Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verurteilen jüngste Corona-Proteste wie zuletzt in Schweinfurt scharf – und üben vor allem Kritik daran, dass Demonstranten ihre Kinder dorthin mitnehmen. Ein vierjähriges Kind hatte am Sonntag Pfefferspray in die Augen bekommen, als seine Mutter bei gewalttätigen Demonstrationen in der unterfränkischen Stadt laut Polizei versuchte, eine Absperrung zu durchbrechen.
Polizeigewerkschaft: Kind als "Schutzschild" ist Akt der Unmenschlichkeit
Ein Kind als "Schutzschild" zu missbrauchen sei ein Akt der Unmenschlichkeit, und das müsse das Jugendamt auf den Plan rufen, sagte der unterfränkische Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft DPolG, Thorsten Grimm.
"Man muss sich schon die ernsthafte Frage stellen, was eine Mutter dazu bewegt, ihr Kind im Kinderwagen auf eine solche Versammlung mitzunehmen und sich dann auch noch in vorderster Front zu bewegen bei dem Versuch, die Polizeisperren zu umgehen." Thorsten Grimm, unterfränkischer Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft DPolG
Das vier Jahre alte Kind in Schweinfurt musste medizinisch behandelt werden. Seine Mutter wurde wegen Verstoßes gegen die Demonstrationsauflagen angezeigt, außerdem wurde das Jugendamt informiert, wie die Polizei mitteilte.
Kinder auf Demos mit vollem Kalkül der Eltern
Bayerns DPolG-Landeschef Jürgen Köhnlein kritisierte, die Mitnahme von Kindern geschehe "zum reinen Selbstzweck und mit vollem Kalkül der Eltern".
"Für mich ist dieses unverantwortliche Handeln von Erziehungsberechtigten ein Fall für das Jugendamt. Kleine Kinder haben auf Demos nichts zu suchen." Jürgen Köhnlein, Bayerischer DPolG-Vorsitzender
Jürgen Köhnlein, Vorsitzender des Bayerischen Landesverbandes der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG)
Kinder oft auch im Kinderwagen bei Demonstrationen
Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, stimmte in die Kritik ein. Es komme häufiger vor, dass Eltern mit ihren Kindern – oft auch im Kinderwagen – zu Impfgegner-Demos gehen, um sie als Schutzschilde gegen polizeiliche Maßnahmen einzusetzen, sagte Malchow der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag/online).
Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte Malchow, es sei nicht nachvollziehbar, dass Eltern ihre Kinder gegenüber der Polizei als Schutzschild benutzen und diese somit bewusst in Gefahr bringen. Die eigenen Kinder zu instrumentalisieren, sei "verantwortungslos, schäbig und neben einer Strafanzeige mindestens ein Fall für das Jugendamt".
Unangemeldete Corona-Proteste "brandgefährlich"
Außerdem sei es eine "brandgefährliche Entwicklung", dass sich vielerorts Impfskeptiker und Gegner der Corona-Maßnahmen zu unangemeldeten Demonstrationen zusammenfinden, so Köhnlein. Die Gesamtlage drohe zu eskalieren.
Innenminister: Radikalisierung ist Gefahr für die Demokratie
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht angesichts der zunehmenden Radikalisierung bei Protesten von Corona-Leugnern und Impfgegnern die Gefahr von extremistischen Straftaten. Das sei eine Gefahr für die Demokratie – unabhängig davon, von der Anzahl der Teilnehmer. Es bestehe immer die Gefahr, dass ein Einzelner – angestachelt von Hass und Hetze anderer - ohne Auftrag zur Tat schreite.
Auch wenn die Zahl der radikalen Demonstranten nach wie vor überschaubar sei, gebe es unübersehbar eine Mobilisierung im Bereich der extremen Rechten, betonte Herrmann. Das gehe los bei den Querdenkern, die nichts vom Staat hielten und die sogar staatliche Institutionen außer Kraft setzen wollten.
"Ich sehe hier einen fließenden Übergang in den Bereich der AfD, der NPD und zum sogenannten Dritten Weg. Denen ist gemein, dass sie alle versuchen, bei den Impfgegnern Leute aufzusammeln und ideologisch zu manipulieren. Das ist ein echtes Problem." Innenminister Joachim Herrmann
Ausschreitungen in Schweinfurt bei Corona-Protest
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!