Das Wetter war am Freitagmorgen zum Radfahren alles andere als ideal. Eisregen war in der Nacht über München gezogen. Die Folge: spiegelglatte Straßen und Gehwege.
Doch die Initiatoren des Volksbegehrens ließen sich dadurch nicht abschrecken. Stilecht per Lastenrad brachten sie am Freitagvormittag Umzugskisten mit den gesammelten Unterschriften zum Bayerischen Innenministerium, um offiziell den Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens zu stellen.
Für den Antrag wären eigentlich nur 25.000 Unterzeichner nötig gewesen. Doch mehr als 100.000 Menschen hatten auf den Listen des Radentscheids unterschrieben. Federführend für das Volksbegehren sind der Fahrradclub ADFC Bayern sowie der Bayerische Landesverband des Verkehrsclub Deutschland. Unterstützung erhalten sie vom Bund Naturschutz sowie einem Parteienbündnis aus Grünen, SPD, ÖDP, Linke und Volt.
Das sind die Ziele des Volksbegehrens
"Grundsätzlich möchten wir erreichen, dass in Bayern alle sicher und komfortabel radeln können", so fasst Bernadette Felsch, Vorsitzende des bayerischen ADFC, die Ziele des Volksbegehrens zusammen.
Das Bündnis des Radentscheids hat deshalb ein Bayerisches Radgesetz entwickelt. Wichtigste Forderung: Bis 2030 soll der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen 25 Prozent betragen. Die letzte wissenschaftliche Erhebung des Radverkehrsanteils stammt bereits aus dem Jahr 2017 und lag damals bei elf Prozent. Die Staatsregierung versprach, die Quote bis 2025 auf 20 Prozent steigern zu wollen. Laut Bernadette Felsch ist der Anteil des Fahrradverkehrs seit 2017 aber nur um ein Prozent gesteigert worden. In ihren Augen ist das viel zu wenig.
Außerdem soll das Tempo beim Radwegebau erhöht werden. Das gilt sowohl für die Sanierung des bestehenden Radwegenetzes als auch den Bau neuer Radwege. So soll bei allen Straßenbaumaßnahmen bereits bei den ersten Planungen geprüft werden, wie eine "geeignete, bedarfsgerechte und sichere Radverkehrsführung geschaffen werden oder diese verbessert werden kann", so das Bündnis "Radentscheid Bayern". Dazu gehören für die Initiatoren des Volksbegehrens auch sogenannte Radschnellverbindungen. Von diesen kreuzungsfreien Überland-Radwegen verspricht man sich eine echte Alternative zum Auto.
Fahrradanteil am bayerischen Verkehrsaufkommen
Staatsregierung plant eigenes Radgesetz
Ministerpräsident Markus Söder hatte vergangene Woche bei der CSU-Klausur in Kloster Banz ein eigenes Radgesetz angekündigt. Der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter will hierzu zeitnah einen Entwurf vorlegen, wie er am Freitag gegenüber dem BR noch einmal betonte. Man habe in den letzten Jahren schon bewiesen, dass der Staatsregierung Radfahren sehr wichtig ist, habe viel angeschoben und viele neue Radwege gebaut, so Bernreiter. Das nun geplante Radgesetz der Staatsregierung soll den Radverkehr stärken und auch rechtlich aufwerten. Bernreiter geht davon aus, dass das Radgesetz noch im Sommer vom Landtag verabschiedet wird.
Für die Initiatoren des Volksbegehrens ist die Ankündigung Bernreiters jedoch kein Grund, die eigenen Aktivitäten einzustellen. Zu lange habe sich die Staatsregierung gegen ein Radgesetz gewehrt. Solange man den Entwurf nicht selbst gesehen und beurteilt habe, ziehe man das Volksbegehren nicht zurück, so Bernadette Felsch vom ADFC. Denn dann gebe es keinen Druck mehr für die Staatsregierung und offenbar brauche sie diesen Druck.
Wie geht es weiter?
Das Innenministerium prüft nun innerhalb von sechs Wochen die Zulässigkeit des Volksbegehrens. Sollte diese Prüfung negativ ausfallen, muss der Bayerische Verfassungsgerichtshof über die Zulassung entscheiden. Im Falle einer Zulassung, sei es durch das Innenministerium oder den Verfassungsgerichtshof, wird eine Eintragungsfrist festgelegt. Binnen dieses 14-tägigen Zeitraums müssen dann zehn Prozent der Wahlberechtigten in den bayerischen Rathäusern für das Volksbegehren unterschreiben. Derzeit sind das rund eine Million Menschen. Das Bündnis "Radentscheid Bayern" rechnet damit, dass der Eintragungszeitraum auf jeden Fall noch vor der Landtagswahl im Oktober liegen wird.
Wird auch diese Hürde genommen, muss der Gesetzesvorschlag im Landtag behandelt werden. Findet er dort Zustimmung, wird die Gesetzesvorlage des Volksbegehrens zum Gesetz. So geschehen beim Volksbegehren "Rettet die Bienen" im Jahr 2019, zu dem der Landtag allerdings ein weiteres Begleitgesetz verabschiedete.
Sollte der Landtag die Vorlage ablehnen, kommt es innerhalb von drei Monaten zum Volksentscheid. Alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger werden dann an die Urne gerufen, um über die Gesetzesvorlage abzustimmen. Hierzu kann der Landtag auch einen eigenen Gegenentwurf zur Abstimmung stellen. Erreicht einer der Vorschläge eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen, gilt das Gesetz als verabschiedet. Das letzte Mal geschah dies beim Volksbegehren zum Nichtraucherschutz im Jahr 2009.
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