Das bayerische Landeskriminalamt hat keine Sicherheitsbedenken bezüglich der Polizei-Software des US-Unternehmens Palantir. "Es wurde keine sogenannte Backdoor, also Hintertür, identifiziert", sagte LKA-Präsident Harald Pickert im Innenausschuss des Bayerischen Landtags. Weder könnten Daten unzulässigerweise abfließen, indem die Zugriffsbeschränkungen umgehen werden, noch könne von außen unautorisiert auf das System zugegriffen werden - so steht es laut Pickert in einem Gutachten des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie (SIT). Das Institut war zuvor vom Innenministerium damit beauftragt worden, den Quellcode der Software auf Sicherheitsmängel zu überprüfen.
Software soll bei Bekämpfung von Terror und Kinderpornografie helfen
Geht es nach dem Ministerium, soll das Programm in naher Zukunft in Bayern in Form der sogenannten "Verfahrensübergreifenden Recherche und Analyse" - kurz VeRA - zum Einsatz kommen. Die Software kann mehrere Datenbanken der Polizei gleichzeitig durchsuchen und automatisch Querverbindungen sichtbar machen. Ein Vorgang, den Sachbearbeiter laut Pickert bislang händisch und Schritt für Schritt erledigen müssen. Als Beispiele nannte Pickert die Bekämpfung von schweren Straftaten wie Terroranschlägen oder Kinderpornografie: "Hier ist es ja extrem wichtig zu wissen, welche Personen sind beteiligt, um rechtzeitig reagieren zu können." Das System sei ein Beitrag zum Opferschutz.
Benjamin Adjei von den Grünen kritisierte, dass nicht klar genug definiert sei, wie konkret eine Gefahr im Einzelfall sein muss, damit die Software zum Einsatz kommen kann. Bei VeRA würde "extrem viel" zusammengefasst - von Einwohnermeldedaten über Passagierdaten bis hin zu Fallermittlungsakten. "Ich glaube, solche sensiblen Eingriffe müssen strengsten Regelungen und auch Kontrollmechanismen unterliegen", sagte Adjei nach der Ausschusssitzung zu BR24.
Fraunhofer-Gutachten bleibt unter Verschluss
Außerdem bemängelte der Digitalisierungsexperte der Grünen, dass der Prüfbericht des Fraunhofer-Instituts samt der Ergebnisse nicht veröffentlich wird. Das LKA hatte das Gutachten als Verschlusssache eingestuft. Zum einen "wegen der sensiblen Angaben zur IT-Infrastruktur der Polizei", wie Pickert ausführte, zum anderen enthalte der Bericht aufgrund der Quellcodeanalyse Geschäftsgeheimnisse der Firma Palantir und dürfe deshalb auch nicht auszugsweise eingesehen werden.
Damit das Programm in der bayerischen Polizeiarbeit eingesetzt werden kann, braucht es auch nach Auffassung der Staatsregierung eine neue Rechtsgrundlage. In Hessen und Hamburg arbeiten Ermittler schon länger mit Programmen von Palantir. Im Februar hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass dortige Regelungen gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Persönlichkeitsrecht verstießen.
Keine Software, dafür Kosten in Millionenhöhe
Wann ein entsprechendes Gesetz im Freistaat auf den Weg gebracht wird, steht laut Innenministerium noch nicht fest. Es könnte also noch dauern, bis das Programm laufen darf - Kosten fallen aber bereits jetzt an, schließlich hatte Bayern im vergangenen Jahr den Vertrag mit Palantir geschlossen. Die Kosten unter anderem für Lizenz, Implementierung und Fraunhofer-Gutachten summieren sich bislang auf knapp 6,5 Millionen Euro. Für SPD-Politiker Horst Arnold ein Unding: "Kein Opfer wird jetzt geschützt, aber wir zahlen aus Steuermitteln erhebliches Geld." Wie Adjei steht auch Arnold der Software grundsätzlich kritisch gegenüber.
Alfred Grob von der CSU sagte, er sei froh, dass der Freistaat hier finanziell in Vorleistung gegangen sei: "So konnten wir überhaupt erst den Quellcode analysieren." Ohne einen Vertragsabschluss hätte Palantir diese Möglichkeit nie eingeräumt. Außerdem sagte Grob, von Beruf selbst Polizist, er sei sicher, dass eine verfassungsgemäße Anpassung unter Einbindung des Datenschutzbeauftragen gelingen werde. Der Freistaat brauche die Software VeRA - "nicht für kleinere und mittlere Straftaten, sondern um Organisierte Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen".
Palantir-Gründer unterstützte Donald Trump
Grünen-Politiker Adjei äußerte im Ausschuss auch Zweifel an der grundsätzlichen Vertrauenswürdigkeit der Firma Palantir und ihres Gründers Peter Thiel. Der deutsch-amerikanische Investor und Milliardär steht wegen seiner politischen Einstellungen in der Kritik - unter anderem unterstützte er den Wahlkampf des früheren US-Präsidenten Donald Trump. Auf die Einwände von Adjei entgegnete CSU-Politiker Grob, es brauche kein hundertprozentiges Vertrauen in ein Unternehmen "bis ins letzte Jota" - deswegen schließe man ja auch einen zivilrechtlichen Vertrag miteinander.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!