Im Energieatlas Bayern gibt es eine Karte: Sie zeigt grün, wo das Strom-Verteilnetz noch problemlos weitere Solarparks aufnehmen kann. Solche Gebiete gibt es noch in allen Teilen des Landes, besonders in Schwaben und dem südlichen Oberbayern. Aber an vielen Stellen zeigt die Karte auch orange - hier wird es schwierig mit noch mehr Sonnenstrom im Netz.
In einigen Regionen Bayerns ist die Aufnahmekapazität des Strom-Verteilnetzes für neue Solarparks inzwischen beschränkt.
Ziemlich orange ist es in Mittelfranken. Was dem dort zuständigen Netzbeteiber N-Ergie erhebliches Kopfzerbrechen bereitet. So schnell wie Solarparks aus dem Boden schießen, könne das Unternehmen keine neuen Leitungen bauen, sagt Rainer Kleedörfer, Bereichsleiter Unternehmensentwicklung bei N-Ergie. Denn während eine große Photovoltaik-Freiflächenanlage vielleicht zwei Jahre zur Realisierung brauche, müsse man für ein Ausbauprojekt im Strom-Verteilnetz mit zehn Jahren Realisierungszeit rechnen.
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Um die Mittagszeit ist das Stromnetz teils dicht
In den Regionen mit überlastetem Netz bedeutet das laut Kleedörfer: "Alle Anlagen, die ich jetzt hier neu baue, sind in den nächsten Jahren erst mal mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage, in den Sommermonaten um die Mittagszeit irgendwas einzuspeisen."
Im Winter habe man auch dort kein Problem, den Photovoltaik-Strom abzutransportieren, im Sommer könne es aber auch passieren, dass eine solche Anlage für den Großteil des Tages abgeregelt werden muss. Das bedeutet dann: Der Strom kann nicht verwendet werden.
Staatsregierung will regionalen Netzausbau
Das kann der Staatsregierung nicht recht sein, die oft und gern vom "Sonnenland Bayern" spricht. Bis zum Jahr 2030 soll sich die Erzeugung von Photovoltaikstrom in Bayern immerhin verdreifachen. Energieminister Hubert Aiwanger (FW) stellt bereits jetzt fest, dass bauwillige Solarinvestoren teils auf einen Anschlusstermin Jahre später vertröstet werden müssen. Aiwanger fordert deshalb: "Die Netze müssen nachgerüstet werden in großem Umfang." Bayern brauche allein viele hundert neue Umspannwerke.
Weil das regionale Stromverteilnetz in der Regel unterirdisch verläuft, gibt es gegen diese Ausbaupläne vergleichsweise wenig Widerstand. Auch das Aktionsbündnis der Trassengegner, das die großen Stromtrassen zwischen Nord- und Süddeutschland verhindern will, sieht den Ausbau der regionalen Verteilnetze im Sinne einer dezentralen Energiewende als nötig an.
- Zum Artikel: "Stromtrassen - Ausbau in Bayern hinkt Jahre hinterher"
Vorausschauende Planung bei Solarparks wäre wichtig
Trotzdem bleibt ein Problem: Wenn der Netzausbau erst beginnt, wenn ein Solarinvestor vor der Tür steht, ist es wegen der langen Realisierungszeit für Stromnetzprojekte eigentlich zu spät. Abhilfe schaffen soll nun eine neue Vereinbarung. Daran beteiligt: das bayerische Wirtschaftsministerium, die Netzbetreiber, der Bauernverband und die Verbände von Energieunternehmen und Kommunen. Damit will die Staatsregierung ihre Kompetenzen ausspielen, die in der Genehmigung, Koordination und Planung liegen.
Helfen soll vor allem eine verbesserte Regionalplanung für große Photovoltaikanlagen: Solarparks sollen schwerpunktmäßig dort entstehen, wo das Stromnetz noch aufnahmefähig ist. Und: Für große Freiflächenanlagen sollen schnell neue Vorranggebiete ausgewiesen werden, damit Netzbetreiber das Strom-Verteilnetz frühzeitig ertüchtigen können."Da sind die regionalen Planungsverbände und die Kommunen gefordert", sagt Detlef Fischer vom Verband der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW).
Jede Gemeinde soll bei Photovoltaik mitmachen
Die 18 regionalen Planungsverbände in Bayern haben in nächster Zeit einiges zu tun: Sie müssen ohnehin zusätzliche Vorranggebiete für Windkraft ausweisen. Nun sollen sie sich auch um die Freiflächen-Photovoltaik kümmern, über die bisher in jeder Kommune einzeln entschieden wird.
"Jede Gemeinde muss sich letztendlich am Ausbau der erneuerbaren Energien beteiligen", sagt Fischer. Das sei dann eine Akzeptanzfrage: "Wenn die Gemeinden, die sich engagieren, feststellen, dass sich andere nicht engagieren, dann bekommen wir eine Zweiklassengesellschaft."
Batterien und Wasserstoffproduktion entlasten Stromnetz
Ermöglicht werden soll auch, dass Netzbetreiber Zuschüsse dafür zahlen, dass Großbatterien und Elektrolyseure zur Wasserstoffproduktion in der Nähe von Solarparks errichtet werden. Solche Anlagen können Strom in Spitzenzeiten aufnehmen und das Netz so entlasten. Die Staatsregierung will außerdem dafür sorgen, dass in den Genehmigungsbehörden genug erfahrenes Personal arbeitet, damit die Verfahren nicht unnötig in die Länge gezogen werden. Außerdem wird für die Genehmigungsverfahren ein Monitoring-Prozess eingeführt. Mit dem Ziel, den ganzen Prozess immer weiter zu optimieren – und zu beschleunigen.
Denn so viel ist klar: Möglichst schnell Solarparks zu bauen allein hilft nichts, wenn der Photovoltaik-Strom hinterher nicht abtransportiert werden kann.
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