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Notaufnahme des Klinikums Augsburg

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Pflegenotstand in Krankenhäusern wird zur Lebensgefahr

In der Region Augsburg müssen manche Krankenhäuser zeitweise ihre Notaufnahmen schließen, weil ihnen die Pfleger ausgehen. Das Klinikum Augsburg muss dann einspringen - und ist überfordert. Von Beate Greindl und Anna Klühspies

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Wenn Notärztin Birgit Baier gerufen wird, muss es schnell gehen. Sie fährt im größten Einsatzgebiet Bayerns Einsätze, die Strecken von Donauwörth aus sind lang. Umso wichtiger, dass Notärzte ihre Patienten schnell in die nächste Klinik einliefern können. Birgit Baier will alle ihre Patienten gut versorgen, aber es wird immer schwieriger, eine Notaufnahme zu finden, die noch Kapazitäten frei hat.

Bei der Grippewelle vor wenigen Wochen war die Situation besonders dramatisch: Im Radius von 50 bis 100 Kilometern gab es kein freies Bett in einer Notaufnahme mehr. Doch auch jetzt, wo alles wieder normal laufen sollte, zeigt sich: Es gibt ein strukturelles Problem mit der Notfallversorgung in der schwäbischen Region. Immer häufiger müssen kleinere Krankenhäuser Notaufnahmen oder gar ganze Stationen abmelden.

Massiver Personalmangel in den Krankenhäusern

Ausweichmöglichkeit ist oft nur noch die 50 Minuten entfernt liegende Notaufnahme im Klinikum Augsburg, eine der größten in Deutschland. Aber selbst dort gibt es immer wieder lebensgefährliche Engpässe. Während der Grippewelle eskalierte die Situation sogar zeitweise - doch auch jetzt, nach der Grippewelle, ist der Fachkräftemangel massiv: 40 Stellen im Klinikum sind unbesetzt, vor allem im Intensivbereich halten Mitarbeiter den Stress nicht mehr aus. Immer wieder kündigen Ärzte und Pfleger, die man dringend bräuchte.

Für den ärztlichen Vorstand der Klinik, Professor Michael Beyer, ein Zustand, der nicht länger hingenommen werden kann. Politik und Krankenhäuser müssten sich Gedanken machen, wie man die Versorgungsengpässe abfedern könne. Alle zusammen müssten sich an einen Tisch setzen und darüber nachdenken, wie man dieses Gesundheitssystem ordnen könne.

Genau das fordert nun auch der Fraktionschef der Freien Wähler im Augsburger Kreistag, Fabian Mehring. Er hält die labile Versorgungslage für nicht mehr hinnehmbar und bekommt viel Zustimmung von Mitarbeitern des Augsburger Klinikums. Auch Patienten schildern ihm schlimme Erfahrungen in der Klinik. So berichten sie von untragbaren Zuständen, stundenlangem Warten auf den Gängen, um Hilfe rufende Patienten, um die sich niemand kümmert. Eine Patientin schreibt: Wenn man nach Augsburg muss, ist man verloren.

Brandbrief an Landrat und Oberbürgermeister

Mehring schreibt einen Brandbrief an den Landrat und den Augsburger Oberbürgermeister. Er möchte, dass kranke Menschen gut versorgt werden. Man müsse dem Versorgungsauftrag gerecht werden, man müsse jetzt handeln - der Landkreis und die Stadt Augsburg.

Kritiker werfen dem Landkreis und der Stadt nun vor, man habe das Klinikum jahrelang kaputt gespart. Jetzt fehlten die vielen schon vor Jahren abgebauten Kräfte, auch wenn man seit gewisser Zeit wieder neue Stellen ausschreibe. Der Landrat Martin Sailer (CSU) weist diese Kritik zurück. Seiner Meinung nach werde versucht, die Bevölkerung in den Krankenhäusern vernünftig zu versorgen und das ist laut eigener Aussage auch gelungen. Das Haus stehe seiner Meinung nach gut da.

Klinikum soll zu Uniklinik werden

Hintergrund der Sparmaßnahmen: 2016 hat die bayerische Staatsregierung entschieden, dass das Klinikum Augsburg zur Uniklinik werden soll. Der Freistaat wird deshalb im nächsten Jahr die Trägerschaft übernehmen. Und bis dahin soll im normalen Klinikbetrieb weiter entsprechend gespart werden, das hat der ehemalige Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle immer wieder gefordert.

Für Notärztin Birgit Baier und ihre Kollegen erhöht das den Druck. Sie können zwar Notaufnahmen zwingen, Patienten abzunehmen. Das sorgt wiederum aber für Ärger mit überlasteten Klinik-Ärzten. Ein weiteres Problem: Auch die Notärzte in der Region werden weniger, die Probleme in den Kliniken erschweren auch ihre Arbeit und immer weniger freiwillige Helfer wollen sich das antun. Alle leiden unter dieser Situation - am Ende aber am meisten die Patienten, die lange auf ihre Versorgung warten müssen.