dass er aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch einen Menschen getötet habe. Der 28-Jährige habe aufgrund seiner Fahrweise und weil er die Strecke gut kannte, damit gerechnet, dass bei einem Unfall jemand zu Tode kommen könnte, hieß es in der Anklageschrift. In Berlin wurden 2021 zwei Raser erstmals wegen Mordes verurteilt, nachdem die deutsche Rechtsprechung erst 2017 dahingehend geändert wurde. Illegale Autorennen, zu denen auch Einzelrennen und Polizeifluchten gehören, zählen seitdem laut Strafgesetzbuch als Straftat.
Vorstrafe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr
Was ebenfalls gegen den Angeklagten spricht, sind seine Vorstrafen. Wegen eines Unfalls nach einem missglückten Überholmanöver war der Mann bereits wegen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Körperverletzung bestraft worden. Dazu kommen Strafbefehle wegen Nötigung im Straßenverkehr und zwei Verurteilungen wegen Körperverletzung. In Gutachten, die im Zuge der früheren Delikte erstellt worden waren, hatte der Mann angegeben, Probleme in seinem Elternhaus zu haben. Das schnelle Autofahren habe ihm Spaß gemacht, er habe dabei seine Gefühle rauslassen können.
- Zum Artikel: Tuning- und Raser-Kontrollen – Mit der Polizei auf Streife
Beifahrer fuhr immer wieder ohne Führerschein Auto
Der wegen Beihilfe zum Mord angeklagte Beifahrer hat ebenfalls schon viele Strafen kassiert. Unter anderem verlor der Kfz-Mechatronikermeister wegen des Fahrens unter Drogeneinfluss seinen Führerschein. Weil er immer wieder ohne Führerschein Auto fuhr und dabei erwischt wurde, musste er über die Jahre insgesamt mehr als 15.000 Euro an Strafen zahlen und mehrfach seinen Führerschein abgeben.
Nach den Plädoyers am Mittwoch kann bereits ein Urteil fallen. Falls nicht, wird mit einer Urteilsverkündung am 17. November gerechnet.
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