Wie Photovoltaik auf dem Dach aussehen könnte, kann Karl Martin Leicht bei seinem Nachbarn bestaunen. Der hat auf seinem Haus bereits Photovoltaikmodule installiert. Aber dessen Haus steht auch nicht unter Denkmalschutz. Bei Karl Martin Leicht ist das anders: Er besitzt ein geschütztes Einzeldenkmal mit sechs Wohnungen, Baujahr 1855. Und auch er möchte jetzt endlich Photovoltaik auf seinem Dach.
"Wir haben ein Recht, die Sonne anzuzapfen"
Der Bamberger wohnt mit Frau und Schwiegermutter sowie Tochter Margit samt Familie in dem Gebäude und will nun umweltfreundlichen Strom produzieren. Dafür hat er sich Angebote für Solarziegel eingeholt, denn große Solarpaneele aufs Dach zu machen, würde Leicht nicht gefallen. Die Solarziegel hingegen kommen optisch sogar der einstigen Schieferdeckung des Denkmals nahe. "Wir denken, wir haben ein gewisses Recht, die Sonne anzuzapfen und uns damit auch ein bisschen Stück Sicherheit zu schaffen, was die Strompreise betrifft", glaubt Karl Martin Leicht.
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Noch diskutiert die Familie mit den Denkmalschützern, denn die haben bislang nur eine Teilfläche der 300 Quadratmeter Dachfläche genehmigt. Wie in anderen Städten in Franken scheint es bislang auch in der Bamberger Altstadt schwer bis unmöglich, überhaupt Photovoltaik auf einem denkmalgeschützten Haus zu installieren. Die Behörden sind streng.
Grundsätzlicher Anspruch auf Photovoltaik? "Das ist kein Problem"
Doch im Zuge der Energiewende hat sich neben einem Run auf Photovoltaik-Anlagen auch der Wind gedreht: Die Bestimmungen sollen gelockert werden, ein neues bayerisches Denkmalschutzgesetz könnte schon im Januar in Kraft treten. Das neue Gesetz wurde eng mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in München abgestimmt. Das berät Kommunen beim Denkmal- und Klimaschutz. Mathias Pfeil, oberster Denkmalschützer im Freistaat, ist offen für neue Lösungen: "Der Gesetzentwurf will, dass es einen grundsätzlichen Anspruch auf Photovoltaikanlagen gibt." Diese Anlagen müssten auf das Denkmal abgestimmt sein. "Das ist kein Problem, das kriegen wir ganz sicher ganz gut hin", glaubt Pfeil.
Energie-Diskussionen in Welterbe-Städten wie Bamberg
Mehr als 1.300 Häuser in der Bamberger Altstadt sind Baudenkmäler. Doch die Stadt hat noch eine besondere Herausforderung, denn sie zählt zum Unesco-Welterbe. Deshalb ist Bamberg dazu verpflichtet, ihre einmalige Bausubstanz aus mehreren Jahrhunderten zu schützen und zu bewahren – Energiewende hin oder her. Welterbe-Managerin Patricia Alberth weiß: Dieses Thema wird in vielen Welterbe-Städten gerade heiß diskutiert.
Doch noch gibt es von der Unesco keine verbindlichen Ansagen. Welterbe und Energiewende gingen auf jeden Fall zusammen, so die Expertin – doch hier sei Fingerspitzengefühl gefragt. "Ich habe vollstes Verständnis für Denkmalbesitzer, die sagen: 'Ich wäre gerne energetisch etwas autarker'", so Alberth. Es sei in manchen Fällen auch möglich, dass man auf ein Denkmal eine Photovoltaikanlage aufbaue. Alberth fragt sich nur: "Wie groß ist die, an welcher Stelle ist die? Ist das einsehbar? Wohin reflektiert sie im Zweifelsfall?"
Bamberg will bis 2035 klimaneutral sein
Große, sichtbare Anlagen auf Dächern bleiben bei Altbauten in Bamberg wohl weiterhin tabu. Solarziegel wären eine denkmalgerechtere Lösung. Die Stadt steht dem Thema insgesamt positiv gegenüber. Kein Wunder, denn während Bayern bis 2040 klimaneutral sein möchte, peilt Bamberg dieses Ziel bereits 2035 an. Deshalb will Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (Grünes Bamberg) Hausbesitzer wie Karl Martin Leicht auch unterstützen.
Glüsenkamp betont aber auch, dass von Fall zu Fall einzeln darüber entschieden werden müsse, ob ein Gebäude eine Photovoltaikanlage bekomme. "Das führt natürlich dazu, dass auch die Genehmigungsverfahren länger sind". Die Politik spüre die Erwartungen der Leute. "Es ist Druck auf dem Thema", weiß Glüsenkamp.
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