Schüler beim Abitur
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Prüfung zu schwer? Petition gegen Mathe-Abi läuft

Tausende Abiturienten in Bayern beklagen sich über die gestrigen Mathe-Prüfungen und wehren sich mit einer Petition. Das Kultusministerium hat die Kritik jetzt zurückgewiesen. Experten hätten die Aufgaben als gut machbar eingeschätzt.

Zu wenig Zeit, sehr spezielle Aufgaben, das schwerste seit vielen Jahren: So klagen bayerische Schülerinnen und Schüler über das gestrige Mathe-Abitur.

Petition gegen Mathe-Prüfung: Mehr als 20.000 Unterzeichnende

Viele von ihnen haben sich deshalb an einer Online-Petition an Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) beteiligt. Gut 20.000 Unterschriften kamen bisher, innerhalb eines Tages, zusammen (Stand: 19.5., 17 Uhr), Tendenz steigend. Die zentrale Forderung: Rücksicht beim Benoten.

Gestartet hat die Petition Bettina Cornean, die nach eigenem Bekunden als Nachhilfelehrerin viele Abiturienten begleitet hat. Sie schreibt in der Petitions-Begründung, auf den Wunsch der Schüler nach einer fairen Mathematik-Prüfung sei nicht eingegangen worden, trotz des in Corona-Zeiten stark beeinträchtigten Unterrichts.

Wunsch von Abiturienten: Anpassung an schwierige Corona-Situation

Auch Moritz Meusel, Landesschülersprecher der Gymnasien, bemängelt unverhältnismäßig schwere Prüfungsaufgaben. Angesichts der langen Distanzunterrichtsphasen sei eine angemessene Vorbereitung kaum möglich gewesen.

Florian Lämmle, Abiturient am Münchner Heinrich-Heine-Gymnasium, wünscht sich, "dass uns das Abitur natürlich nicht geschenkt wird, aber auf alle Fälle an unsere Situation angepasst wird".

Viele Beschwerden in Social Media direkt beim Kultusminister

Auch in den Sozialen Medien verschaffen sich viele Schülerinnen und Schüler Gehör. So haben beispielsweise über 2.000 erboste Schüler einen Instagram-Post von Kultusminister Michael Piazolo genutzt, um in den Kommentaren ihrem Ärger über die Abi-Prüfung Luft zu machen. Und das, obwohl dieser Post gar nichts mit dem Mathe-Abitur zu tun hatte.

So hieß es dort zum Beispiel: "Gar nicht gewusst, dass ich den Mathe-Doktortitel heute beim Abi schreibe" oder, ebenfalls ironisch: "Vielen Dank für das EINFACHE Mathe-Abi, das die Schüler in einer solchen Situation unterstützt". Der ein oder andere nahm es mit Galgenhumor: "War das Mathe oder Kunst Abi?"

Bayerischer Philologenverband kritisiert "Beschwerdekultur"

Karin Moritz, Schulleiterin am Sophie-Scholl-Gymnasium München, dagegen hält das Mathe-Abitur für angemessen und machbar: "Es war jetzt kein Corona-Abi. Das haben alle gesagt. Also nicht irgendwie deutlich leichter. Aber jetzt nicht, dass man gleich eine Petition gestartet hätte."

Für den bayerischen Philologenverband kommt die Diskussion nicht überraschend. Der Vorsitzende Michael Schwägerl beklagt eine permanente "Beschwerdekultur", die durch die digitalen Möglichkeiten verstärkt werde. "Die Prüfung ist kaum geschrieben, die Tinte erst getrocknet und schon ist die Petition am Start. So ist es auch beim Mathematik-Abitur 2021 in Bayern", so Schwägerl. Die Diskussion darüber werde aber nicht nur von Abiturienten geführt. "Fast reflexartig steigen auch Nicht-Betroffene und die Politik auf den Beschwerdezug auf und heizen die Stimmung weiter an. Eine Abiturprüfung in Mathematik ist aber mathematisch, nicht politisch", heißt es in einem Statement des Verbands.

Um letztlich Objektivität und damit Fairness herzustellen, bedürfe es zunächst der Korrektur durch die Lehrkräfte und die Bewertungen aller Prüfungen, die gerade einmal sieben Prozent der Gesamtnote ausmachten – und diese müsse man zunächst abwarten. "Die Absolventen fordern zurecht eine faire Behandlung. Fair ist es dann aber auch, das Endergebnis abzuwarten und nicht nur auf eine einzelne Prüfung zu blicken", so Schwägerl.

Ministerium betont Entgegenkommen im Corona-Jahr

Inzwischen hat auch der Kultusminister selbst Stellung bezogen. Schon in normalen Jahren seien Abiturientinnen und Abiturienten in der Prüfungsphase natürlich angespannt, so Michael Piazolo. "Und nach einer Prüfung hat man auch schon mal das Gefühl, dass nicht alles so gut gelungen ist, wie man sich das vorgenommen hat. In diesem von Corona geprägten Jahr besteht diese Anspannung sicher bei vielen umso mehr, das kann ich gut verstehen."

Allerdings habe man auf die Corona-Sondersituation bereits mit vielen Sonderregelungen reagiert, so Piazolo. "Ich appelliere an alle Abiturientinnen und Abiturienten, sich jetzt auf die nächsten Abiturprüfungen zu fokussieren und sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen."

Das Kultusministerium betont darüber hinaus, dass die Abschlussklassen durchgehend Vorrang beim Präsenzunterricht hatten, dass die Unterrichts- und Vorbereitungszeit durch Verschiebung der Abiturprüfungen und durch Unterricht in den Faschingsferien erweitert wurde, dass prüfungsrelevante und nicht prüfungsrelevante Inhalte erstmals ausgewiesen wurden - und, dass die Prüfzeit um 30 Minuten verlängert wurde. Die diesjährigen Prüfungsaufgaben im Fach Mathematik seien von Experten insgesamt als gut machbar eingeschätzt worden.

"Bitte frustrieren Sie unsere Jugend nicht noch mehr"

Die Online-Petition wird unterdessen nicht nur von Abiturienten unterzeichnet. In den Begründungen dazu kann man auch Stimmen wie diese lesen: "Ich selbst bin Dozentin, Mutter einer baldigen Abiturientin und Tante eines betroffenen Prüflings bei diesem Abitur. Bitte frustrieren Sie unsere Jugend nicht noch mehr!"

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