Der Badeunfall im Freibad in Himmelkron, bei dem im Juli 2014 ein damals achtjähriges Mädchen ertrunken war, wird ab heute (08.02.18) vor dem Amtsgericht Kulmbach aufgearbeitet. Wegen fahrlässiger Tötung sind der Bademeister und die Betreuerin der Kinderturngruppe des TSV Himmelkron angeklagt.
Aufsichtspflicht verletzt
Den beiden wird vorgeworfen, ihre Aufsichtspflicht verletzt zu haben. Die Achtjährige war im Juli 2014 mit ihrer Sportgruppe und einer Betreuerin ins Freibad gegangen. Sie war Nichtschwimmerin und gelangte unbemerkt ins tiefe Wasser.
Mädchen im Krankenhaus gestorben
Zeugen berichteten, dass zu diesem Zeitpunkt weder die Betreuerin noch der Bademeister am Beckenrand standen. Das Mädchen wurde bewusstlos im Wasser treibend gefunden. Sie starb wenige Tage später im Krankenhaus.
Verteidiger melden sich zu Wort
Vor Prozessbeginn haben sich die Verteidiger der beiden Angeklagten erstmals öffentlich zu Wort gemeldet. In einer Pressemitteilung heißt es, dass der Tod des Mädchens ein "tragischer Unfall" sei, "an dem aber weder der Bademeister noch die Betreuerin im strafrechtlichen Sinne Schuld" seien.
Anwälte rechnen mit Freispruch
Die Anwälte Oliver Heinekampf aus Bayreuth und Ralph Pittroff aus Kulmbach rechnen deshalb mit einem Freispruch für ihre Mandanten. Zur Begründung geben sie an, dass laut geltender Rechtssprechung eine Verurteilung nur erfolgen könne, wenn das Mädchen "bei ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung als Bademeister oder Betreuerin [...] mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht verunglückt wäre".
Nur eine Minute ohne Sauerstoff unter Wasser
Genau das könne aber nicht festgestellt werden, heißt es in der Mitteilung weiter. Denn ein Gerichtsmediziner habe angegeben, dass das Mädchen möglicherweise nur weniger als eine Minute ohne Sauerstoff unter Wasser gewesen sein könnte. Entsprechend sei es nahezu ausgeschlossen, dass sie den Unglücksfall überhaupt bemerkt hätten, selbst wenn sie in diesem Moment am Beckenrand gestanden hätten. Das Abtauchen des Mädchens habe möglicherweise ausgesehen wie eine "normale Tauchübung".
Darüber hinaus könne laut den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen über Aufsichtspflichten in öffentlichen Bädern nicht erwartet werden, "dass die Wasserfläche und die im Wasser befindlichen Personen ständig beobachtet werden", so die Anwälte.
Bademeister hat viele Aufgaben
So habe der Bademeister nebenbei auch kassieren, sich um die Schwimmbadtechnik kümmern und auf dem gesamten Gelände Aufsicht machen müssen. Die Betreuerin wiederum sei sofort ins Wasser gesprungen und habe das Kind geborgen. Zusammen hätten sie dann Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet.
"Tragischer Unfall"
Eine Pflichtverletzung, von der die Anklage ausgeht, liege also nicht vor. Abgesehen davon, so die Sicht der Anwälte, hätten die beiden Angeklagten den Tod des Mädchens auch nicht verhindern können, wenn sie den Unfall unmittelbar bemerkt hätten. Ihr Fazit: "Es ist und bleibt ein tragischer Unfall."
Ob das zutrifft oder doch ein Fehlverhalten der Angeklagten vorliegt, will das Gericht in voraussichtlich sieben Verhandlungstagen klären.
Mutter erkämpft Prozess
Dass der Fall nach fast vier Jahren doch noch vor Gericht landet, dafür hat die Mutter des ertrunkenen Mädchens lange gekämpft. Nachdem die Staatsanwaltschaft Bayreuth zunächst die Ermittlungen eingestellt hatte, kam es schließlich im August 2016 doch zu einer Anklageerhebung. Im April 2017 hatte das zuständige Amtsgericht Kulmbach der Staatsanwaltschaft vorgeschlagen, Strafbefehl gegen die Beschuldigten zu erlassen und damit das Verfahren ohne Hauptverhandlung zu beenden.
In diesem Fall hätten die Beschuldigten mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr auf Bewährung bestraft werden können. Die Staatsanwaltschaft lehnte das allerdings ab. Im November 2017 ließ das zuständige Amtsgericht Kulmbach das Verfahren schließlich zur Hauptverhandlung zu.