Ein 26 Jahre alter Polizist muss sich kommende Woche vor dem Amtsgericht Lichtenfels verantworten. Der Vorwurf: Besitz von Kinderpornografie. Zudem werfen die Ermittler dem Mann aus Oberfranken vor, heimlich Nacktaufnahmen von überwiegend jungen, erwachsenen Frauen angefertigt zu haben. Ein Teil der Aufnahmen soll nach Angaben des Amtsgerichts Lichtenfels auch in Räumlichkeiten der Polizei aufgenommen worden sein, nach BR-Informationen etwa auf dem Gelände der Bereitschaftspolizei in Würzburg.
Vorwurf: Angeklagter besaß über 300 kinderpornografische Dateien
Nach Angaben der Zentralstelle Cybercrime in Bamberg sind bei einer Durchsuchung insgesamt etwa 300 kinderpornografische Bilder und 74 Videoaufnahmen aufgetaucht, die nun zur Anklage kommen. Demnach stehen in der Anklage außerdem 13 Fälle, in denen der Beschuldigte offensichtlich ohne Erlaubnis der Geschädigten Nacktaufnahmen von ihnen angefertigt haben soll.
Die Bilder der Frauen soll der Angeklagte etwa in privaten Räumen, wie Schlaf- und Badezimmern hergestellt haben. Nach Angaben der Zentralstelle Cybercrime befinden sich aber auch eine Therme und ein Kloster, das für Tagungen genutzt wird, unter den möglichen Tatorten.
Teil der mutmaßlichen Taten wohl verjährt
Die Vorwürfe, die sich auf dem Würzburger Polizeigelände zugetragen haben sollen, bestätigte ein Sprecher der Zentralstelle Cybercrime auf Anfrage nicht. Zumindest würden sie nun nicht zur Anklage kommen. Diese Fälle sollen nach BR-Informationen inzwischen verjährt sein.
Laut Gesetz können derartige "Eingriffe in den höchstpersönlichen Lebensbereich" nach fünf Jahren strafrechtlich nicht mehr belangt werden. Auch das Amtsgericht in Lichtenfels wollte zunächst keine näheren Angaben machen, welche Polizeigebäude tatsächlich als mögliche Tatorte in Frage kommen.
Prozess von Lichtenfels nach Coburg verlegt
Wie das Amtsgericht weiter mitteilt, wird der Prozess aus Platzgründen voraussichtlich nach Coburg, in einen größeren Sitzungssaal verlegt werden. Die Verhandlung gegen den Beschuldigten findet vor dem Jugendschöffengericht statt. "Wegen seines Alters", wie ein Sprecher der Zentralstelle Cybercrime sagt. Der Angeklagte galt zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Taten noch als Heranwachsender, war also unter 21 Jahre alt. Das Gericht kann in solchen Fällen entscheiden, ob es nach Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht urteilt.
Im Falle einer Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht droht für die heimlichen Nacktaufnahmen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Für den Besitz von Kinderpornografie liegt der Strafrahmen nach Erwachsenenstrafrecht bei drei Monaten bis fünf Jahren Gefängnis.
Beschuldigter Polizist nicht mehr im Dienst
Wie das Amtsgericht mitteilt, befand sich der Angeklagte nach seiner Festnahme in Untersuchungshaft. Inzwischen sei er allerdings wieder auf freiem Fuß. Auch das Polizeipräsidium Oberfranken bestätigte auf Anfrage, dass Ermittlungen gegen den Beamten laufen. Wegen des noch nicht abgeschlossenen Verfahrens könne man sich zunächst allerdings nicht näher äußern. Die Pressestelle der unterfränkischen Polizei verwies auf Anfrage an die Kollegen in Oberfranken.
Auf die Frage, ob der Polizist weiter im Dienst ist, antwortete das Präsidium in Bayreuth: "Die Person darf derzeit keinen Dienst mehr leisten."
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